Werden die beabsichtigten Neuregelungen für das Mietrecht Gesetz, müssen sie bereits zwangsläufig auch im Bereich des Wohnungseigentums Gesetz werden, da ca. die Hälfte der Eigentumswohnungen vermietet sind. Bereits aus Gründen der Sachlogik dürfte folgen, dass dem Mieter nicht Ansprüche gegen seinen Vermieter eingeräumt werden können, die dieser aus Rechtsgründen nicht erfüllen kann. Insoweit wird auch der Katalog der privilegierten baulichen Veränderungen in § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG um die weitere der Montage von Steckersolargeräten erweitert werden.

 
Achtung

Gestattungsbeschluss stets erforderlich

Allerdings würde auch dies nicht dazu führen, dass der vermietende Wohnungseigentümer ohne entsprechenden Gestattungsbeschluss seinem Mieter die Montage des Balkonkraftwerks erlauben könnte. Auch wenn der vermietende Wohnungseigentümer einen Anspruch gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer auf Montage eines Balkonkraftwerks hätte, müsste diese von den anderen Wohnungseigentümern mehrheitlich gestattet werden.

Zu beachten ist in diesem Zusammenhang nämlich, dass zwar bezüglich des "Ob" der Maßnahme, also der grundsätzlichen Frage, ob ein Anspruch auf Gestattung der Montage eines Balkonkraftwerks besteht, in aller Regel auf null reduziert wäre. Allerdings ist den Wohnungseigentümern bezüglich des "Wie" der Baumaßnahme ein Ermessen eingeräumt. Mit anderen Worten: Auch wenn den Wohnungseigentümern ein Anspruch auf Montage von Steckersolargeräten eingeräumt würde, entscheiden die übrigen Wohnungseigentümer mehrheitlich über die Details des Ortes, der Art und Weise der Montage und etwaiger Vorgaben an einen erweiterten Versicherungsschutz oder auch das Erfordernis fachmännischer Befestigung des Balkonkraftwerks.

Auch hier wäre die "Dolo-Agit-Einrede"[1] von Bedeutung, wonach der etwa seitens der Gemeinschaft auf Beseitigung in Anspruch genommene vermietende Wohnungseigentümer der Gemeinschaft entgegenhalten könnte, er selbst hätte gegen sie einen Anspruch auf Montage der Solaranlage, weshalb er diese Montage auch ohne Gestattungsbeschluss erlauben könne. Der BGH[2] hat für den Bereich des Wohnungseigentums für den Fall einer noch im Bau befindlichen baulichen Veränderung klargestellt, dass der Anspruch auf Gestattung der Baumaßnahme nichts am Erfordernis eines entsprechenden Gestattungsbeschlusses ändere. Notfalls müsse der bauwillige Wohnungseigentümer eine Beschlussersetzungsklage erheben, um sein Ziel erreichen zu können, anderenfalls haben die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer einen Unterlassungsanspruch gegen den Wohnungseigentümer.

Nicht entschieden hat der BGH allerdings die gerade bezüglich der Montage von Balkonkraftwerken bedeutsame Frage was gilt, wenn die Baumaßnahme bereits abgeschlossen ist. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass ein Balkonkraftwerk in weniger als einer Stunde zu montieren sein dürfte. Nach Auffassung des AG Paderborn[3] gilt jedenfalls nichts anderes, wenn die Baumaßnahme bereits abgeschlossen ist. Durch das WEMoG habe der Gesetzgeber klargestellt, dass jede nicht durch Vereinbarung gestattete bauliche Veränderung zu ihrer Legalisierung einer Gestattung durch Beschluss bedürfe, selbst wenn auf die Beschlussfassung ein Anspruch bestünde. Dieser Wille des Gesetzgebers, der dem hohen Gut des Vorbefassungsgebots der Eigentümerversammlung Rechnung trage, dürfe nicht dadurch unterlaufen werden, dass der Wohnungseigentümer, der eine bauliche Veränderung ohne Beschlussfassung vorgenommen hätte, dem Rückbau- bzw. Unterlassungsanspruch seinen Anspruch auf die Gestattung per Beschluss gem. § 242 BGB entgegenhalten könne. Ein Wohnungseigentümer könne sonst folgenlos gegen den Beschlusszwang und dass Vorbefassungsverbot verstoßen.[4] In der Literatur ist die Frage umstritten.

Selbstverständlich sollte vor diesem Hintergrund jeder vermietende Wohnungseigentümer vor Erteilung der Erlaubnis seines Mieters für eine entsprechende Gestattungsbeschlussfassung sorgen. Dies nicht nur vor dem Hintergrund der insoweit ungesicherten Rechtsprechung, sondern auch angesichts der Tatsache, dass er als Vermieter lediglich indirekt von dem Balkonkraftwerk in Verringerung der CO2-Emissionen profitiert.

[1] Siehe hierzu oben Kap. 3.1.
[3] AG Paderborn, Urteil v. 6.9.2022, 52 C 9/22, ZMR 2022 S. 1017.
[4] A. A. aber LG Frankfurt a. M., Urteil v. 20.12.2021, 2-13 S 135/20, WuM 2023 S. 236.

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