Zusammenfassung

 
Begriff

Einen Neubau ohne "Baumangel" gibt es kaum. Auch bei Bauleistungen im Rahmen der Erhaltung, also Instandhaltung und Instandsetzung, eines Gebäudes sind Baumängel keine Seltenheit. Ihre Beseitigung verursacht in der Regel erhebliche Kosten. Im Interesse der Wohnungseigentümergemeinschaft bzw. der einzelnen Eigentümer ist das rechtzeitige Erkennen eines Baumangels und die Geltendmachung der sich daraus ergebenden Ansprüche deshalb von besonderer Bedeutung.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Gesetzliche Regelungen finden sich im BGB.

 
Die häufigsten Fallen
  1. Abnahme

    Bei der Abnahme des Gemeinschaftseigentums der neuen Wohnanlage stellen alle Beteiligten fest, dass das Glas der Hauseingangstür einen Riss hat. Der Mangel wird versehentlich nicht in das Abnahmeprotokoll aufgenommen. Der Verwalter unterzeichnet das Protokoll als Vertreter aller Eigentümer. Diese verlangen nach einem Monat die Beseitigung des Mangels.

    Der Bauträger kann die Mängelbeseitigung verweigern, denn für die Beseitigung von Mängeln, die bei der Abnahme bekannt sind, haftet der Auftragnehmer gemäß § 640 Abs. 3 BGB nur, wenn der Auftraggeber sich die Gewährleistungsansprüche im Abnahmeprotokoll vorbehalten hat. Verschuldensabhängige Schadensersatzansprüche bleiben allerdings erhalten.

  2. Versteckter Baumangel

    2 Jahre nach der Fertigstellung des Wohngebäudes zeigt sich Feuchtigkeit im Keller. Nachdem die Kelleraußenwände freigelegt wurden, stellt sich heraus, dass ihre Isolierung unzureichend ist. Es handelt sich um einen versteckten Baumangel, der bei der Abnahme nicht zu erkennen war. Werden solche versteckten Baumängel offenkundig, so ist die kurzfristige Geltendmachung der Mängelbeseitigungsansprüche geboten. Denn auch bei versteckten Baumängeln laufen die Verjährungsfristen seit Abnahme des Bauwerks (§ 634a Abs. 1 Ziff. 3 BGB).

  3. Hemmung der Verjährungsfristen

    4 Jahre nach der Abnahme des Gemeinschaftseigentums der Wohnanlage stellt sich heraus, dass die Kelleraußenwände mangelhaft isoliert wurden. Der Verwalter fordert den Bauträger auf, den Mangel zu beseitigen. Dieser reagiert nicht. 1,5 Jahre später will die Gemeinschaft ihre Ansprüche gerichtlich geltend machen.

    Ansprüche wegen Mängeln an Bauwerken verjähren gemäß § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB in 5 Jahren. Durch die außergerichtliche Aufforderung allein wird der Lauf der Verjährungsfrist jedoch nicht gehemmt. Hierfür ist die Erhebung einer gerichtlichen Klage gegen den Bauträger oder die Einleitung eines selbstständigen Beweisverfahrens erforderlich (§ 204 BGB). Die beabsichtigte Klage hat in dem o. g. Fall daher keine Aussicht auf Erfolg, weil die Ansprüche verjährt sind.

1 Begriff des Baumangels

Bauleistungen erbringt der Bauträger, der Generalunternehmer oder auch der Handwerker für ein bestimmtes Werk regelmäßig auf der Basis eines Werkvertrags. Der Begriff des "Baumangels" ist deshalb aus den gesetzlichen Bestimmungen zum Werkvertrag gemäß §§ 633 ff. BGB abzuleiten.

Haben die Parteien keine von den gesetzlichen Bestimmungen des Werkvertrags abweichende Vereinbarungen getroffen, so hat der Werkunternehmer, der die Bauleistung zu erbringen hat, gemäß § 633 Abs. 1 BGB die Pflicht, das Werk frei von Sach- und Rechtsmängeln dem Auftraggeber zu verschaffen.

Der Baumangel entspricht danach einem Sachmangel der Bauleistung.

1.1 Wann ist die Bauleistung frei von Sachmängeln?

Die Bauleistung ist frei von Sachmängeln, wenn sie gemäß § 633 Abs. 2 BGB die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit die Beschaffenheit nicht konkret vereinbart wurde, was der Regelfall ist, so ist das Werk frei von Sachmängeln, wenn es sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte, sonst für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Besteller nach der Art des Werks erwarten kann. Sicherheitsrelevante Abweichungen vom Bau-Soll stellen stets einen wesentlichen Mangel dar. Dies gilt auch dann, wenn der Aufwand für die Mängelbeseitigung in Bezug auf die Gesamtbausumme nur einen verschwindend kleinen Bruchteil ausmacht.

 
Praxis-Beispiel

Das fehlende Geländer

Der Bauträger errichtet eine Wohnanlage. Am Treppenlauf vom 1. zum 2. Obergeschoss fehlt das Treppengeländer. Auch wenn hier das Treppengeländer für einige Hundert Euro nachgerüstet werden kann, kann die Abnahme berechtigt verweigert werden. Ein fehlendes Treppengeländer birgt erhebliche Gefahren für Leib und Leben.

1.1.1 Baumangel wegen Abweichung des Bauwerks von der vereinbarten Beschaffenheit

Die Frage, ob ein Baumangel in Form eines Sachmangels vorliegt, richtet sich zunächst nach den konkret zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen über die Beschaffenheit des Bauvorhabens bzw. des einzelnen Gewerks.

 
Praxis-Beispiel

Wohnflächenabweichung

Die Parteien vereinbaren, dass eine Eigentumswohnung mit einer bestimmten Wohnfläche errichtet werden soll. Die tatsächliche vorhandene Wohnfläche ist jedoch kleiner. Sie weicht von der vereinbarten Beschaffenheit der Wohnung ab. Die Abweichung stellt einen Baumangel dar, und zwar unabhängig davon, ob die Abweichung gering ist oder nicht.[1]

[1] BGH, Urteil v. 8.1.2004, VII ZR 181/02; OLG Rostock, NJW 2004, 2156

1.1.2 Baumangel wegen fehlender Eignung für Verwendungszweck

Ha...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge