Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe: Rechtsweg im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zum Rechtsweg im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis. Hier: Anspruch des in einer Einrichtung untergebrachten Sozialhilfeempfängers gegen den Sozialhilfeträger auf Freihaltung von der Zahlung der der Einrichtung geschuldeten Vergütung.

2. Der Anspruch des Leistungsempfängers auf Zahlung der geschuldeten Vergütung an die Einrichtung hat seine Grundlage in dem Schuldbeitritt des Sozialhilfeträgers und ist zivilrechtlicher Natur.

3. Das gilt jedenfalls, wenn der Klageanspruch auf eine bindende und wirksame Bewilligung gestützt wird.

 

Tenor

I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 18. April 2019 wird zurückgewiesen.

II. Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

III. Die Beschwerde zum Bundessozialgericht wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Streitig ist die Höhe der vom Beklagten und Beschwerdegegner (Bg) an die A. GmbH für die Unterbringung und Pflege der Klägerin und Beschwerdeführerin (Bf) in der Zeit vom 01.07.2015 bis zum 31.12.2016 zu zahlende Vergütung, konkret die Differenz zwischen den Pflegesätzen für die sog. Phasen F1 und F2.

Die 1971 geborene Bf leidet nach einem Atemstillstand unter einem apallischen Syndrom Für sie ist die Pflegestufe III festgestellt. Seit Oktober 2010 ist sie in der Einrichtung St. J., A. GmbH, untergebracht und bewohnt dort ein Zimmer im Wohnbereich für Bewohner der Phase F. Hierzu wurde zwischen dem Betreuer der Bf und der Einrichtung A. GmbH am 04.11.2010 ein "Pflegewohnvertrag für den Bereich Wachkoma zur Versorgung von Personen mit schweren erworbenen Hirnschäden in der Reha-Stufe F" geschlossen. Darin wird auf die Pflegesatzvereinbarung mit den Pflegekassen, den Inhalt des Versorgungsvertrages, die Bestimmungen der Pflegesatzvereinbarungen, die Regelungen des Rahmenvertrages und das Rahmenkonzept zur Phase F der Arbeitsgemeinschaft der Pflegekassen und der bayerischen Bezirke verwiesen, die Vertragsgrundlage seien.

Das Bayerische Rahmenkonzept Phase F vom 08.11.2004, geschlossen zwischen dem Verband der Bayerischen Bezirke und der Arbeitsgemeinschaft der Pflegekassenverbände in Bayern, enthält in der Vorbemerkung eine Differenzierung zwischen einem postrehabilitativen Zeitraum von bis zu zwei Jahren und der Langzeitpflege mit jeweils unterschiedlichen Behandlungsansätzen, ohne diese konkret zu bezeichnen. In der nachfolgenden Ziffer 2. werden allgemein Zielgruppe und Behandlungsziele der Phase F erläutert.

Zwischen der Einrichtung und dem Bg bestehen für den streitigen Zeitraum außerdem Vergütungsvereinbarungen gemäß § 82 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) bzw. § 75 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII), hier in den Fassungen vom 11.06.2014 und 11.08.2016. Darin wird hinsichtlich der Tagessätze nach Pflegeklassen differenziert und für Unterkunft und Verpflegung bei F1 und F2 jeweils ein zusätzliches Entgelt für Unterkunft und Verpflegung vereinbart.

Gegenüber der Bf erging am 02.12.2010 ein Bewilligungsbescheid, mit dem vom 27.10.2010 bis auf Weiteres die in der Einrichtung A. GmbH notwendigen Sozialhilfeleistungen nach dem SGB XII gewährt wurden, soweit sie nicht durch Leistungen der Pflegeversicherung und Eigenbeteiligungen gedeckt seien, darunter Hilfe zur Pflege auf der Grundlage der jeweils geltenden Heimentgeltsätze der Pflegestufe III (Wachkomastation). Unter Bezugnahme auf den gegenüber der Bf ergangenen Kostenübernahmebescheid erging am gleichen Tag ein weiterer Bescheid gegenüber der Einrichtung A. GmbH mit dem Hinweis, dass die Leistungen der Pflegekasse von den Heimkosten abzusetzen seien. Beigefügt war ein Berechnungsblatt mit den damals gültigen Pflegesätzen der Pflegestufe III. Die Abrechnung erfolgt nachfolgend bis einschließlich 30.06.2015 unter Berücksichtigung des Zuschlages der Phase F1.

Mit Schreiben vom 01.07.2015 teilte der Bg der Einrichtung A. GmbH mit, dass Leistungsberechtigte, die länger als zwei Jahre in der Phase F1 untergebracht seien, darunter die Bf, seit 01.07.2015 nur noch Leistungen der Phase F2 erhielten. Eine Einigung erfolgte nicht. Mit Änderungsbescheid vom 01.03.2017 setzte der Bg die Leistungen für die Zeit ab dem 01.01.2017 auf der Grundlage des von der Pflegekasse festgestellten Pflegegrades 5 in der Phase F neu fest. Die Leistungen wurden ab diesem Zeitpunkt wieder entsprechend der Pflegesätze für die Phase F1 abgerechnet. Inzwischen sind aufgrund weiterer Bescheide außerhalb des hier streitigen Zeitraums erneut Leistungen der Phase F streitig.

Mit am 27.12.2018 eingegangenem Schriftsatz hat die Bf beim Sozialgericht München den Antrag gestellt, den Bg zu verurteilen, die Bf von Kosten der vollstationären Pflege der Phase F in Höhe von insgesamt 15.021,40 € (nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Fälligkeit der einzelnen Rechnungsbeträge) freizuhalten und der Bf einen ebenfalls zu verzinsenden Verzugsschaden in H...

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