Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren: Honorarvereinbarung mit einem ärztlichen Sachverständigen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zu den Voraussetzungen einer Vereinbarung gemäß § 14 JVEG.

2. Zu den gesetzgeberischen Motiven der Ermöglichung einer Vereinbarung zur Höhe der Vergütung.

3. Eine mit der Gerichtsbarkeit abgeschlossene Honorarvereinbarung gilt auch für Gutachten gemäß § 109 SGG.

 

Orientierungssatz

1. Gemäß § 14 JVEG können zum Zweck der Verwaltungsvereinfachung und Honorarabrechnung Vereinbarungen mit Sachverständigen geschlossen werden. Die Vereinbarung ist für Landesgerichte zwischen der für den Gerichtszweig zuständigen obersten Landesbehörde und dem Sachverständigen zu treffen. Statt der obersten Landesbehörde kann auch eine von dieser bestimmte Stelle die Vereinbarung mit dem Sachverständigen abschließen.

2. Dass der Gesetzgeber mit der Einführung der Ermächtigung zum Abschluss von Vereinbarungen hätte ausschließen wollen, dass aus fiskalischen Gründen und nicht (nur) zur Vereinfachung der Abrechnung derartige Vereinbarungen abgeschlossen werden, findet in den Gesetzesmaterialien keine Grundlage. So sind marktwirtschaftliche Gründe in dem Sinn, dass einerseits der Sachverständige nach dem Abschluss einer derartigen Vereinbarung mit einer vermehrten Zuziehung durch die Gerichte rechnen kann, die Gerichtsbarkeit andererseits dafür ein gewisses finanzielles Entgegenkommen des Sachverständigen im Sinn eines Mengenrabatts erwarten kann, auch ein legitimer Grund für den Abschluss von Vereinbarungen. Diese Überlegungen haben der Einführung der gesetzlichen Regelung des § 13 ZSEG bzw. § 14 JVEG auch zu Grunde gelegen.

3. Die Höhe der in einer Vereinbarung geregelten Vergütung ist grundsätzlich der Überprüfung durch den Kostenbeamten und den Kostenrichter entzogen, sofern nicht Gründe offenkundig auf der Hand liegen, dass die vereinbarte Vergütung so niedrig ist, dass sich die Höhe nur durch einen Missbrauch der Marktposition des Staats beim Abschluss der Vereinbarung erklären lässt, weil mit der vereinbarten Vergütung kein vernünftiges wirtschaftliches Tätigwerden am Markt mehr möglich ist (vgl. LSG München, 7. April 2016, L 15 RF 31/15, LSG München, 8. April 2016, L 15 RF 47/15, LSG München, 21. November 2016, L 15 RF 32/16).

 

Tenor

Die Vergütung des Antragstellers für die Erstellung des Gutachtens vom 30.08.2016 wird auf 616,53 € festgesetzt.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt die Festsetzung der Vergütung für ein im Auftrag des Gerichts erstelltes Gutachten durch gerichtlichen Beschluss gemäß § 4 Abs. 1 Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG).

Der Antragsteller ist als ärztlicher Sachverständiger tätig. Er schloss zuletzt am 06.08.2013 mit dem Freistaat Bayern, vertreten durch den Präsidenten des Sozialgerichts (SG) Augsburg, dieser wiederum vertreten durch die Vizepräsidentin des SG, eine Vereinbarung zur Vergütung der von einem Gericht der Sozialgerichtsbarkeit des Freistaats Bayern angeforderten schriftlichen Gutachten ab. Für ein Gutachten aufgrund ambulanter Untersuchung sieht die Vereinbarung "zur Abgeltung sämtlicher damit verbundenen Leistungen und Verrichtungen" eine Vergütung in Höhe von 485,- € vor.

In dem am Bayer. Landessozialgericht (LSG) unter dem Aktenzeichen L 2 U 516/13 geführten Berufungsverfahren in einer unfallversicherungsrechtlichen Streitsache erstellte der Antragsteller im Auftrag des Gerichts (Auftragsdatum: 22.06.2016) unter dem Datum vom 30.08.2016 ein ausführliches 26-seitiges Gutachten gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) (Eingang beim LSG am 07.09.2016). Im Rahmen des Gutachtensauftrags war darauf hingewiesen worden, dass für das Gutachten ein Vorschuss in Höhe von 2.500,- € zur Verfügung stehe. Sollten die gesamten Kosten den Vorschuss übersteigen, müsse dies dem Gericht unverzüglich mitgeteilt werden.

Mit am 07.09.2016 eingegangener Rechnung vom "26.08.2017" machte der Antragsteller für sein Gutachten vom 30.08.2016 eine Vergütung in Höhe von insgesamt 1.702,23 € geltend, wobei er einen Zeitaufwand von 14 Stunden zu je 100,- € (Honorargruppe M 3), Schreibgebühren über 23,46 € und Porto in Höhe von 6,99 €, jeweils zuzüglich Umsatzsteuer, ansetzte.

Die Kostenbeamtin des Bayer. LSG bewilligte mit Schreiben vom 14.10.2016 lediglich einen Betrag in Höhe von 616,53 €, davon für das Gutachten 485,- €, für Schreibgebühren 26,10 € und für Porto 6,99 €, jeweils zuzüglich Umsatzsteuer. Die Kürzung begründete sie mit Hinweis auf die geschlossene Honorarvereinbarung.

Mit Schreiben vom 19.10.2016 hat der Antragsteller das Gericht gebeten, ob nicht im vorliegenden Fall eine Abrechnung unabhängig von der Pauschalvereinbarung vorgenommen werden könne. Es habe sich um einen außerordentlich komplexen Zusammenhang mit mittlerweile mehreren Vorgutachten gehandelt. Die Pauschalvereinbarung beziehe sich auf Gutachten, die üblicherweise Fragen bezüglich der Einschätzung des Grads der Behinderung bzw. eines regulären Rentenverfahrens beträfen. Vorliegend sei jedoch ein wissens...

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