Leitsatz

  • Verbindung (Zusammenlegung) zweier Wohnungen durch Decken- oder Mauerdurchbruch nachteilig?

    BayObLG will den Verlust der Abgeschlossenheit sowie den dadurch der Teilungserklärung widersprechenden Zustand nicht mehr als Nachteil ansehen!

    Vorlage zum BGH

 

Normenkette

§ 3 Abs. 2 WEG, § 14 Nr. 1 WEG, § 22 WEG, § 28 Abs. 2 FGG, § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB

 

Kommentar

1. Vom BGH zu beantworten ist nunmehr die Rechtsfrage, ob der mit der Herstellung eines Mauerdurchbruchs zwischen zwei Wohnungen im Rahmen einer Wohnungsverbindung eintretende Verlust der Abgeschlossenheit, der zu einem der Teilungserklärung und § 3 Abs. 2 Satz 1 WEG widersprechenden Zustand führt, einen Nachteil im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 14 Nr. 1 WEG darstellt. Im Gegensatz zu den Oberlandesgerichten Zweibrücken (vom 15. 10. 1999, ZMR 2000, 254), Köln (vom 8. 2. 1995, WE 95, 221) sowie dem KG Berlin (vom 17. 2. 1993, NJW-RR 93, 909 und vom 10. 1. 1990, NJW-RR 90, 334) möchte der Senat des BayObLG diese Frage nunmehr verneinen.

2. Zunächst ist davon auszugehen, dass ein Eigentümer gem. § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB, § 15 Abs. 3 WEG die Beseitigung eines Mauerdurchbruchs als einer baulichen Veränderung des Gemeinschaftseigentums im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG vom betreffenden Miteigentümer verlangen kann, wenn ihm dadurch über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus ein Nachteil erwächst (h.M.). Lehnt eine Gemeinschaft mehrheitlich die Rückgängigmachung einer baulichen Veränderung ab, ist damit eine sachliche Regelung nicht erfolgt; es liegt somit ein Nichtbeschluss vor, der keine Rechtswirkungen auslöst (h.M.). Der Anspruch kann dann durch einzelne Eigentümer individuell verfolgt werden.

3. Als Nachteil gelten nur konkrete und objektive Beeinträchtigungen; entscheidend ist, ob sich nach Verkehrsanschauung ein Eigentümer in der Lage eines Antragstellers verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann. Auch der Senat folgte früher der Auffassung, dass durch die Herstellung eines solchen Mauerdurchbruchs zwischen zwei Einheiten deren Abgeschlossenheit verlorengeht sowie ein der Teilungserklärung und damit § 3 Abs. 2 Satz 1 WEG widersprechender Zustand geschaffen wird (vgl. BayObLG, WE 97, 118, 119 und 111/112; NJW-RR 95, 649, 650 sowie - dem folgend - mehrere Oberlandesgerichte; vgl. nunmehr differenziert KG Berlin, NJW-RR 97, 587/588 und Briesemeister, ZMR 98, 321/322). In der Literatur ist diese Rechtsprechung wiederholt auch auf Kritik gestoßen (vgl. Staudinger/Bub, § 22 Rn. 71; Bärmann/Merle, 8. Aufl., § 22 Rn. 121; Rapp, MittBayNot 95, 282/283; Röll, WE 98, 367; Heerstraßen, WE 94, 2/3; Abramenko, ZMR 2000, 255).

Nach neuerlicher Auffassung des Senats ist das Abgeschlossenheitsgebot des § 3 Abs. 2 WEG nur eine Soll-Vorschrift; die rechtliche Ausgestaltung des Wohnungseigentums durch Teilungserklärung oder -Vertrag samt Aufteilungsplan wird durch nachträgliche bauliche Veränderungen nicht berührt (h.M.). Soweit die Abgrenzung zwischen zwei aneinander grenzenden Wohnungen in Frage steht, dient die Abgeschlossenheit nur dem Schutz der betroffenen Wohnungseigentümer, nicht den Belangen anderer Eigentümer.

4. Ein einzelner Eigentümer kann auch grundsätzlich nicht darauf vertrauen, dass Anzahl und Größe der übrigen Wohnungen ohne seine Zustimmung nicht verändert werden; eine frühere Auffassung des Senats wird insoweit aufgegeben. Ein Eigentümer kann nämlich zwei in seinem Eigentum stehende Wohnungseigentumsrechte ohne Mitwirkung der übrigen Eigentümer vereinigen; das durch die Vereinigung neu gebildete Wohnungseigentum braucht nicht in sich abgeschlossen zu sein (BayObLG, ZMR 2000, 468/469 m.w.N.).

Auch die Unterteilung eines Wohnungseigentums durch den Eigentümer bedarf nicht der Zustimmung der anderen Eigentümer, sofern nicht die Teilungserklärung eine abweichende Bestimmung enthält. Ferner können zwei Eigentümer ihre Miteigentumsanteile untereinander verändern, also den Anteil eines Eigentümers zu Gunsten des Anteils eines anderen Eigentümers verringern, außerdem Teile des Sondereigentums von einem Wohnungseigentum abtrennen und mit einem anderen verbinden; auch hierzu ist die Mitwirkung anderer Eigentümer nicht erforderlich (BayObLG, ZMR 2000, 468, 469).

5. Von einem nicht duldungspflichtigen Nachteil wäre auszugehen, wenn der Durchbruch durch eine tragende Wand in erheblichem Maße in die Substanz des Gemeinschaftseigentums und die Statik des Gebäudes eingreifen sollte (BayObLG, FGPrax 1999, 53). Aber auch hier kann die Veränderung ohne Zustimmung der übrigen Eigentümer zulässig sein, wenn bei sachgerechter Planung und Ausführung keine Gefahr für Bestand und Sicherheit des Gebäudes zu erwarten sind (vorliegend ging es um eine Türöffnung von normaler Breite, durchgeführt von einem Fachunternehmen nach den Regeln der Baukunst auf der Basis entsprechender Planung und statischer Berechnung).

6. Auch die Verbindung zweier Wohnungen führt im vorliegenden Fall nicht zu einer erhöhten Nutzungsmöglichkeit (im Sinne eines nicht hinzunehmenden Nachteils). Hie...

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