Leitsatz

Ein Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft, vom Veräußerer Vorschuss auf Mängelbeseitigungskosten zu fordern, lässt jedenfalls bis zur Zahlung des Vorschusses grundsätzlich die Befugnis des einzelnen Erwerbers unberührt, vom Veräußerer die Beseitigung von Mängeln des Gemeinschaftseigentums mit Fristsetzung und Ablehnungsandrohung zu dem Zweck zu verlangen, die Voraussetzungen für den großen Schadensersatzanspruch oder die Wandelung zu schaffen. Ein Vergleich aufgrund eines Beschlusses der Wohnungseigentümergemeinschaft, mit dem Mängel des Wohnungseigentums abgegolten werden, lässt die bereits entstandenen Ansprüche der Erwerber unberührt, vom Veräußerer großen Schadensersatz oder Wandelung zu verlangen.

 

Fakten:

Der Bauträger errichtete vorliegend eine mit umfangreichen Mängeln behaftete Wohnanlage. Die Wohnungseigentümer beschlossen daher, durch den Verwaltungsbeirat Vorschussklage auf die voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten gegen den Bauträger zu erheben, was alsbald auch geschah. Kurze Zeit darauf forderten zwei der Wohnungseigentümer den Bauträger außergerichtlich auf, die Mängel am Gemeinschaftseigentum zu beseitigen und drohten an, nach Ablauf der hierfür gesetzten Frist die Verträge rückabzuwickeln. Nachdem über das Vermögen des Bauträgers das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, schloss die Wohnungseigentümergemeinschaft mit dem Insolvenzverwalter einen Vergleich in dem sich der Insolvenzverwalter verpflichtete, einen größeren Geldbetrag an die Wohnungseigentümergemeinschaft zu zahlen und diese die Klage nach Zahlung zurücknehmen sollte. Des Weiteren verpflichtete sich die Wohneigentümergemeinschaft, keine Ansprüche wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum gegenüber dem Bauträger geltend zu machen. Der Insolvenzverwalter zahlte wie vereinbart, die beiden Wohnungseigentümer nahmen dennoch ein Kreditinstitut aus der gegenüber dem Bauträger übernommenen Gewährleistungsbürgschaft in Anspruch. Trotz Vergleichsabschlusses der Wohnungseigentümer mit dem Insolvenzverwalter sowie dessen Zahlung an die Gemeinschaft waren die beiden Wohnungseigentümer berechtigt, ihre Rechte aus den entsprechenden Erwerbsverträgen geltend zu machen. Denn diese hatten aus ihren mit dem Bauträger geschlossenen Verträgen jeweils einen Anspruch auf mangelfreie Herstellung der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Bauteile der Wohnanlage. Weiter ist der Erwerber von Wohnungseigentum grundsätzlich berechtigt, seine individuellen Ansprüche aus dem Vertrag mit dem Veräußerer selbstständig zu verfolgen, solange durch sein Vorgehen gemeinschaftsbezogene Interessen der Wohnungseigentümer oder schützenswerte Interessen des Veräußerers nicht beeinträchtigt sind. Ein Erwerber kann seinen Erfüllungsanspruch auch selbstständig und ohne Beteiligung der Wohnungseigentümergemeinschaft durchsetzen. Seine Befugnis wird grundsätzlich nicht davon berührt, dass sich der Nachbesserungsanspruch auf das gemeinschaftliche Eigentum bezieht, dessen Instandsetzung nach § 21 Abs. 1, Abs. 5 Nr. 2 WEG zu der den Wohnungseigentümern obliegenden Verwaltung gehört. Interessen der Wohnungseigentümer werden grundsätzlich auch dann nicht beeinträchtigt, wenn ein Erwerber zu dem Zweck, die Voraussetzungen des großen Schadensersatzanspruchs zu schaffen, eine Frist zur Vertragserfüllung mit Ablehnungsandrohung setzt und diesen Anspruch durchsetzt. Das gilt jedenfalls auch dann, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft bereits beschlossen hat, Vorschuss auf die Mängelbeseitigungskosten zu verlangen, der Vorschuss jedoch noch nicht bezahlt ist.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 27.07.2006, VII ZR 276/05

Fazit:

Vorliegend hatte der Verwaltungsbeirat in Vollzug des Eigentümerbeschlusses eine Klage erhoben, mit der überwiegend Vorschuss auf die Mängelbeseitigungskosten verlangt wurde. Mit einem insoweit ermächtigenden Beschluss wird regelmäßig nicht zum Ausdruck gebracht, dass ein einzelner Wohnungseigentümer bis zur Zahlung des Vorschusses gehindert sein soll, Mängelbeseitigung zu verlangen. Durch das Vorschussverlangen ist das Interesse der Gemeinschaft an einer Mängelbeseitigung nicht erloschen. Derjenige Erwerber, der selbstständig die Mängelbeseitigung gegen den Veräußerer verfolgt, handelt grundsätzlich auch nach einem Entschluss der Gemeinschaft, Vorschuss zu verlangen, noch in ihrem Interesse. Denn mit einer eventuell bewirkten Mängelbeseitigung werden die Selbstvornahme und die damit verbundenen Komplikationen hinfällig. Die Klage könnte für erledigt erklärt werden.

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