Leitsatz

Der Handlungsstörer bleibt zur Beseitigung einer baulichen Veränderung am Gemeinschaftseigentum auch dann verpflichtet, wenn er sein Wohnungseigentum veräußert und er nicht mehr Wohnungseigentümer ist. Der Erwerber der Wohnung ist als Zustandsstörer nur zur Duldung der Beseitigung (durch den Handlungsstörer oder die WEG) verpflichtet. Beim Tod des Handlungsstörers geht dessen Verpflichtung zur Beseitigung nach § 1967 BGB auf die Erben über.

 

Fakten:

Auf dem Balkon einer Wohnungseigentümerin (Antragsgegnerin) befinden sich zum Gemeinschaftseigentum zählende Blumentröge, die in den Boden eingelassen sind und den Abschluss des Balkons bilden. Von den Eltern der Wohnungseigentümerin wurde die Außenseite dieser Blumentröge vor etwa 20 Jahren verfliest. Der Vater der Antragsgegnerin verstarb kurz darauf und wurde von seiner Ehefrau als Vorerbin beerbt, wobei die jetzige Wohnungseigentümerin als Nacherbin eingesetzt war. Einige Zeit nach dem Tod des Vaters überließ die Mutter die Wohnung der Wohnungseigentümerin. Nachdem die Eigentümer eine Sanierung aller Balkone beschlossen hatten, forderte die Verwaltung die Wohnungseigentümerin mehrfach auf, die Fliesen zu entfernen, da eine Sanierung ansonsten nicht möglich sei. Diese kam der Aufforderung nicht nach. Mittlerweile war auch die Mutter verstorben.

Das Landgericht verpflichtete die Wohnungseigentümerin zur Beseitigung der Fliesen, obwohl sie zum Zeitpunkt der Verfliesung noch nicht Eigentümerin war. Gemäß allgemeiner Ansicht kann nur der Handlungsstörer, der die bauliche Veränderung vorgenommen hat oder vornehmen hat lassen, auf Beseitigung derselben in Anspruch genommen werden. Dagegen ist der Zustandsstörer, der die bauliche Veränderung nicht selbst verursacht hat, sondern nur willentlich, unter Beherrschung der Störungsquelle, den beeinträchtigenden Zustand aufrechterhält, nicht zur Beseitigung, sondern nur zur Duldung der Beseitigung verpflichtet.

Seit dem Tode der Mutter ist nunmehr jedoch die Wohnungseigentümerin wegen des eingetretenen Nacherbfalls nach ihrem Vater und der Alleinerbschaft nach ihrer Mutter als Gesamtrechtsnachfolgerin der ursprünglichen Handlungsstörer selbst Handlungsstörerin. Maßgeblich hierfür ist die Verpflichtung zur Beseitigung, welche für die ursprünglichen Handlungsstörer bestand. Diese Verpflichtung geht nach § 1967 BGB auf die Erben über.

 

Link zur Entscheidung

LG München I, Beschluss vom 03.08.2009, 1 T 13291/05LG München I, Beschluss vom 3.8.2009 – 1 T 13291/05

Fazit:

An diesem Ergebnis ändert auch die zwischenzeitlich erfolgte Eigentumsübertragung von Mutter auf Tochter nichts. Denn der Beseitigungsanspruch setzt nicht voraus, dass der Störer Wohnungseigentümer ist, entscheidend ist vielmehr, dass der Gläubiger dieses Anspruchs Wohnungseigentümer ist. Mit anderen Worten: Als Handlungsstörer wäre der Vater verpflichtet gewesen, die Fliesen zu beseitigen, da er diese verlegt hatte. Durch sein Vorversterben wäre diese Verpflichtung auf dessen Gattin als Erbin übergegangen. Diese jedoch hatte die Wohnung der Tochter überschrieben, sodass bis zum Versterben der Mutter die Tochter auch nur zur Duldung der Fliesenbeseitigung verpflichtet gewesen wäre. Aufgrund aber des Versterbens der Mutter und der Tatsache, dass die Tochter deren Erbin war, ist die Beseitigungsverpflichtung auf die Tochter übergegangen.

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