Entscheidungsstichwort (Thema)

fehlende Kochmöglichkeit, Eigennutzungsmöglichkeit von einem Monat pro Jahr

 

Normenkette

KAG Art. 105 Abs. 2a, Art. 3; Zweitwohnungsteuersatzung der Gemeinde …

 

Verfahrensgang

VG Regensburg (Urteil vom 09.11.2009; Aktenzeichen 4 K 09.641)

 

Tenor

I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 9. November 2009 wird abgeändert. Der Bescheid der Beklagten vom 17. Oktober 2005 und der Widerspruchsbescheid des Landratsamtes Passau vom 2. März 2009 werden insoweit aufgehoben, als für das Jahr 2006 eine Zweitwohnungsteuer von mehr als 87 Euro festgesetzt worden ist. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen die Kläger gesamtverbindlich 4/5 und die Beklagte 1/5.

IV. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Rz. 1

 Die Kläger wenden sich gegen ihre Heranziehung zur Zweitwohnungsteuer für ein Appartement im Gemeindegebiet der Beklagten.

Rz. 2

 Die in G… wohnhaften Kläger besitzen das Nießbrauchsrecht an dem 39,12 m2 großen Appartement Nr. 207 in der E…-…; Eigentümerin des Appartements ist ihre Tochter.

Rz. 3

 In ihrer Erklärung zur Erhebung der Zweitwohnungsteuer vom 4.7.2005 gaben sie an, bei dem Appartement handele es sich um eine Kursuite ohne Kochgelegenheit. Zu einem auf Dauer ausgeschlossenen oder zu einem zeitlich eingeschränkten Nutzungsrecht machten sie keine Angaben.

Rz. 4

 Mit Bescheid vom 17.10.2005 setzte die Beklagte gemäß § 5 Abs. 1 ihrer Zweitwohnungsteuersatzung die Zweitwohnungsteuer für das Jahr 2005 und die Folgejahre auf jährlich 174 Euro (volle Jahressteuer) fest.

Rz. 5

 Die Kläger ließen hiergegen zunächst ohne Begründung Widerspruch erheben. Mit der am 27. Dezember 2006 eingegangen Widerspruchsbegründung beriefen sie sich erstmals darauf, dass ihnen nur ein zeitlich eingeschränktes Eigennutzungsrecht zustehe. Nach dem mit der Kursuiten-Vermittlung abgeschlossenen Vertrag könne die Vermieterverwaltung das Appartement ganzjährig vermieten; ihr Eigennutzungsrecht sei auf einen Monat im Jahr begrenzt.

Rz. 6

 Mit Bescheid vom 28.12.2006 setzte die Beklagte wegen der eingeschränkten Nutzungsmöglichkeit nach § 5 Abs. 2 ihrer Zweitwohnungsteuersatzung die Zweitwohnungsteuer für das Jahr 2007 und die Folgejahre auf jährlich 87 Euro (halbe Jahressteuer) fest.

Rz. 7

 Nach erfolgloser Durchführung des Widerspruchsverfahrens erhoben die Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Regensburg mit dem Ziel, den Zweitwohnungsteuerbescheid i.d.F. des Widerspruchsbescheids aufzuheben. Sie machten im Wesentlichen geltend, das Appartement sei mangels Kochgelegenheit gar nicht als Wohnung zu qualifizieren; es sei nur eine Hotelsuite. Unbeschadet dessen habe die Beklagte zu Unrecht erst ab dem Jahre 2007 die Jahressteuer um 50 % reduziert. Entscheidend sei allein, in welcher Zeit die Nutzungsmöglichkeit beschränkt gewesen sei und nicht, wann die Gemeinde hiervon Kenntnis erhalten habe. Der Kurgast-Vermittlungsvertrag sei bereits am 27.10.2005 abgeschlossen worden.

Rz. 8

 Mit Urteil vom 9.11.2009 hob das Verwaltungsgericht den Zweitwohnungsteuerbescheid i.d.F. des Änderungsbescheids sowie den Widerspruchsbescheid des Landratsamtes Passau vom 2.3.2009 auf. Entgegen der Rechtsauffassung der Kläger handele es sich bei dem Appartement um eine Zweitwohnung, da eine solche begriffsnotwendig keine Kochgelegenheit voraussetze. Der Zweitwohnungsteuerbescheid sei jedoch deshalb rechtswidrig, weil eine Eigennutzungsmöglichkeit von bis zu vier Wochen jährlich keine Steuerpflicht auslösen könne. Die Zweitwohnungsteuer als Aufwandsteuer erfasse nur den Aufwand, der über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgehe. Das Anmieten einer Ferienwohnung von bis zu vier Wochen gehe nicht über die Deckung des allgemeinen Lebensbedarfs hinaus; dies entspreche vielmehr dem weit verbreiteten Verhalten breiter Bevölkerungsschichten. Der Satzungsgeber könne zwar die zeitlichen Voraussetzungen für die Steuerpflicht festlegen. Die Grenze zur besonderen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sei bei einer auf vier Wochen im Jahr begrenzten Nutzungsmöglichkeit jedoch unterschritten. Soweit die Zweitwohnungsteuersatzung der Beklagten auch einen Zeitraum von bis zu vier Wochen erfasse, sei sie nichtig.

Rz. 9

 Mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung wendet sich die Beklagte gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil. Dieses widerspreche der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zur Steuerpflicht bei eingeschränkter Eigennutzungsmöglichkeit. Ein Abweichen von dieser Rechtsprechung könne nicht mit dem Hinweis begründet werden, der zugrundeliegende Sachverhalt sei nicht vergle...

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