Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Sachverständigenentschädigung gem § 4 JVEG. erforderlicher Zeitaufwand. Berücksichtigung der Toleranzgrenze. Kontrollberechnung. psychometrische Testung. Porto- und Verpackungskosten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Liegen die Angaben des Sachverständigen zum Zeitaufwand über den Zeiten, wie sie sich aus der Kontrollberechnung ergeben, sind die höheren Zeitangaben des Sachverständigen der Abrechnung zugrunde zu legen sind, wenn diese den nach den Erfahrungswerten ermittelten objektiv erforderlichen gesamten Zeitaufwand um nicht mehr als 15 vH überschreiten.

2. Für die Ermittlung dessen, was der Beurteilung zuzurechnen ist, ist die vom Sachverständigen gewählte Überschrift nur ein erster Anhaltspunkt. In einem zweiten Schritt ist herauszufiltern, was bei einem Ineinandergreifen verschiedener Elemente eines Gutachtens und einer Überschneidung verschiedener Bestandteile der eigentlichen sozialmedizinischen Beurteilung zuzurechnen ist. Die Anforderungen an die Kostensachbearbeitung dürfen dabei nicht überspannt werden; eine Korrektur hat nur dann zu erfolgen, wenn die falsche Platzierung im Gutachten offenkundig ist, sich also auf den ersten Blick aufdrängt.

3. Kosten einer psychometrischen Testung können nicht gesondert nach den Vorschriften der GOÄ (Nr 855 Gebührenverzeichnis GOÄ) in Ansatz gebracht werden, da die Leistung des Sachverständigen für die psychometrische Testung bereits bei der Ermittlung des zu vergütenden Zeitaufwands berücksichtigt ist.

4. Ein für Porto und Verpackung geltend gemachter Betrag von 10 EUR ist erstattungsfähig, auch wenn dafür kein konkreter Nachweis erbracht wird. Die Kosten für Verpackung gehören nicht den nicht berücksichtigungsfähigen Gemeinkosten.

 

Tenor

Der Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 9. Dezember 2014 wird dahingehend abgeändert, dass die Vergütung des Beschwerdeführers für sein Gutachten vom 02.07.2013 auf 2.003,35 € festgesetzt wird.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller und jetzige Beschwerdeführer begehrt für ein von ihm erstattetes Gutachten eine höhere Vergütung nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG).

In dem am Sozialgericht Regensburg (SG) unter dem Aktenzeichen S 9 R 514/12 geführten rentenversicherungsrechtlichen Klageverfahren erstellte der Beschwerdeführer im Auftrag des Gerichts unter dem Datum vom 02.07.2013 ein orthopädisches Gutachten.

Das Gutachten umfasst - ohne Anlagen und Literaturverzeichnis - insgesamt 29 Seiten. Die Diagnosen werden auf der Seite 15 (oben bis zur Mitte) dargestellt. Anschließend bis Seite 23 unteres Drittel erfolgt die "Epikrise und Beurteilung" und dann bis Seite 29 Mitte die Beantwortung der Beweisfragen.

Der Beschwerdeführer stellte für sein Gutachten am 02.07.2013 eine Rechnung in Höhe von 2.035,58 €. Zum Zeitaufwand gab er Folgendes an: Aktenstudium 4 Stunden, Untersuchung 2 Stunden, Auswertung der Schmerzfragebögen 0,5 Stunden, Ausarbeitung des Gutachtens 14 Stunden, Diktat und Korrektur 3,75 Stunden, insgesamt also 24,25 Stunden. Er legte einen Stundensatz von 60,- € zugrunde. Im Rechnungsbetrag enthalten sind weiter die Kosten für radiologische und sonographische Leistungen sowie von Knochendichtemessungen in Höhe von insgesamt 170,49 €, für eine psychometrische Testung in Höhe von 42,08 €, für Schreibgebühren von 33,- € und für Porto und Auslagen von Höhe von 10,- €. Dazu kommt die Umsatzsteuer in Höhe von 325,01 €.

Die Kostenbeamtin des SG bewilligte mit Schreiben vom 22.08.2013 lediglich 1.535,56 €. Dabei wurde den Angaben des Beschwerdeführers zum Zeitaufwand der Abfassung des Gutachtens mit 7 Stunden nicht gefolgt, ohne dies näher zu begründen. Insgesamt wurde nur ein Zeitaufwand von 18 Stunden anerkannt. Nicht erstattet wurden, wie sich aus der Abrechnung ersehen lässt, die geltend gemachten Kosten für die psychometrische Testung (42,08 €); von den geltend gemachten Kosten für Porto und Auslagen von 10,- € wurden 6,90 € erstattet.

Gegen diese Abrechnung hat sich der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 07.09.2013 gewandt und die Kürzung seiner Rechnung bezüglich des Zeitaufwands für die Abfassung des Gutachtens von 14 auf 7 beanstandet. Er hat sinngemäß vorgetragen, dass die Ausführungen im gemachten Umfang zur Beantwortung der Beweisfragen nötig gewesen seien.

Mit Beschluss vom 09.12.2014 hat der Kostenrichter des SG die Vergütung für das Gutachten wie schon die Kostenbeamtin auf 1.535,56 € festgesetzt. Die Kürzung der vom Beschwerdeführer für die Ausarbeitung des Gutachtens angegebenen Zeit von 14 auf 7 Stunden hat er wie folgt begründet:

"Soweit der Ast. einen Zeitaufwand für die Beurteilung (und Beantwortung der gestellten Beweisfragen) von 14,0 Stunden geltend macht, ist anzuführen, dass der Bewertungsmaßstab für den Textumfang der Beurteilung nach dem JVEG pro Standartseite mit 1800 Anschlägen bestimmt ist. Der objektiv erforderliche Zeitaufwand richtet sich damit nach der Anzahl der Standardseiten, die die gutachterliche Beurteilung im Einzelfall ausmacht....

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