Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenbeiträge für Jugendhilfemaßnahmen. Elterngeld als anzurechnendes Einkommen. Anrechnungsfreiheit des Mindestbetrages (§ 2 Abs. 5 BEEG)

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der Einkommensermittlung nach § 93 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII bleibt das Elterngeld in Höhe des Mindestbetrages von derzeit 300 Euro monatlich (§ 2 Abs. 5 BEEG) unberücksichtigt (§ 10 Abs. 1 BEEG). Soweit das Urteil des Senats vom 15. Dezember 2010 – 12 BV 10.528 – juris dem entgegensteht, hält der Senat hieran – vorbehaltlich einer abschließenden Klärung durch das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der zugelassenen Revision – nicht mehr fest.

 

Normenkette

SGB VIII § 93 Abs. 1, § 94 Abs. 6; BEEG § 10 Abs. 1, § 2 Abs. 5

 

Verfahrensgang

VG Würzburg (Entscheidung vom 29.04.2010; Aktenzeichen W 3 K 09.524)

 

Nachgehend

BVerwG (Urteil vom 18.04.2013; Aktenzeichen 5 C 18.12)

 

Tenor

I. Der Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 29. April 2010 wird abgeändert.

II. Der Bescheid der Beklagten vom 8. August 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung von Unterfranken vom 28. Mai 2009 wird insoweit aufgehoben, als für den Monat Juli 2008 ein Kostenbeitrag von mehr als 225,49 EUR, für den Monat August 2008 ein Kostenbeitrag von mehr als 281,86 EUR, für den Monat September 2008 ein Kostenbeitrag von mehr als 281,86 EUR und für den Monat Oktober 2008 ein Kostenbeitrag von mehr als 203,59 EUR festgesetzt wurde.

III. Unter Abänderung des Bescheides der Beklagten vom 8. August 2008 und des Widerspruchsbescheids der Regierung von Unterfranken vom 28. Mai 2009 werden die von der Klägerin zu entrichteten Kostenbeiträge für den Monat Juli 2008 auf 225,49 EUR, für den Monat August 2008 auf 281,86 EUR, für den Monat September 2008 auf 281,86 EUR und für den Monat Oktober 2008 auf 203,59 EUR festgesetzt.

IV. Die Beklagte wird verpflichtet, den überschießenden Betrag in Höhe von 852 EUR an die Klägerin zurückzuzahlen.

V. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

VI. Die Beklagte trägt 7/10, die Klägerin 3/10 der Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

VII. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, sofern nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

VIII. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um einen Kostenbeitrag der Klägerin für von der Beklagten bewilligte Maßnahme einer Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege (§ 19 Achtes Buch SozialgesetzbuchSGB VIII).

1. Die Klägerin ist allein erziehende Mutter ihrer am 25. August 2007 geborenen Tochter. Bis zum 25. Oktober 2008 erhielt sie Elterngeld in Höhe von 521,82 EUR. Weiterhin bezog sie Kindergeld in Höhe von 154,00 EUR. Mit Bescheid vom 8. August 2008 bewilligte die Beklagte der Klägerin rückwirkend ab dem 7. Juli 2008 bis auf Weiteres Jugendhilfeleistungen nach § 19 SGB VIII in Form der Übernahme der Kosten für die Unterbringung in einer Mutter-Kind-Einrichtung des Sozialdienstes Katholischer Frauen (WOGE) in Würzburg; gleichzeitig setzte sie zu Lasten der Klägerin für den Zeitraum vom 7. bis zum 31. Juli 2008 einen anteiligen Kostenbeitrag in Höhe von 404,80 EUR, für den Zeitraum von 1. August bis zum 30. September 2008 einen monatlichen Kostenbeitrag in Höhe von 506,00 EUR, für Oktober 2008 einen Kostenbeitrag von 428,00 EUR und ab dem 1. November 2008 bis auf Weiteres einen Kostenbeitrag in Höhe des monatlichen Kindergeldes in Höhe von 154,00 EUR fest.

2. Mit Bescheid vom 28. Mai 2009 wies die Regierung von Unterfranken den hiergegen erhobenen Widerspruch zurück. Alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert, mithin auch die Leistungen nach § 10 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG), zählten zum Einkommen und seien anzurechnen. Bei der Unterbringung in der Mutter-Kind-Einrichtung handele es sich nicht um eine Sozialleistung, deren Zahlung von anderen Einkommen abhängig sei.

3. Dagegen ließ die Klägerin am 29. Juni 2009 Klage beim Verwaltungsgericht Würzburg erheben und sinngemäß beantragten, (1) den Bescheides der Beklagten vom 8. August in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Mai 2009 insoweit aufzuheben, als die festgesetzte Kostenbeitragshöhe den Kindergeldbeitrag von 154,00 EUR überschreitet und dies den Zeitraum vom 7. Juli 2008 bis 31. Oktober 2008 betrifft, (2) die Beklagte zu verpflichten, für die Zeit vom 7. Juli 2008 bis zum 24. Oktober 2008 an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 1.228,80 EUR zu bezahlen, (3) hilfsweise (zu Ziffer 2) die Beklagte zu verpflichten, für die Zeit vom 7. Juli 2008 bis zum 24. Oktober 2008 an die Klägerin einen Betrag von 850,68 EUR zu zahlen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, das Elterngeld sei bereits wegen der Regelung des § 93 Abs. 1 Satz 4 SGB VIII nicht Teil des heranzuziehenden Einkommens, weshalb im Zeitraum vom 7. Juli 2008 bis zum 24. Oktober 2008 lediglich ein Kostenbeitrag in Höhe bezogenen Kindergeldes von 154,00...

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