1 Leitsatz

Verpflichtet sich der Veräußerer eines Grundstücksanteils in einem Bauträgervertrag zur Errichtung einer "Eigentumswohnung", verjährt sein einheitlich für Grundstücksanteil und Wohnung vereinbarter Vergütungsanspruch gemäß § 196 BGB in 10 Jahren.

2 Normenkette

§ 196 BGB

3 Das Problem

K veräußert B am 26.2.2013 2 Miteigentumsanteile an einer von K auf einem Grundstück von K zu errichtenden Wohnungseigentumsanlage, verbunden mit dem Sondereigentum an einer näher bezeichneten Wohnung und dem Sondereigentum an einem näher bezeichneten Pkw-Abstellplatz im Untergeschoss, zum Preis von insgesamt 448.900 EUR. Der Vertrag enthält einen Ratenplan zur Kaufpreiszahlung. Danach ist der Kaufpreis, soweit die näher bezeichneten Grundfälligkeitsvoraussetzungen vorliegen, in 7 vom Baufortschritt abhängigen Raten zu zahlen. Die Schlussrate von 3,5 % des vereinbarten Preises (= 15.711,50 EUR) ist nach vollständiger Fertigstellung zu zahlen.

Am 20.6.2014 führt K unter Beteiligung des B eine Begehung der Wohnung durch. Dabei wird ein von den Anwesenden unterzeichnetes Abnahmeprotokoll erstellt, in dem 27 Beanstandungen aufgeführt werden. In diesem Protokoll heißt es: "Die Übergabe/Abnahme erfolgt gemäß des Kaufvertrags". Am 6.11.2014 erklärt B die Abnahme des gemeinschaftlichen Eigentums – rückwirkend zum 23.6.2014 – ohne Außenanlagen und Tiefgarage und – rückwirkend zum 11.7.2014 – die Abnahme hinsichtlich Außenanlagen und Tiefgarage. Mit Bautenstandsmeldung vom 21.11.2014 erklärt K, das Objekt vollständig fertiggestellt zu haben. Mit Schreiben vom 24.11.2014 teilt K dem B mit, der Bautenstand "vollständige Fertigstellung" sei erreicht, und fordert B zur Zahlung der letzten noch offenen Rate in Höhe von 15.711,50 EUR auf. Mit Schreiben vom 8.12.2014 weist B die Rechnung wegen Baumängeln zurück.

K begehrt gegen B mit bei Gericht am 28.12.2017 eingegangenem Antrag den Erlass eines Mahnbescheids. Gegen den B am 3.1.2018 zugestellten Mahnbescheid erhebt dieser Widerspruch, worüber K am 15.1.2018 informiert wird. B hat zunächst auf die Erhebung der Einrede der Verjährung bis zum 31.12.2018 verzichtet. Nach Eingang des Kostenvorschusses am 28.12.2018 wird der Rechtsstreit am 2.1.2019 an das Landgericht abgegeben. Die Anspruchsbegründung wird B am 5.2.2021 zugestellt. Fraglich ist, ob die Ansprüche des K nach 3 Jahren oder nach 10 Jahren verjährt sind.

4 Die Entscheidung

Der BGH entscheidet sich für 10 Jahre! Die Bauträgervergütung sei allerdings nicht aufteilbar in einen Kaufpreis für die Grundstücksanteile einerseits und eine Vergütung für die Bauleistungen andererseits. Es handele sich bei einem Bauträgervertrag um einen einheitlichen Vertrag, der neben werkvertraglichen auch (soweit der Grundstückserwerb in Rede steht) kaufvertragliche Elemente enthalte. Grundsätzlich sei bei Bauträgerverträgen hinsichtlich der Errichtung des Bauwerkes Werkvertragsrecht, hinsichtlich der Übertragung des Eigentums an dem Grundstück hingegen Kaufrecht anzuwenden. Eine Aufteilung der Bauträgervergütung in einen Kaufpreis für das Grundstück einerseits und eine Vergütung für die Bauleistungen andererseits komme allenfalls dann in Betracht, wenn die Parteien eine derartige Aufteilung vereinbart hätten. Eine solche vertragliche Aufteilung gebe es im Fall nicht, weshalb der Anspruch des K eine einheitliche Vergütung mit der Folge zum Gegenstand habe, dass der Vergütungsanspruch nur einheitlich verjähren könne. Für den einheitlichen Vergütungsanspruch des Bauträgers gelte aber nicht die 3-jährige Regelverjährungsfrist gemäß § 195 BGB, sondern die 10-jährige Verjährungsfrist gemäß § 196 BGB.

5 Hinweis

Problemüberblick

Nach § 650u Abs. 1 Satz 1 BGB ist ein Bauträgervertrag ein Vertrag, der die Errichtung oder den Umbau eines Hauses oder eines vergleichbaren Bauwerkes zum Gegenstand hat und der zugleich die Verpflichtung des Unternehmers enthält, dem Besteller das Eigentum an dem Grundstück zu übertragen oder ein Erbbaurecht zu bestellen oder zu übertragen. Der Bauträger kann für die Erfüllung der Ansprüche eine einheitliche Vergütung verlangen. Fraglich ist, ob diese sich nach dem Bauwerk oder nach dem Grundstück richtet.

10 Jahre für Grundstück und Bauwerk

Der BGH entscheidet sich dafür, dass einheitlich § 196 BGB (= die Bestimmung für Grundstücke) anzuwenden ist. Das überzeugt auch. Denn der Erwerber erwirbt immer einen Miteigentumsanteil an einem Grundstück. Mit diesem Erwerb ist die Bauverpflichtung untrennbar verbunden.

Was ist für die Verwaltungen besonders wichtig?

Die Wohnungseigentümer sind berechtigt, bestimmte Ansprüche der Erwerber gegen den Bauträger in Bezug auf das gemeinschaftliche Eigentum der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zur Ausführung zuzuweisen. Die Verwaltung muss hierauf hinweisen.

6 Entscheidung

BGH, Urteil v. 7.12.2023, VII ZR 231/22

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