Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren: Vergütungsvereinbarung mit einem Dolmetscher

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zu den Voraussetzungen einer Vereinbarung gem. § 14 JVEG.

2. Aus den Vorschriften des JVEG ergibt sich keine Untergrenze für die Stundensatzhöhe der Vergütung in der Vereinbarung.

3. Die Formulierung Dolmetscher in der Vereinbarung umfasst sowohl die Tätigkeit des konsekutiven als auch des simultanen Dolmetschens.

4. Zu den gesetzgeberischen Motiven der Ermöglichung einer Vereinbarung zur Höhe der Vergütung.

 

Orientierungssatz

Der Gesetzgeber hat mit der Einführung der Ermächtigung zum Abschluss von Vereinbarungen nicht ausschließen wollen, dass aus fiskalischen Gründen und nicht (nur) zur Vereinfachung der Abrechnung derartige Vereinbarungen abgeschlossen werden. Marktwirtschaftliche Gründe in dem Sinn, dass einerseits der Dolmetscher nach dem Abschluss einer Vergütungsvereinbarung mit einer vermehrten Zuziehung durch die Gerichte rechnen kann, diese andererseits dafür ein gewisses finanzielles Entgegenkommen des Dolmetschers erwarten, sind der nahe liegende Grund für den Abschluss von Vereinbarungen mit Dolmetschern. Diese Überlegungen haben bei der Einführung der gesetzlichen Regelung zu Grunde gelegen.

 

Tenor

Die Vergütung der Antragstellerin für die Dolmetschertätigkeit in der mündlichen Verhandlung vom 20.05.2015 wird auf 119,- € festgesetzt.

 

Gründe

Die Antragstellerin begehrt die Festsetzung der Vergütung für eine von ihr erbrachte Dolmetschertätigkeit durch gerichtlichen Beschluss gemäß § 4 Abs. 1 Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG).

Die Antragstellerin erbringt als GmbH durch bei ihr Beschäftigte Dolmetscherleistungen in diversen Sprachen. Sie hat (zuletzt) am 29.08.2013 mit dem Freistaat Bayern, vertreten durch den Präsidenten des Sozialgerichts Landshut, eine Vereinbarung über die Erbringung von Dolmetscherleistungen geschlossen. In Ziff. 1 der Vereinbarung ist Folgendes geregelt:

"Für die auf Anforderung eines Richters der Sozialgerichtsbarkeit in Bayern erbrachte Leistung als Dolmetscher wird für alle Sprachen eine Vergütung in Höhe von 50,00 € je Stunde der erforderlichen Zeit einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten gewährt."

Weitergehende Differenzierungen hinsichtlich der Art der Dolmetschertätigkeit enthält die Vereinbarung nicht.

Mit Schreiben des Bayer. Landessozialgerichts (LSG) vom 20.04.2015 wurde die Antragstellerin als Simultandolmetscherin für die türkische Sprache zum Gerichtstermin am 20.05.2015 geladen. Der Gerichtstermin dauerte von 10.00 Uhr bis 11.00 Uhr.

Für ihre Tätigkeit am 20.05.2015 stellte die Antragstellerin dem LSG mit Schreiben vom 28.05.2015 einen Betrag in Höhe von insgesamt 178,50 € in Rechnung. Der Rechnung lag eine Dauer des Gerichtstermins von einer Stunde und eine Zeit von jeweils einer halben Stunde für die Hin- und die Rückfahrt zu Grunde. Die Rechnung weist einen Stundensatz von 75,- € sowie die Umsatzsteuer aus.

Die Kostenbeamtin des LSG bewilligte mit Schreiben vom 10.06.2015 unter Zugrundelegung der Zeitangaben der Antragstellerin lediglich einen Betrag in Höhe von 119,- €, den sie damit begründete, dass für die Dolmetschertätigkeit ein Stundensatz von 50,- € vereinbart worden sei.

Dagegen hat sich die Antragstellerin mit Schreiben vom 30.06.2015 gewandt und mitgeteilt, dass sie mit der Kürzung nicht einverstanden sei. Vom Gericht sei ausdrücklich ein Simultandolmetscher geladen worden. Diese Leistung sei nicht Bestandteil der Vereinbarung zu 50,- € je Stunde.

Der Kostensenat des LSG hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 12.08.2015 auf die am 29.08.2013 abgeschlossene Vereinbarung hingewiesen, die keine Differenzierung nach unterschiedlichen Dolmetschertätigkeiten vorsehe. Eine höhere Vergütung als gewährt komme daher nicht in Betracht. Sollte die Antragstellerin in der Zukunft die Abrechnung nach einen höheren Stundensatz wünschen, müsste dazu die bestehende Vereinbarung geändert werden, wofür nicht der Kostensenat, sondern die Gerichtsverwaltung zuständig wäre.

II.

Die Festsetzung der Vergütung erfolgt gemäß § 4 Abs. 1 JVEG durch gerichtlichen Beschluss, wenn wie hier die Berechtigte sinngemäß mit Schreiben vom 30.06.2015 die gerichtliche Festsetzung dadurch beantragt, dass sie mit der Festsetzung der Vergütung durch die Kostenbeamtin nicht einverstanden ist und eine höhere Vergütung begehrt.

Die Vergütung für die Dolmetschertätigkeit am 20.05.2015 ist auf 119,- € festzusetzen.

Einer Vergütung in der von der Antragstellerin beantragten Höhe unter Zugrundelegung des gesetzlich vorgesehenen Stundensatzes von 75,- € steht der in der Vereinbarung vom 29.08.2013 geregelte Stundensatz von 50,- € entgegen.

1. Prüfungsumfang im Verfahren der gerichtlichen Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG

Die gerichtliche Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG stellt keine Überprüfung der vom Kostenbeamten vorgenommenen Ermittlung der Entschädigung oder Vergütung dar, sondern ist eine davon unabhängige erstmalige Festsetzung. Bei der Festsetzung d...

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