Verstoßen Beschlüsse über bauliche Maßnahmen gegen § 20 Abs. 4 WEG, sind sie anfechtbar. Allerdings sind Beschlüsse über bauliche Maßnahmen nicht etwa nur aus Gründen des § 20 Abs. 4 WEG anfechtbar, sondern ganz allgemein auch dann, wenn sie den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung widersprechen.[1] Sie können, wie sonstige Beschlüsse auch, nichtig sein – und zwar unabhängig von der den Wohnungseigentümern grundsätzlich verliehenen Beschlusskompetenz.

Anfechtungsgründe

  • Insbesondere im Fall der baulichen Veränderung als Vornahmemaßnahme seitens der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, können Anfechtungsgründe darin bestehen, dass die Wohnungseigentümer ihr Ermessen auf einer unzureichenden Entscheidungsgrundlage ausgeübt haben, also insbesondere im Fall fehlender Vergleichsangebote.
  • Bauliche Veränderungen stellen niemals besonders eilbedürftige Maßnahmen dar, weshalb die 3-wöchige Ladungsfrist des § 24 Abs. 4 Satz 2 WEG einzuhalten ist. Sieht eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer eine längere Ladungsfrist vor, ist diese einzuhalten.
  • Paradebeispiel eines Anfechtungsgrunds stellt auch die ungenügende Ankündigung des Beschlussgegenstands im Ladungsschreiben dar.
  • Stets stellen inhaltlich ungenügende Beschlüsse einen Anfechtungsgrund dar, die die Baumaßnahme nicht exakt bezeichnen oder aber zumindest auf eine entsprechende Anlage Bezug nehmen. Stets muss jedenfalls feststehen, welcher Bereich des gemeinschaftlichen Eigentums in welchem Ausmaß von der beschlossenen Baumaßnahme betroffen sein wird.[2]
  • Wird die Baumaßnahme seitens der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer durchgeführt, muss auch ihre Finanzierung nicht nur geregelt, sondern auch gesichert sein.
  • Wird zur Finanzierung einer Baumaßnahme, deren Kosten nach § 21 Abs. 2 WEG von sämtlichen Wohnungseigentümern zu tragen sind, eine Kreditaufnahme beschlossen, muss sich zwar nicht aus dem Beschluss über die Kreditaufnahme selbst, zumindest aber aus der Versammlungsniederschrift ergeben, dass die Wohnungseigentümer über die Konsequenzen der ihnen drohenden unmittelbaren Teilhaftung gemäß § 9a Abs. 4 WEG gegenüber dem kreditgebenden Bankinstitut im Fall von Zahlungsausfällen einzelner Wohnungseigentümer aufgeklärt wurden.
 

Insbesondere inhaltliche Unbestimmtheit

Gestattungsbeschlüsse müssen stets inhaltlich ausreichend bestimmt sein. Dies ist beispielhaft in folgenden Konstellationen nicht der Fall:

  • Die Auflage, eine bauliche Veränderung sei gestattet, wenn der sie begehrende Wohnungseigentümer dem Verwalter später ein aussagefähiges Angebot eines Fachbetriebs vorlegt, das der Verwalter zu prüfen und gegebenenfalls zu genehmigen hat, ist nicht ordnungsmäßig, weil nicht ausreichend bestimmt, und führt dazu, dass der Gestattungsbeschluss auf Anfechtungsklage für ungültig erklärt wird.[3]
  • Auch ein Beschluss, "dem Eigentümer der Wohneinheit X werden 3 Durchbohrungen der Hausaußenwand mit je 180 mm Durchmesser für den Einbau von Wohnraumlüftungen genehmigt", ist inhaltlich unbestimmt.[4]

Nichtigkeitsgründe

Allgemein werden auch Beschlüsse über Baumaßnahmen dann einem Nichtigkeitsrisiko unterliegen, wenn

  • Wohnungseigentümer bewusst nicht zur Eigentümerversammlung eingeladen wurden;
  • der Versammlungsort so gewählt wurde, dass er gerade durch behinderte Wohnungseigentümer nicht erreichbar ist;
  • der Beschlusswortlaut unbestimmt ist;
  • der Beschlusswortlaut in sich widersprüchlich und daher perplex ist.
[1] AG Hamburg-St. Georg, Urteil v. 1.7.2022, 980a C 41/21, ZMR 2022 S. 833.
[3] LG Frankfurt a. M., Urteil v. 22.12.2022, 2-09 S 31/22, ZMR 2023 S. 214.
[4] AG München, Urteil v. 1.6.2023, 1293 C 13203/22.

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