Leitsatz

  1. Bestandskräftige Beschlussfassung zur Genehmigung der Errichtung eines Geräteschuppens
  2. Bei individuell geltend gemachten Beseitigungsansprüchen sind zwingend alle Wohnungseigentümer im Verfahren zu beteiligen; Unterlassung kann unter bestimmten Voraussetzungen auch im Rechtsbeschwerdeverfahren nachgeholt werden
 

Normenkette

§§ 14, 15 Abs. 3, 22 Abs. 1, 43 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 4 Nr. 1 WEG

 

Kommentar

  1. Ein bestandskräftig gewordener Eigentümerbeschluss, der die Errichtung eines hölzernen Geräteschuppens bestimmter Größe auf einer Gartensondernutzungsfläche einem Eigentümer genehmigt und hierbei "die Standortauswahl dem Wohnungseigentümer mit der Maßgabe überlässt, dass kein anderer Eigentümer über das normale Maß hinaus belästigt wird", ist nicht wegen inhaltlicher Unbestimmtheit nichtig. Im Rahmen eines gerichtlich geltend gemachten Beseitigungsverlangens hat das damit befasste Gericht die Standortwahl an dem im Eigentümerbeschluss vorgegebenen Maßstab zu überprüfen. Auch unangefochten gebliebene Mehrheitsbeschlüsse über bauliche Veränderungen sind gültig und binden die Eigentümer, weil die Abgrenzung zwischen ordnungsgemäßer Instandhaltung/Instandsetzung und baulicher Veränderung schwierig sein kann und daher die "Ordnungsmäßigkeit" aus Gründen der Rechtssicherheit nicht kompetenzbegründend ist (BGH v. 20.9.2000, V ZB 58/99, BGHZ 145, 158 (168 f.)). Der vorliegende Beschluss mit erkennbarem Inhalt und ermöglichter Durchführbarkeit wäre allenfalls anfechtbar gewesen (BayObLG v. 10.12.1998, 2Z BR 99/98, WuM 1999, 179), auch zur getroffenen Standortwahl. Das LG hat hier alternative Standorte eingehend untersucht und daraus das Ergebnis gewonnen, dass mit dem gewählten Standort verbundene Belästigungen derzeit nicht über das hinausgehen, was im Eigentümerbeschluss als "das normale Maß" bezeichnet wurde.
  2. Auch das errichtete Fundament unter dem Geräteschuppen war hier im Beschluss mitgenehmigt, da ohne geeignete Fundamentierung eine solche Holzhütte nicht fachgerecht hätte erstellt werden können. Auch ein über den Baukörper geringfügig hinausgezogener Plattenbelag stellt keine Verletzung der Rechte anderer Eigentümer über das Maß des § 14 Nr. 1 WEG hinaus dar und war damit (entgegen der Ansicht des LG) bereits in diesem Verfahren als duldungspflichtig mitzuentscheiden.
  3. Ist durch die Errichtung eines Garten-Geräteschuppens auf einer Sondernutzungsfläche – wie üblich – die Optik der gesamten Wohnanlage berührt, sind auch bei individuellen Beseitigungsansprüchen zwingend alle Wohnungseigentümer am Verfahren zu beteiligen, weil sie materiell Beteiligte sind. Wer materiell beteiligt ist, muss auch formell am Verfahren beteiligt und zugezogen werden. Dies ergibt sich aus § 45 Abs. 2 Satz 2 WEG, wonach die Entscheidung für und gegen alle Wohnungseigentümer wirkt; die Beteiligung ist außerdem ein Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs und der Sachaufklärung nach § 12 FGG (BayObLG v. 6.2.1990, BReg 2 Z 119/89, NJW-RR 1990, 660 (661)). Eine unterlassene Beteiligung durch die Vorinstanz kann jedoch dann auch noch im Rechtsbeschwerdeverfahren nachgeholt werden, wenn eine weitere Sachaufklärung weder notwendig, noch zu erwarten ist und nur rechtliches Gehör gewährt werden soll (vgl. BGH v. 9.10.1997, V ZB 3/97, NJW 1998, 755/756 und OLG München v. 15.3.2006, 34 Wx 160/05). Hiervon war im vorliegenden Fall auszugehen.
 

Link zur Entscheidung

OLG München, Beschluss vom 26.07.2006, 34 Wx 083/06OLG München v. 26.7.2006, 34 Wx 083/06

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