Entscheidungsstichwort (Thema)

Berechnung der Vergütung von Teilzeitbeschäftigten

 

Leitsatz (redaktionell)

Gleichbehandlung von Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten bei der Berechnung der Vergütung; wechselnde wöchentliche Arbeitszeit

 

Normenkette

Beschäftigungsförderungsgesetz § 2 Abs. 2b

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Urteil vom 06.02.1990; Aktenzeichen 11 Sa 1074/89)

ArbG Aachen (Urteil vom 15.08.1989; Aktenzeichen 6 (5) Ca 394/89)

 

Tenor

Die Revisionen der Klägerinnen gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 6. Februar 1990 – 11 Sa 1074/89 – werden auf Kosten der Klägerinnen zurückgewiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Berechnung der monatlichen Vergütung der Klägerinnen im Jahre 1987.

Die Klägerinnen sind bei der Beklagten seit mehreren Jahren in unterschiedlichen Positionen als Teilzeitkräfte beschäftigt. Auf ihre Arbeitsverhältnisse finden kraft einzelvertraglicher Bezugnahme die Tarifverträge des Einzelhandels Nordrhein-Westfalen in ihrer jeweils geltenden Fassung Anwendung.

An bei ihr vollbeschäftigte Angestellte zahlte die Beklagte im Jahre 1987 eine monatliche Vergütung entsprechend der Gehaltsgruppe G I des Gehaltstarifvertrages für den Einzelhandel Nordrhein-Westfalen. Ausgehend von einer monatlichen Stundenzahl von 167 bei Vollbeschäftigung errechnete die Beklagte eine Stundenvergütung von 12,78 DM bis zum 31. März 1987 bzw. 13,26 DM ab 1. April 1987. Auf dieser rechnerischen Grundlage berechnete die Beklagte auch die Vergütung der Teilzeitkräfte. In den Arbeitsverträgen der Klägerinnen ist im einzelnen geregelt, an welchen Wochentagen von ihnen welche Arbeitszeit zu erfüllen ist, jedoch ist in den Arbeitsverträgen der Klägerinnen F. und H. keine monatliche Arbeitszeit, im Arbeitsvertrag der Klägerin M. nur eine monatliche Arbeitszeit von „ca. 100 Stunden” vereinbart worden. Da bei allen Klägerinnen auch der lange Samstag als Arbeitstag vereinbart ist, ist ihre wöchentliche Arbeitszeit nicht konstant. Die Beklagte hat deshalb für die Berechnung der monatlichen Vergütung der Klägerinnen die wöchentlich zu leistenden Stunden unter Berücksichtigung von 15 langen Samstagen auf 52 Wochen hochgerechnet und durch 12 Monate geteilt. Die so ermittelten Stunden hat sie mit 12,78 DM bzw. 13.26 DM vergütet.

Die Klägerinnen haben die Auffassung vertreten, bei der Berechnung ihrer monatlichen Vergütung sei zunächst ihre Jahresarbeitszeit zu berechnen. Diese könne jedoch nicht mit 52 Wochen = 364 Tagen berechnet werden, da ein Jahr 365 bzw. in Schaltjahren 366 Tage habe. Um dennoch ein gleichbleibendes Monatsgehalt zu gewährleisten, sei deshalb ein Durchschnittswert von 356,25 Tagen pro Jahr zugrunde zu legen. Von diesem Umrechnungsfaktor seien auch die Tarifvertragsparteien ausgegangen. Soweit in § 2 Abs. 2 und § 3 MTV auf einen Zeitraum von 52 Wochen abgestellt werde, gelte dieser Maßstab nur für die dort geregelten Bereiche, nicht aber für die nach § 8 Abs. 5 MTV durchzuführende Berechnung der Vergütung von Teilzeitbeschäftigten. Insbesondere die Regelung in § 3 Abs. 4 MTV, nach der Mehrarbeitsstunden mit 1/167 des Monatsentgelts zu bezahlen seien, spreche weder für die eine noch für die andere Berechnungsmethode. Auch wenn man von durchschnittlich 365,25 Tagen bzw. 52,17 Wochen pro Jahr ausgehe, ergäbe sich nämlich abgerundet eine Größe von 167 Stunden pro Monat.

Die aus dieser Berechnungsmethode folgenden Differenzbeträge haben die Klägerinnen erstmals im Februar 1988 schriftlich geltend gemacht.

Die Klägerinnen haben zuletzt beantragt,

die Beklagte zu verurteilen,

an die Klägerin F. 112,71 DM brutto zuzüglich 4 % Zinsen aus dem hieraus resultierenden Nettobetrag seit dem 18. Juli 1988 zu zahlen;

an die Klägerin H. 56,30 DM brutto zuzüglich 4 % Zinsen aus dem hieraus resultierenden Nettobetrag seit dem 18. Juli 1988 zu zahlen;

an die Klägerin M. 112,71 DM brutto zuzüglich 4 % Zinsen aus dem hieraus resultierenden Nettobetrag seit dem 18. Juli 1988 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klagen abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, grundsätzlich habe jeder Mitarbeiter Anspruch darauf, ein über das Jahr gleichbleibendes Monatsgehalt zu erhalten. Für dessen Berechnung werde bei Vollzeitbeschäftigte der Arbeitszeit von 38,5 Stunden angeknüpft. Dies erfolge ohne Berücksichtigung der konkreten Zahl der Arbeitstage des Monats oder Jahres. Aus § 8 Abs. 5 MTV ergebe sich aber, daß insoweit auch Teilzeitbeschäftigte weder schlechter noch besser gestellt werden dürften. Deshalb könne auch im Rahmen des § 8 Abs. 5 MTV nur die Wochenarbeitszeit des Teilzeitbeschäftigten zu der wöchentlichen Arbeitszeit vollbeschäftigter Arbeitnehmer in Bezug gesetzt werden. Bei solchen Teilzeitkräften, deren wöchentliche Arbeitszeit aufgrund Einbeziehung der langen Samstage nicht konstant sei, könne die Ermittlung der maßgeblichen „vereinbarten Arbeitszeit” i.S.d. § 8 Abs. 5 MTV nur über eine monatliche bzw. jährliche Berechnung erfolgen. Dabei sei nicht auf einen Durchschnittswert von 365,25 Tagen, sondern auf einen Zeitraum von 52 Wochen abzustellen, denn dieser Umrechnungsmaßstab sei in § 2 Abs. 2 MTV festgelegt. Auch der in § 3 Abs. 4 MTV festgelegte Faktor von 167 Stunden pro Monat errechne sich auf der Grundlage von 38,5 Stunden pro Woche und der Anzahl der vollen Wochen im Jahr. Im übrigen finde sich in allen Tarifverträgen des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen eine Konzentration auf den Wochen- bzw. Monatszeitraum, während auf Kalender- oder Arbeitstage in keiner Bestimmung abgestellt werde. Durch das Abstellen auf die Wochenarbeitszeit und die Anzahl der vollen Wochen im Jahr im Einzelfall auftretende Ungenauigkeiten seien im Interesse der Handhabbarkeit des Tarifvertrages und der Rechtssicherheit hinzunehmen.

Das Arbeitsgericht hat die Klagen der Klägerinnen abgewiesen. Die Berufungen der Klägerinnen hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit ihren Revisionen verfolgen die Klägerinnen ihr Klagebegehren weiter. Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Revisionen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revisionen sind nicht begründet. Die Beklagte hat die monatliche Vergütung der Klägerinnen zutreffend berechnet.

I. Auf die Arbeitsverhältnisse der Parteien finden kraft einzelvertraglicher Bezugnahme die Tarifverträge des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen in der jeweils geltenden Fassung Anwendung. Danach sind für den vorliegenden Rechtsstreit folgende Bestimmungen des Manteltarifvertrages des Einzelhandels Nordrhein-Westfalen in seiner im Klagezeitraum geltenden Fassung vom 15. Mai 1985 von Bedeutung:

㤠2

Arbeitszeit

1. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt 38,5 Stunden ausschließlich der Pausen …

2. Eine von Abs. 1 abweichende systematische Einteilung der regelmäßigen Arbeitszeit (Mehr- oder Minderarbeit an einem Werktag oder in einer Woche) ist zulässig, wenn innerhalb von 52 Wochen die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit gemäß Abs. 1 nicht überschritten wird.

§ 3

Mehrarbeit

1. Mehrarbeit für Vollbeschäftigte ist jede über die vereinbarte oder festgelegte tägliche Arbeitszeit hinausgehende Arbeit, sofern sie nicht gemäß § 2 Abs. 4 ausgeglichen wird. Mehrarbeit für Teilzeitbeschäftigte ist jede Arbeitszeit, die über die in § 2 Abs. 1 geregelte Arbeitszeit hinaus geleistet wird.

4. Mehrarbeitsstunden sind mit 1/167 des Monatsentgelts und einem Zuschlag gemäß § 5 zu bezahlen.

§ 8

Gehalts- und Lohnregelung

1. Die Festsetzung der Gehälter und Löhne erfolgt in einer besonderen tariflichen Regelung. Der Arbeitnehmer wird in die seiner überwiegend ausgeübten Tätigkeit entsprechende Gehalts- oder Lohngruppe eingeordnet.

5. Teilzeitbeschäftigte haben Anspruch auf ein monatliches Tarifentgelt, daß dem Verhältnis ihrer vereinbarten Arbeitszeit zu der dem tariflichen Entgelt eines Vollbeschäftigten zugrunde liegenden Arbeitszeit entspricht.

…”

II. Zutreffend und unangefochten hat die Beklagte zur Ermittlung der monatlichen Vergütung der teilzeitbeschäftigten Klägerinnen zunächst das monatliche Tarifentgelt für Vollzeitbeschäftigte durch den sich aus § 3 Abs. 4 MTV ergebenden Faktor 167 geteilt und auf diesem Wege eine Stundenvergütung von 12,78 DM bis zum 31. März 1987 und von 13,26 DM ab 1. April 1987 errechnet. Zur Ermittlung der nach § 8 Abs. 5 MTV zur Arbeitszeit eines Vollbeschäftigten ins Verhältnis zu setzenden „vereinbarte(n) Arbeitszeit” eines Teilzeitbeschäftigten hat sie eine jährliche Berechnung vorgenommen, denn die Ermittlung der insoweit maßgeblichen Arbeitszeit ist im Falle der Klägerinnen auf der Grundlage ihrer Wochen- bzw. Monatsarbeitszeit deshalb nicht möglich, weil diese im Arbeitsvertrag nicht genau festgelegt worden ist. Die Beklagte hat auch zutreffend, entgegen der Auffassung der Revision, bei der Ermittlung der jährlichen Arbeitszeit auf einen Zeitraum von 52 Wochen abgestellt. Der Senat vermag der Auffassung der Revision, es sei von einem durchschnittlichen Kalenderjahr von 365,25 Tagen bzw. 52,17 Wochen auszugehen, nicht zu folgen.

III.1. Das Landesarbeitsgericht hat hierzu ausgeführt, die Beklagte habe die Vergütung der Klägerinnen zutreffend auf der Basis ihrer Wochenarbeitszeit und der Anzahl der vollen Wochen im Jahr berechnet. Das monatliche Entgelt eines Vollbeschäftigten werde für eine wöchentliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden gewährt, ohne daß der Tarifvertrag die Anzahl der über 52 Wochen hinausgehenden Arbeitstage oder die Länge des jeweiligen Monats berücksichtige. Der Regelung des § 8 Abs. 5 MTV lasse sich als Richtschnur entnehmen, daß Teilzeitbeschäftigte weder schlechter noch besser als Vollbeschäftigte gestellt werden sollten. Gehe man aber nach der Berechnungsmethode der Klägerinnen vor, ergebe sich eine mit dem Tarifvertrag nicht in Einklang zu bringende Bevorzugung der Teilzeitbeschäftigten. Im übrigen lege der Tarifvertrag in § 2 Abs. 2 MTV selbst unmittelbar zwingend fest, daß dann, wenn die wöchentliche Arbeitszeit nicht gleichbleibend ist, auf einen Zeitraum von 52 Wochen abzustellen sei. Dieser Umrechnungsfaktor ergebe sich zudem aus § 3 Abs. 4 MTV. Im Einzelfall auftretende Ungenauigkeiten seien im Interesse der tarifgerechten Gleichbehandlung von teilzeitbeschäftigten und vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern in Kauf zu nehmen.

2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Nach § 8 Abs. 5 MTV haben Teilzeitbeschäftigte Anspruch auf ein monatliches Tarifentgelt, dessen Höhe dem Verhältnis ihrer vereinbarten Arbeitszeit zu der dem tariflichen Monatsentgelt eines Vollbeschäftigten zugrundeliegenden Arbeitszeit entspricht. Für die Berechnung der Vergütung der Teilzeitbeschäftigten kommt es deshalb maßgeblich darauf an, was unter „vereinbarter Arbeitszeit” zu verstehen und wie diese in Fällen, in denen keine konstante wöchentliche Arbeitszeit vorliegt, zu ermitteln ist. Dies ist durch Auslegung der Tarifnorm des § 8 Abs. 5 MTV festzustellen.

b) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts folgt die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften (§ 133 BGB). Der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien ist über den reinen Wortlaut hinaus mitzuberücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat (BAG Urteil vom 9. März 1983 – 4 AZR 61/80BAGE 42, 86, 89 = AP Nr. 128 zu § 1 TVG Auslegung; Urteil vom 12. September 1984 – 4 AZR 336/82BAGE 46, 308, 313 = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung; BAGE 40, 234). Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefern und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Läßt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, dann können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrages, ggf. auch eine praktische Tarifübung ergänzend heranziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. BAG Urteil vom 9. März 1983 – 4 AZR 61/80BAGE 42, 86, 89 = AP Nr. 128 zu § 1 TVG Auslegung; Urteil vom 20. April 1983 – 4 AZR 497/80 – BAGE 42, 244, 254 = AP Nr. 2 zu § 21 TVAL II; Urteil vom 12. September 1984 – 4 AZR 336/82BAGE 46, 308, 313 = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung).

3. Dem Wortlaut des § 8 Abs. 5 MTV ist nicht zu entnehmen, ob bei dem Vergleich der Arbeitszeit von Teilzeitbeschäftigten und der von Vollzeitbeschäftigten an die wöchentliche, monatliche oder jährliche Arbeitszeit anzuknüpfen ist. Jedoch gibt § 2 Abs. 2 BeschFG eine Legaldefinition des Begriffs „Teilzeitbeschäftigung”, die auch zur Auslegung des § 8 Abs. 5 MTV heranzuziehen ist. Nach dieser Definition ist Maßstab für die Feststellung einer Teilzeitbeschäftigung die regelmäßige Wochenarbeitszeit. Ist eine solche nicht vereinbart, ist die regelmäßige Arbeitszeit maßgeblich, die im Jahresdurchschnitt auf eine Woche entfällt. Die Zeitspanne der „regelmäßigen Wochenarbeitszeit” ist sowohl im Hinblick auf die Teilzeitbeschäftigung als auch ansonsten herkömmlicher Anhaltspunkt für tarifliche und einzelvertragliche Regelungen (Becker/Danne/Lang/Lipke/Mikosch/Steinwedel/Lipke, GK zum Teilzeitarbeitsrecht, Art. 1 § 2 BeschFG Rz 11). Daraus folgt, daß auch für die Berechnung der Vergütung nach § 8 Abs. 5 MTV grundsätzlich die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit Maßstab sein soll. Denn es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, daß die Tarifvertragsparteien insoweit von einem anderen Maßstab ausgehen wollten. Danach ist die Berechnung der monatlichen Vergütung des Teilzeitbeschäftigten dann unproblematisch, wenn dessen wöchentliche Arbeitszeit konstant ist und zur wöchentlichen Arbeitszeit Vollbeschäftigter in Bezug gesetzt werden kann. Dies ist aber dann nicht ohne weiteres möglich, wenn die wöchentliche Arbeitszeit der Teilzeitkraft aufgrund Einbeziehung der langen Samstage nicht gleichbleibend ist. Auch in derartigen Fällen ist unter Berücksichtigung des § 2 Abs. 2 Satz 2 BeschFG grundsätzlich auf die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit abzustellen und nicht etwa auf eine Jahresarbeitszeit. Diese durchschnittliche Wochenarbeitszeit kann jedoch dann nur durch Feststellung einer Jahresarbeitszeit sowie deren Umrechnung auf eine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit ermittelt werden, wenn – wie vorliegend – auch keine feste monatliche Arbeitszeit vereinbart worden ist. Wie diese Berechnung im einzelnen vorzunehmen ist und welche Umrechnungsfaktoren dafür maßgeblich sind, läßt sich jedoch weder aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 5 MTV noch aus einem Rückgriff auf § 2 Abs. 2 BeschFG entnehmen.

4. Es ist deshalb auf den tariflichen Gesamtzusammenhang und den von den Tarifvertragsparteien mit der Regelung des § 8 Abs. 5 MTV verfolgten Sinn und Zweck abzustellen. Die Heranziehung dieser Kriterien ergibt, daß die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit bezogen auf einen Zeitraum von 52 vollen Wochen im Jahr zu ermitteln ist.

a) Allerdings kann für dieses Auslegungsergebnis entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht die Regelung des § 3 Abs. 4 MTV herangezogen werden. Nach dieser Tarifnorm sind Mehrarbeitsstunden mit 1/167 des Monatsentgelts zu vergüten. Der MTV geht also davon aus, daß ein Vollbeschäftigter pro Monat durchschnittlich 167 Stunden arbeitet. Der Revision ist aber zuzugeben, daß sich der Faktor von 167 Stunden pro Monat nicht nur nach der von der Beklagten vorgenommenen Berechnungsweise, sondern auch unter Berücksichtigung der von den Klägerinnen vertretenen Ansicht ergibt. Nach § 3 Abs. 4 MTV sind deshalb beide Berechnungsweisen möglich.

b) Daß die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit der Teilzeitkräfte auf der Basis der vollen Wochen im Jahr zu ermitteln ist, ergibt sich aber unter Berücksichtigung von § 2 MTV. Dem monatlichen Entgelt von Vollbeschäftigten liegt nach § 2 Abs. 1 MTV eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden zugrunde. In § 2 Abs. 2 MTV wird eine von diesem Grundsatz abweichende systematische Einteilung dieser regelmäßigen Arbeitszeit, insbesondere auch Mehr- oder Minderarbeit in einer Woche, zugelassen, wenn innerhalb eines Zeitraums von 52 Wochen die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden nicht überschritten wird. § 2 Abs. 2 MTV bezieht sich zwar ausdrücklich nur auf den Bereich der Verteilung der Arbeitszeit. Aus dieser Bestimmung läßt sich aber der allgemeine Grundsatz entnehmen, daß in Fällen der wechselnden wöchentlichen Arbeitszeit die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit auf der Basis von 52 Wochen zu ermitteln ist. Auf diesen Zeitraum haben die Tarifvertragsparteien in § 2 Abs. 2 MTV ausdrücklich abgestellt. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, daß die Tarifvertragsparteien in Fällen wechselnder wöchentlicher Arbeitszeit zwar für die Verteilung der Arbeitszeit einen Maßstab von 52 Wochen zugrunde gelegt, für andere Bereiche wie z.B. die Vergütung jedoch eine andere Berechnungsgrundlage vorgesehen haben. Insbesondere für den Berechnungsansatz der Revision, wonach von einem Durchschnittswert von 365,25 Tagen bzw. 52,17 Wochen auszugehen ist, finden sich keine Hinweise im Tarifvertrag. Darüber hinaus ist kein sachlicher Grund ersichtlich, diese für Vollbeschäftigung geltende Regelung nicht auch für Teilzeitbeschäftigte anzuwenden und insoweit von einem anderen als einem Zeitraum von 52 Wochen auszugehen.

c) Die Übertragbarkeit des in § 2 Abs. 2 MTV zugrunde gelegten Maß Stabs von 52 Wochen auch auf die Vergütungsberechnung nach § 8 Abs. 5 MTV ergibt sich zudem aus dem von den Tarifvertragsparteien mit der Regelung des § 8 Abs. 5 MTV verfolgten Sinn und Zweck. Diese tarifliche Bestimmung setzt das in § 2 Abs. 1 BeschFG normierte Verbot der Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten für den konkreten Bereich der Entgeltzahlung um. In Ausgestaltung dieses Gleichbehandlungsgrundsatzes haben die Tarifvertragsparteien bestimmt, die Vergütung teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer dürfe nur entsprechend ihrer verringerten Arbeitszeit gegenüber dem Entgelt vollbeschäftigter Arbeitnehmer gekürzt werden. Damit stellt § 8 Abs. 5 MTV den Grundsatz auf. Teilzeitkräfte und Vollbeschäftigte seien gleich zu behandeln und die Höhe der Vergütung dürfe lediglich nach dem unterschiedlichen Umfang der Arbeitszeit differenziert werden. Dieser Grundsatz bestätigt zunächst, daß für die Berechnung der Vergütung von Teilzeitbeschäftigten wie bei Vollbeschäftigten die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit maßgeblich ist. Aus ihm folgt aber weiter, daß für die Berechnung dieser Wochenarbeitszeit der Maßstab von 52 Wochen heranzuziehen ist. Denn vollbeschäftigte Arbeitnehmer erhalten nach § 8 Abs. 1 MTV in Verbindung mit dem Gehalts- und Lohntarifvertrag für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen eine Vergütung entsprechend der von ihnen tatsächlich verrichteten Tätigkeit unter Berücksichtigung etwaiger Berufs- bzw. Tätigkeitsjahre. Die Vergütung Vollbeschäftigter erfolgt damit nicht unter Berücksichtigung der konkret geleisteten Stunden, sondern auf der Basis einer im Durchschnitt von 52 Wochen gewährleisteten 38,5-Stunden-Woche. Diese pauschale Berechnungsweise gewährleistet die Zahlung eines gleichbleibenden Monatsgehalts unabhängig davon, wie viele Arbeitstage der jeweilige Monat bzw. das jeweilige Jahr haben (vgl. BAG Urteil vom 28. Februar 1975 – 5 AZR 213/74 – AP Nr. 1 zu § 628 BGB Teilvergütung, unter 3 der Gründe; Müller, NZA 1990, 769, 770 m.w.N.). Dieses Prinzip des „festen Monatsgehalts” muß nach der Zielrichtung des § 8 Abs. 5 MTV gleichermaßen für Teilzeitbeschäftigte gelten. Für deren Vergütung kann deshalb nicht an die konkret geleistete Stundenzahl angeknüpft werden.

Gegen eine derartige individuelle Berechnung spricht auch die Tarifgeschichte. Während in dem ab 1. Januar 1977 geltenden MTV in § 8 Abs. 7 noch eine Vergütung der Teilzeitbeschäftigten nach der Anzahl der konkret geleisteten Stunden vorgesehen war, wurde diese Regelung bereits in dem ab 1. Januar 1981 geltenden MTV aufgegeben und durch die noch im Klagezeitraum wortgleiche Bestimmung des § 8 Abs. 5 ersetzt. Aus dem in § 8 Abs. 5 MTV festgelegten Gleichbehandlungsgrundsatz für den Bereich der Vergütung folgt also, daß auch bei Teilzeitbeschäftigten die Berechnung der Vergütung pauschal auf der Basis der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit ohne Berücksichtigung der konkreten Arbeitstage des jeweiligen Monats bzw. Jahres zu erfolgen hat. Aus dem Gleichbehandlungsgebot folgt aber auch, daß bei Teilzeitbeschäftigten an den für den Fall der Vollbeschäftigung in § 2 Abs. 2 MTV niedergelegten Maßstab von 52 Wochen anzuknüpfen ist. Daß dieser sich ausdrücklich nur auf die Arbeitszeitverteilung beziehende Maßstab mangels entgegenstehender Anhaltspunkte auch für andere Bereiche, in denen es auf den Umfang der wöchentlichen Arbeitszeit ankommt, Anwendung findet, wurde bereits dargelegt. Im übrigen ist auch bei Vollbeschäftigten zeitlicher Maßstab für die Höhe der Vergütung ausschließlich eine wöchentliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden, die im Zeitraum von 52 Wochen gewährleistet sein muß. Auch hier wirkt es sich also auf die Höhe der monatlichen Vergütung nicht aus, wenn an einem oder an zwei über 52 Wochen hinausgehenden Arbeitstagen im Jahr eine Arbeitsleistung erbracht wird. Gleiches muß deshalb auch für Teilzeitkräfte gelten. Soweit die Revision davon ausgeht, daß dieser Umstand von den Tarifvertragsparteien bereits bei der Festsetzung der Vergütungshöhe für Vollbeschäftigte einkalkuliert werde, steht dies der hier vertretenen Ansicht nicht entgegen. Dies wirkt sich dann auch auf die Höhe der Vergütung von Teilzeitkräften aus, die entsprechend ihrer Arbeitszeit anteilig an den tariflichen Leistungen beteiligt werden.

5. Nur eine Berechnung auf der Grundlage von 52 Wochen entspricht somit der Systematik des Tarifvertrages und gewährleistet vor allem die von § 8 Abs. 5 MTV bezweckte Gleichstellung von Teilzeitbeschäftigten und Vollbeschäftigten in vergütungsrechtlicher Hinsicht. Es ist der Revision zwar zuzugeben, daß eine pauschale Berechnung auf der Grundlage der vollen Wochen des Jahres gewisse Ungenauigkeiten mit sich bringt, die durch das Abstellen auf einen Durchschnittswert vermieden werden könnten.

Dies kann indessen nicht dazu führen, daß eine andere als die von den Tarifvertragsparteien erkennbar gewollte Umrechnungsmethode zugrunde zu legen ist. Die Tarifvertragsparteien haben ausdrücklich einen Maßstab von 52 vollen Wochen gewählt. Sie haben insoweit gerade nicht auf den Begriff des „Jahresdurchschnitts” abgestellt, wie dies teilweise in Tarifverträgen des Einzelhandels in anderen Bundesländern geschehen ist (z.B. in § 2 Abs. 2 des MTV für den hessischen Einzelhandel). Allenfalls dann könnte unter Umständen ein anderer Umrechnungsmaßstab vertretbar sein. Vorliegend haben die Tarifvertragsparteien jedoch ausdrücklich einen Zeitraum von 52 Wochen zugrunde gelegt, so daß sich daraus eventuell ergebende Ungenauigkeiten hinzunehmen sind. Darüber hinaus handelt es sich bei der Größe von 52 Wochen lediglich um eine Abrundung des von der Revision errechneten Durchschnittswertes, der eine praktikablere Handhabung und Berechnung ermöglichen soll. Die getroffene Auslegung führt damit auch zu einer vernünftigen, gerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung.

IV. Nach alledem hat die Beklagte zutreffend auf der Grundlage von 52 Wochen die Arbeitszeit der Klägerinnen ermittelt und entsprechend vergütet. Soweit sie bei der Berechnung der monatlichen Vergütung sogleich die monatliche Arbeitszeit errechnet und diese mit dem sich aus der monatlichen Arbeitszeit vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer (nach § 3 Abs. 4 MTV: 167 Stunden) ergebenden Stundensatz von 13,26 DM vergütet hat, begegnet diese Vorgehensweise keinen Bedenken. Sie führt zum gleichen Ergebnis, das sich aus einer Berechnung über die wöchentliche Arbeitszeit ergeben hätte.

Ansprüche der Klägerinnen auf Zahlung der jeweils geltend gemachten Differenzbeträge bestehen mithin nicht.

V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Schaub, Dr. Freitag, Schneider, Dr. Börner, Pahle

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1073620

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