Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Unzulässigkeit einer Beschwerde nach vollständiger Erfüllung einer gerichtlich verfügten Leistungsverpflichtung. fehlendes Rechtsschutzbedürfnis

 

Leitsatz (amtlich)

Ist die durch einstweilige Anordnung des Sozialgerichts verpflichtete Behörde dieser Leistungspflicht vollständig nachgekommen, entfällt das Rechtsschutzbedürfnis für die Beschwerde. Es ist dem Hauptsacheverfahren vorbehalten zu klären, ob der Anspruch nach dem materiellen Recht tatsächlich besteht oder nicht.

 

Orientierungssatz

Soweit teilweise vertreten wird, dass die Beschwerdemöglichkeit auch der rechtstreu vorläufig leistenden Behörde offen bleiben muss, so überzeugt dies nicht, weil die Behörde im Eilverfahren einen Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung nach § 199 Abs 2 SGG stellen kann und im Übrigen auf das Hauptsacheverfahren verwiesen wird.

 

Tenor

Die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 14.04.2009 wird als unzulässig verworfen.

Die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegner wird zurückgewiesen.

Außergerichtlichen Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Streitig ist, ob und in welchem Umfang die Beschwerdeführerin (BF) die Kosten einer privaten Krankenversicherung vorläufig zu übernehmen hat.

Die Antragsteller, Beschwerdegegner und Anschlussbeschwerdeführer sind verheiratet. Der Ehemann (BG zu 1.) ist Zollbeamter. Er und seine Ehefrau (BG zu 2.) sind beihilfeberechtigt. Der im Jahr 1993 geborene schwerbehinderte leibliche Sohn der BG zu 2. lebt überwiegend in einem heilpädagogischen Wohnheim und erhält Leistungen der Sozialhilfe vom Bezirk Oberbayern. Die Familie verfügte mehrere Jahre nicht über eine ergänzende private Krankenversicherung.

Mit Schreiben vom 11.12.2008 teilte die Zollverwaltung dem BG zu 1. mit, dass Beihilfe ab 01.01.2009 nur noch gewährt werde, wenn eine Krankenversicherung für den nicht von der Beihilfe abgedeckten Teil bestehe. Der BG zu 1 beantragte am 19.12.2008 bei der BF für sich, seine Ehefrau und deren Sohn Arbeitslosengeld II für die Zeit ab 01.01.2009. Der BG zu 1. gab dabei an, dass die Ehegatten nicht dauernd getrennt leben würden. Im Februar 2009 wurden dem BG zu 1. Bezüge in Höhe von 2109,85 € ausbezahlt. Ein Teilbetrag wird von einer Bank gepfändet.

Mit Bescheid vom 06.03.2009 wurden laufende Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und die Gewährung von Zuschussleistungen zur Kranken- beziehungsweise Pflegeversicherung abgelehnt. Das anrechenbare Einkommen übersteige den Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft, wobei der Sohn wegen des Aufenthalts in einer stationären Einrichtung vom Leistungsbezug ausgeschlossen sei. Ein Anspruch auf einen Zuschuss zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung bestehe nicht, weil das Einkommen auch ausreiche, um diesen Bedarf zu decken. Am 18.03.2009 wurde Widerspruch eingelegt, über den noch nicht entschieden wurde.

Am 16.03.2009 beantragte der BG zu 1. beim Sozialgericht München den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Mit Beschluss vom 14.04.2009 stellte das Sozialgericht im Wege der einstweiligen Anordnung fest, dass die BF verpflichtet sei, dem BG zu 1. und der BG zu 2. nach Abschluss eines Vertrages über eine private Krankenversicherung vorläufig bis zum 31.07.2009 einen Zuschuss zu den Aufwendungen für diese Krankenversicherung in Höhe von 122,57 € beziehungsweise 142,07 € monatlich zu leisten. Im Übrigen werde der Antrag abgelehnt. Es bestehe gemäß § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 12 Abs. 1c Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) ein Anordnungsanspruch auf einen Zuschuss zu den Beiträgen einer privaten Krankenversicherung, sobald der entsprechende Vertrag abgeschlossen werde. Von den voraussichtlichen Versicherungsbeiträgen von 170,89 € (BG zu 1.) und 190,39 € (BG zu 2.) sei das überschießende Einkommen von 96,64 € hälftig (mit jeweils 48,32 €) abzuziehen. Ein Anspruch des Sohnes bestehe nicht, weil der Bezirk Oberbayern zugesichert habe, die dafür anfallenden Kosten zu übernehmen. Der Beschluss wurde der BF am 17.04.2009 übermittelt.

Am 21.04.2009 schloss der BG zu 1. eine private Krankenversicherung ab. Bei einem Versicherungsbeginn am 01.05.2009 wurden Monatsbeiträge im halbierten Basistarif in Höhe von zusammen 170,90 € festgelegt (je 85,45 € für den BG zu 1. und die BG zu 2.). Wegen verspäteter Erfüllung der Versicherungspflicht wurde gemäß § 193 Abs. 4 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) ein einmaliger Beitragzuschlag in Höhe von 512,70 € (drei Monatsbeiträge zu je 170,90 €) festgesetzt.

Am 06.05.2009 hat die BF beim Sozialgericht München Beschwerde gegen den Beschluss vom 14.04.2009 erhoben. Der Sohn sei zwar für die Wochenendaufenthalte und die Schulferien im Rahmen einer zeitweisen Bedarfsgemeinschaft zu berücksichtigen. Das anrechenbare Einkommen übersteige gleichwohl den Gesamtbedarf. Auf die ausführliche Berechnung im Schriftsatz vom 30.04.2009 wird verwiesen. Die vom Sozialgericht angeordneten Leistungen für die Monate Mai, Juni und Juli...

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