Konkret verleiht § 20 Abs. 2 WEG den Wohnungseigentümern einen Individualanspruch auf Gestattung von baulichen Veränderungen, die

  • dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen,
  • dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge,
  • dem Einbruchschutz und
  • dem Anschluss an das Glasfasernetz

dienen.

 

Klimaanlage fällt nicht unter den Maßnahmenkatalog des § 20 Abs. 2 WEG

Bei einer Klimaanlage handelt es sich nicht um eine privilegierte Maßnahme nach § 20 Abs. 2 WEG. Der Wortlaut der Vorschrift ist insoweit eindeutig. Zwar wird teilweise eine erweiternde Auslegung für möglich gehalten, etwa für zukünftige technische Fortentwicklungen oder Fälle, in denen aus verfassungsrechtlichen Gründen – insbesondere Parabolantennen oder Anschluss an eine Fernsprecheinrichtung – eine bauliche Veränderung nötig ist. Eine Klimaanlage fällt aber nicht darunter.[1]

Balkonkraftwerke

Ein Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz vom 17.5.2023 und ein Gesetzentwurf der CDU/CSU-Fraktion vom 23.5.2023 sehen die Ausgestaltung von Steckersolargeräten, sog. Balkonkraftwerken, als privilegierte bauliche Veränderung vor. Durch entsprechende Erweiterung von § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG sollen die Wohnungseigentümer dann Anspruch auf Gestattung der Montage derartiger Solaranlagen haben. Auch Mietern soll durch Erweiterung von § 554 Abs. 1 Satz 1 BGB ein entsprechender Anspruch gegen ihre Vermieter verliehen werden.[2]

"Angemessene" bauliche Veränderung

Mit Blick auf diesen Katalog hat der Wohnungseigentümer einen Anspruch auf eine "angemessene" bauliche Veränderung. Hierbei handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der in der Praxis dazu dienen soll, unangemessene Forderungen einer baulichen Veränderung zurückzuweisen. Wann eine Maßnahme unangemessen ist, kann nach Auffassung des Gesetzgebers nur im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände entschieden werden. Ein Entscheidungsermessen oder einen Einschätzungsspielraum wird den Wohnungseigentümern dadurch aber nicht eingeräumt.

Zu beachten ist bei diesen Maßnahmen allerdings, dass die Wohnungseigentümer über die Modalitäten der Durchführung im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung entscheiden. Der Individualanspruch des Wohnungseigentümers bezieht sich also nur auf das "Ob" der Maßnahmendurchführung und nicht auf das "Wie". Letzteres obliegt der Ausgestaltung durch die übrigen Wohnungseigentümer im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung.

 
Praxis-Beispiel

Rollstuhlrampe

Ein gehbehinderter Wohnungseigentümer begehrt den Bau einer Rollstuhlrampe zur Überwindung des Eingangspodests der Wohnanlage.

Zweifellos hat dieser Wohnungseigentümer einen entsprechenden Anspruch gegen die Wohnungseigentümer. Diesen obliegt aber die Entscheidung darüber, wo und in welcher Form diese Rollstuhlrampe errichtet wird. Des Weiteren können die Wohnungseigentümer im Rahmen ihres Ermessensspielraums auch detaillierte Vorgaben für die bauliche Durchführung machen, die der bauwillige Wohnungseigentümer zu berücksichtigen hat. So kann beispielsweise die Verwendung bestimmter Materialien vorgegeben werden oder etwa auch, dass Kabel unter Putz zu verlegen sind. Letztlich soll hierdurch auch sichergestellt werden, dass bauliche Veränderungen mehrerer Wohnungseigentümer technisch kompatibel sind. Dies gilt insbesondere für Maßnahmen, die dem Einbruchschutz dienen oder auch dem Laden von Batterien für Fahrzeuge. Der Wohnungseigentümer hat nach alldem also keinen Anspruch auf eine bestimmte Durchführung der begehrten Baumaßnahme.

Die Wohnungseigentümer können des Weiteren auch darüber entscheiden, ob die Baumaßnahme auf Kosten des bauwilligen Wohnungseigentümers durch diesen selbst durchgeführt wird oder aber durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer auf Kosten des bauwilligen Wohnungseigentümers.

Führt die Gemeinschaft die Maßnahme durch, können die Wohnungseigentümer über einen vom bauwilligen Wohnungseigentümer an die Gemeinschaft zu leistenden Vorschuss für die entstehenden Kosten der Baumaßnahme beschließen.

Eigentümerversammlung

Begehrt ein Wohnungseigentümer die Durchführung einer baulichen Veränderung, hat er seinen Wunsch gegenüber dem Verwalter zu äußern, der dann einen entsprechenden Beschlussvorschlag auf die Tagesordnung der nächsten Eigentümerversammlung zu setzen hat. Will der bauwillige Wohnungseigentümer eine zeitnahe Beschlussfassung über sein Begehren herbeiführen, hat der Verwalter dann auch zeitnah eine Eigentümerversammlung einzuberufen. Ungeklärt ist insoweit, wer die Kosten dieser Eigentümerversammlung zu tragen hat – die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer oder der bauwillige Wohnungseigentümer? Da das Erfordernis einer entsprechenden Beschlussfassung gesetzlich angeordnet ist, sprechen wohl die besseren Gründe für eine Kostentragungspflicht der Gemeinschaft.

Selbstverständlich kann über Maßnahmen der baulichen Veränderung auch ein Umlaufbeschluss im Verfahren nach § 23 Abs. 3 WEG herbeigeführt werden. Zwar genügt insoweit nach § 23 Abs. 3 Satz 1 WEG eine Zustimmung auch in Textform, allerdings bedarf es zur Be...

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