Entscheidungsstichwort (Thema)

Personalvertretungsrecht Bund. Mitbestimmungsverfahren. Versagung der Zustimmung bei Einstellung. Eingriff in Chancen eines Beschäftigten als Benachteiligung i.S.v. § 77 Abs. 2 Nr. 2 BPersVG. Mitbestimmung bei der Einstellung von Beratungsanwärtern. Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluß des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach – Fachkammer für Personalvertretungsangelegenheiten Bund – vom 28. Januar 1991

 

Leitsatz (amtlich)

Benachteiligung im Sinne von § 77 Abs. 2 Nr. 2 BPersVG kann auch ein Eingriff in tatsächlich verfestigte Chancen eines Beschäftigten sein, die sich nicht zu einer Rechtsposition oder zu einer rechtlich verfestigten Anwartschaft entwickelt haben.

 

Normenkette

BPersVG § 77 Abs. 2 Nr. 2

 

Verfahrensgang

VG Ansbach (Beschluss vom 28.01.1991; Aktenzeichen 7 P 90.01247)

 

Nachgehend

BVerwG (Beschluss vom 23.09.1992; Aktenzeichen 6 P 24.91)

 

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Der Nachwuchs der Arbeits- und Berufsberater (Vergütungsgruppe IV a MAT bzw. Besoldungsgruppe A 11) im Bereich der Bundesanstalt für Arbeit sind entweder eigene Beschäftigte nach zwei Jahren Tätigkeit als Fachkräfte, die von der Auswahlkommission des Landesarbeitsamtes als geeignet befunden worden sind und im Rahmen einer Fortbildungsmaßnahme von sechs Monaten Dauer für die neue Funktion ausgebildet werden, oder Beratungsanwärter, die nach abgeschlossener Berufsausbildung und zweijähriger Berufserfahrung außerhalb des öffentlichen Dienstes als Beamtenanwärter in einem dreijährigen Studiengang an der Fachhochschule des Bundes ausgebildet werden. Die Einstellung von Nachwuchskräften richtet sich nach dem Einstellungsbedarf, der alljährlich von den Landesarbeitsämtern festgesetzt wird. Im Durchschnitt der Jahre 1986 bis 1990 waren etwa 80 v. Hundert der Nachwuchskräfte eigene Beschäftigte und 20 v. Hundert Beratungsanwärter.

Mit Schreiben vom 3. Mai 1990 bat der Präsident des Landesarbeitsamtes den Bezirkspersonalrat beim Landesarbeitsamt um Zustimmung zur Einstellung von drei Beratungsanwärtern und weiteren drei Ersatzanwärtern, die aus zahlreichen Bewerbern ausgewählt worden waren, legte die Bewerbungsunterlagen bei und wies daraufhin, daß die Personalräte der betroffenen Arbeitsämter ihre Stellungnahmen unmittelbar dem Bezirkspersonalrat zuleiten würden.

Mit jeweils auf die einzelnen Bewerber beschränkten Schreiben vom 16. Mai 1990 versagte der Bezirkspersonalrat seine Zustimmung zu der Einstellung mit folgender Begründung: „Nach Abwägung der Gesamtinteressenlage sehen wir bei einer Einstellung von Beratungsanwärtern eine Benachteiligung der eigenen Beschäftigten nach § 77 Abs. 2 Nr. 2 BPersVG. In den Dienststellen des Landesarbeitsamtes Nordbayern gibt es in genügender Zahl eigene qualifizierte Mitarbeiter, die als Arbeitsberater und Berufsberater Verwendung finden könnten. Zudem finden zur Zeit Qualifizierungsmaßnahmen zum Arbeitsberater und Berufsberater statt, die im Juni dieses Jahres ihren Abschluß finden.

Sollte sich in absehbarer Zeit ein personeller Bedarf abzeichnen, so besteht die Möglichkeit, entsprechende Fortbildungsmaßnahmen für die eigenen Mitarbeiter anzubieten. Mit Sicherheit werden bei Bekanntgabe für derartige Maßnahmen geeignete Kolleginnen und Kollegen für eine Qualifizierung zur Verfügung stehen. Aus den genannten Gründen bitten wir Sie, den Ausbildungsweg 3 solange ruhend zu stellen, als wir in der Lage sind, mit eigenen Beschäftigten Beratungsaufgaben in den Abteilungen I und II wahrzunehmen. Auf die gemeinsame Erörterung in der Bezirkspersonalratssitzung vom 10. Mai 1990 nehmen wir Bezug”.

Mit Schreiben 18. Mai 1990 benannte der Bezirkspersonalrat ergänzend jeweils Bewerber aus den Reihen der einzelnen Beschäftigten beim jeweiligen Arbeitsamt und fügte folgendes hinzu: Auch darüber hinaus seien weitere qualifizierte Bewerber bei anderen Ämtern vorhanden, denen die Kommission die Qualifizierung zum Arbeitsberater 1990 erteilt habe und die versetzungsbereit seien. Dazu nannte er Namen. Von den in diesen Schreiben des Bezirskpersonalrats insgesamt genannten neun Bewerbern sind acht von der Auswahlkommission als nicht geeignet befunden worden. Nur einer der überörtlichen, aber versetzungsbereiten Bewerber ist von der Auswahlkommission als geeignet anerkannt. Er sollte auch berücksichtigt werden, wurde dann aber zugunsten eines anderen Bewerbers zurückgestellt, der zur Vermeidung einer Benachteiligung wegen Personalratstätigkeit berücksichtigt wurde.

Aufgrund eines Schreibens des Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit vom 30. Mai 1990 brach der Präsident des Landesarbeitsamtes mit Schreiben vom 5. Juni 1990 das Mitbestimmungsverfahren ab und stellte die von ihm ausgewählten Bewerber ein. In dem genannten Schreiben der Hauptstelle der Bundesanstalt für Arbeit heißt es: Die tatsächlichen Nachteile der vom Bezirkspersonalrat genannten Beschäftigten seien in den Schreiben nicht im einzelnen angeführt. Im übri...

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