Entscheidungsstichwort (Thema)

Abmahnung

 

Orientierungssatz

Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte.

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Entscheidung vom 09.12.1992; Aktenzeichen 11 Sa 716/92)

ArbG Aachen (Entscheidung vom 18.02.1992; Aktenzeichen 6 Ca 1612/91)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob das beklagte Land eine dem Kläger mit Schreiben vom 14. Juni 1991 erteilte Abmahnung aus dessen Personalakten entfernen muß.

Der Kläger ist diplomierter Sozialarbeiter. Er ist seit dem 1. Juli 1972 beim beklagten Land als hauptamtlicher Bewährungshelfer für den Landgerichtsbezirk Aachen angestellt. Er erhält Bezüge nach der Vergütungsgruppe IV a der Anlage 1 a zum BAT.

Durch Beschluß der 5. Großen Strafkammer des Landgerichts Aachen vom 18. Mai 1990 wurde der Verurteilte Otto Ulrich W. unter die Bewährungsaufsicht und -leitung des Klägers gestellt. Der erheblich vorbestrafte Verurteilte war wegen Vollrausches zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt, verurteilt worden. Der Verurteilte war u. a. zuvor von verschiedenen Amtsgerichten wegen des Erschleichens von Leistungen durch Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel, ohne im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis zu sein, zu Geld- bzw. einer Freiheitsstrafe verurteilt worden. Er hat aufgrund eines Unfalls das linke Bein verloren und trägt seitdem eine Beinprothese. Zur Fortbewegung muß er sich einer Gehhilfe (Krücke oder Stock) bedienen.

Mit Schreiben vom 17. Juli 1990 schlug der Kläger der 5. Großen Strafkammer als dem fachaufsichtführenden Gericht eine mit dem Verurteilten bereits besprochene Betreuungsregelung vor. Darin heißt es u. a.:

"Meinen Hilfsauftrag führe ich so aus, daß ich es

der selbständigen und selbstverantwortlichen Ent-

scheidung des Verurteilten überlasse, ob er mein

Beratungs- und Hilfsangebot in Anspruch nimmt

oder nicht.

Sollte der Verurteilte auf mein Hilfs- und Bera-

tungsangebot nicht eingehen, bleibt mein Angebot

selbstverständlich als mein zentrales Betreuungs-

anliegen weiter bestehen, und der Verurteilte hat

jederzeit die Möglichkeit, es freiwillig und in

dem von ihm gewünschten Maß in Anspruch zu neh-

men.

..."

Weiter teilte der Kläger der Strafkammer mit, er werde in Zeitabständen von etwa zwei Monaten Kontakt zu dem Verurteilten herstellen, um die Einhaltung der gerichtlichen Auflagen oder Abweichungen zu überprüfen bzw. grobe und beharrliche Verstöße festzustellen. Die Kammer widersprach der vom Kläger vorgeschlagenen Betreuungsregelung mit Schreiben vom 27. August 1990. Zur Begründung führte sie u. a. aus, die Vorstellungen des Klägers bedeuteten, daß eine echte, dem Sinn der Bewährungsaufsicht entsprechende Betreuung und Unterstützung des Verurteilten nicht stattfinde. Angesichts der labilen Persönlichkeit des Verurteilten dürfe der dem Kläger erteilte Hilfsauftrag nicht der Entscheidung des Verurteilten überlassen werden. Charakteristisch für dessen gleichgültige Einstellung sei, daß es immer wieder zu Verurteilungen wegen Beförderungserschleichung komme, obwohl er als Beinprothesenträger einen Schwerbehindertenausweis, der ihn zur unentgeltlichen Benutzung von Verkehrsmitteln berechtige, beantragen könne. Es erscheine daher unerläßlich, den Verurteilten nachhaltig zur Antragstellung zu drängen und dies zu überprüfen. Zwar wolle die Kammer dem Kläger nicht die Art und Weise der Betreuung im einzelnen vorschreiben, sie erwarte aber, daß er seine Tätigkeit nicht auf die bloße Aufrechterhaltung eines abstrakten Hilfs- und Beratungsangebots beschränke, dessen Inanspruchnahme durch den Verurteilten kaum zu erwarten sei.

Mit Schreiben vom 25. September 1990 wiederholte der Kläger gegenüber der Strafkammer seinen Standpunkt. Die von ihm vorgeschlagene Betreuungsregelung sei geeignet, eine sachgerechte und gesetzesgemäße Betreuung durchzuführen. Wegen der anderen Auffassung der Strafkammer sei der in § 56 d Abs. 3 StGB vorgeschriebene Zustand des Einvernehmens zwischen Kammer und Bewährungshelfer nicht gegeben und wohl auch nicht erreichbar. Er beantrage aufgrund dessen, ihm im Sinne des § 56 d Abs. 4 StGB konkrete und präzise Anweisungen zu erteilen. Anderenfalls beantrage er die Bestellung eines anderen Bewährungshelfers. Die Strafkammer wies den Kläger mit Schreiben vom 26. Oktober 1990 darauf hin, daß sich die einzelnen erforderlichen Tätigkeiten im Rahmen der Bewährungsaufsicht in erster Linie aus der konkreten Situation ergeben müßten. Sie könnten daher nur bedingt "vom grünen Tisch" festgelegt werden. Unerläßlich sei die Hilfe gegenüber dem Verurteilten bei der Beschaffung einer Unterkunft, in der er möglichst wenig Kontakt zu anderen Alkoholabhängigen habe. Daneben sei zu überlegen, ob ihm die Möglichkeit einer Therapie gegeben werden solle. Auch sei er anzuhalten, einen Antrag auf Erteilung eines Schwerbehindertenausweises zu stellen. Notfalls sei er zu der zuständigen Behörde zu begleiten. Der Kläger nahm hierzu gegenüber der Strafkammer mit Schreiben vom 22. November 1990 Stellung. Von Seiten der Kammer seien ihm keine konkretisierten und präzisierten Anweisungen für die Durchführung einer auflagen- und weisungsbezogenen Überwachungstätigkeit erteilt worden. Er sehe daher keinen Anlaß, seine sach- und gesetzesgemäße Betreuungskonzeption und -praxis zu ändern.

In einem Bericht vom 16. Januar 1991, in dem der Kläger der Strafkammer u. a. die Wohnungssituation des Verurteilten mitteilte, heißt es zuletzt:

"Die beschlußgemäßen Kontakt- und Informations-

pflichten werden von dem Verurteilten erfüllt."

Diese Angabe war der Strafkammer zu pauschal. Sie bat den Kläger daher mit Schreiben vom 7. März 1991 anzugeben, wann und in welcher Weise Kontakt mit dem Verurteilten bestanden habe. Auch habe der Verurteilte bisher keine Bemühungen unternommen, einen Behindertenausweis zu erhalten. Der Kläger antwortete mit Schreiben vom 21. März 1991, daß seit Beginn des Bewährungsverfahrens in Abständen von etwa vier Wochen in telefonischer und persönlicher Form Kontakte mit dem Verurteilten zweckgebunden im Sinne des in seinem Schreiben vom 22. November 1990 dargestellten Betreuungskonzepts stattgefunden hätten. Der Verurteilte habe seit längerer Zeit zu einer Sozialarbeiterin eines Nichtseßhaften - Cafes und einem Sozialarbeiter der "Streetworker" Kontakt. Mit diesen Fachkräften arbeite er als Bewährungshelfer zusammen. Der Verurteilte habe in Absprache mit dem zuständigen Streetworker am 20. März 1991 beim Versorgungsamt die Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises beantragt.

Der Antrag auf Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft ging am 21. März 1991 beim Versorgungsamt Aachen ein. Mit Schreiben vom 26. März 1991 beantragte der Kläger beim Vorstand des Vereins Förderer der Bewährungshilfe die Übernahme der Kosten für die Anschaffung einer Busfahrkarte für die Monate April, Mai und Juni 1991. Der Verein gewährte antragsgemäß die entsprechende Zahlung.

Die Strafkammer rügte gegenüber dem Kläger nach Einsichtnahme in die Betreuungsakte mit Schreiben vom 17. April 1991, daß dort eine Anzahl von handschriftlich gefertigten Schriftstücken eingeheftet sei, deren Inhalt in den Berichten größtenteils nicht mitgeteilt worden sei. Zudem enthielten die Schreiben des Klägers keine konkreten Angaben über seine Tätigkeit, sondern erschöpften sich im wesentlichen in pauschalen Formulierungen. Es werde auch nicht für richtig gehalten, daß der Kläger den persönlichen Kontakt zu dem Verurteilten in weitem Umfang Sozialarbeitern des Cafes "Plattform" und einem "Streetworker" überlassen habe. Dies sei eine unzulässige Übertragung der Bewährungsaufsicht auf Personen, auf deren Tätigkeit das Gericht keinen Einfluß habe. Im nächsten Bericht bis zum 3. Juni 1991 erwarte die Kammer die Darstellung seiner Betreuungstätigkeit und etwaiger Erfolge konkret und im einzelnen. Dem widersprach der Kläger mit Schreiben vom 23. April 1991. Die Art und Weise seiner Berichterstattung und seiner Tätigkeit entspreche den Vorschriften des § 56 d Abs. 3 StGB. Das Gericht habe die Möglichkeit, von seinem Recht auf jederzeitige Akteneinsicht Gebrauch zu machen. Aufgrund seiner Rechtsauffassung und seiner Berufsüberzeugung sehe er damit keinen verfahrensmäßigen Anlaß, die Art und Weise seiner Berufsausübung, d. h., seine sach- und gesetzesgemäße Hilfs-, Aufsichts- und Berichtstätigkeit zu ändern.

Durch Beschluß vom 15. Mai 1991 ordnete die Strafkammer dem Verurteilten anstelle des Klägers einen anderen Bewährungshelfer bei. Der Präsident des Landgerichts Aachen hörte den Personalrat zu der beabsichtigten Abmahnung des Klägers an. Der Personalrat äußerte mit Schreiben vom 12. Juni 1991 Bedenken. Mit Schreiben vom 14. Juni 1991 mahnte der Präsident des Landgerichts den Kläger wegen schwerwiegender Pflichtverletzungen in der Bewährungssache W. ab. Gerügt wurde im einzelnen, der Kläger habe die Bewährungshilfe entgegen § 56 d Abs. 3 Satz 1 StGB auf ein abstraktes Hilfs- und Beratungsangebot beschränkt. Die Ausübung der ihm obliegenden Betreuung habe er entgegen § 56 d Abs. 3 Satz 1 StGB anderen Personen überlassen. Seine Berichte an das fachaufsichtführende Gericht hätten sich im wesentlichen auf pauschale und nichtssagende Formulierungen beschränkt. Er habe entgegen § 56 d Abs. 3 Satz 3 StGB keine konkreten und nachvollziehbaren Angaben über die Lebensführung des Verurteilten sowie Art und Erfolge der Betreuungstätigkeit gemacht. In der Betreuungsakte habe er die Aufzeichnungen über die Betreuungstätigkeit, Gespräche und Telefonate ohne konkrete und nachvollziehbare Angaben gefertigt.

Der Kläger nahm zu den in der Abmahnung erhobenen Vorwürfen mit Schreiben vom 3. Juli 1991 Stellung. Daraufhin teilte ihm der Präsident des Landgerichts mit Schreiben unter dem 17. Juli 1991 mit, er sehe keinen Anlaß, den Inhalt der Abmahnung zu ändern oder davon abzusehen, diese zu den Personalakten des Klägers zu nehmen. Er habe die Abmahnung, die Stellungnahme des Personalrates sowie die Äußerungen des Klägers zu den Personalakten genommen.

In einem anderen Bewährungsverfahren hatte das fachaufsichtführende Gericht dem Betreuungskonzept des Klägers ebenfalls widersprochen und unter dem 23. Mai 1991 beim Präsidenten des Landgerichts Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Kläger erhoben. Nachdem der Kläger seine Bewährungskonzeption daraufhin zurückgezogen hatte, erklärte ihm der Präsident des Landgerichts mit Schreiben vom 11. Juli 1991, er betrachte die Angelegenheit damit als erledigt. Dies ergebe sich insbesondere aufgrund des Umstands, daß der Kläger erklärt habe, er werde in künftigen Verfahren jede Entscheidung und Weisung des zuständigen fachaufsichtführenden Gerichts beachten. Zu einer grundsätzlichen fachlichen Auseinandersetzung mit dem vom Kläger vorgelegten Bewährungsplan sehe er im Rahmen der ihm obliegenden Dienstaufsicht keinen Anlaß.

Der Kläger ist der Auffassung, eine Verletzung seiner Pflichten als Bewährungshelfer könne ihm nicht vorgeworfen werden. Die Abmahnung sei daher aus der Personalakte zu entfernen. Seine Betreuungskonzeption entspreche im Hinblick auf die Hilfsaufgaben des Bewährungshelfers der gesetzlichen Konzeption. Der Bewährungshelfer habe gegenüber dem Verurteilten kein Anweisungsrecht. Hieraus werde im Zusammenhang mit der Entstehungsgeschichte des § 56 d StGB deutlich, daß die Tätigkeit des Bewährungshelfers im Bereich der Hilfe immer nur ein Angebot sein könne. Hielte das fachaufsichtführende Gericht eine bestimmte Handlung des Verurteilten für unerläßlich, wie hier die Erlangung eines Schwerbehindertenausweises, möge es eine entsprechende Weisung nach § 56 c StGB erteilen. Sein Betreuungskonzept verfolge die Absicht und den Zweck, die leidvolle Tradition der Behandlung des Verurteilten als Objekt durch Träger privater oder staatlicher Gewalt zu beenden.

Es stelle auch keine Dienstpflichtverletzung dar, daß der Verurteilte es vorgezogen habe, statt mit ihm mit einer anderen Person seines Vertrauens das Versorgungsamt aufzusuchen. Der Vorwurf, er habe die ihm obliegende Betreuung auf andere Personen übertragen, sei daher unrichtig. Zudem habe er selbst aktiv auf diesen Antrag hingewirkt.

Entgegen der Auffassung des beklagten Landes habe er in seinen Berichten konkrete Angaben über die Lebensführung des Verurteilten gemacht. Es sei nicht Dienstpflicht des Bewährungshelfers, seine Betreuungstätigkeit konkret und im einzelnen darzustellen. Der Kläger verweist insoweit auf seine Berichte vom 17. Juli 1990, 8. und 19. Februar 1991 sowie 21. März 1991. Er müsse gemäß § 56 d Abs. 3 Satz 3 StGB nicht über alles berichten, sondern nur über das, was einen unmittelbaren Zusammenhang mit der Strafaussetzung zur Bewährung habe. Er habe auch im Rahmen seiner Berichts- und Mitteilungspflichten gestaltungsfreie Räume.

Auch das Führen der Betreuungsakte sei nicht zu beanstanden. Die Geschäftsanweisung für die hauptamtlichen Bewährungshelfer vom 11. März 1981 enthalte keinerlei Anweisungen über den Umfang seiner Aufzeichnungspflicht. Es habe in seinen annähernd 20 Berufsjahren nicht in einem einzigen Falle deshalb dienstliche Schwierigkeiten im Vertretungsfalle oder bei der Abgabe der Betreuung an einen Nachfolger gegeben. Im übrigen sei er im Hinblick auf § 203 StGB berechtigt, die Herausgabe ohne ausdrückliche Einwilligung des Verurteilten an einen anderen Bewährungshelfer zu verweigern, solange diese Geheimnisse enthalte, die nicht gemäß § 56 d StGB berichtspflichtig seien. Dies beziehe sich insbesondere auf die persönlichen Daten Dritter.

Der Kläger hat beantragt,

das beklagte Land zu verurteilen, die Abmahnung

vom 14. Juni 1991 ersatzlos aus seiner Personal-

akte zu entfernen.

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat vorgetragen, der Kläger habe keinen Anspruch auf Entfernung der Abmahnung aus den Personalakten. Die vom Kläger beanstandete Abmahnung sei rechtmäßig und inhaltlich richtig. Der Kläger habe trotz Widerspruchs des fachaufsichtführenden Gerichts an seiner vorgeschlagenen Betreuungsregelung festgehalten. Sein Vorschlag entspreche nicht seinen gesetzlichen Betreuungspflichten. Der gesetzliche Auftrag nach § 56 d Abs. 3 Satz 1 StGB umfasse die fürsorgerische Betreuung, Lebenshilfe und Resozialisierung und nicht nur ein bloßes abstraktes Angebot des Bewährungshelfers. Der Kläger habe auch die Weisung des fachaufsichtführenden Gerichts, die Bewährungsaufsicht nicht auf Personen zu übertragen, auf deren Tätigkeit es keinen Einfluß nehmen könne, nicht befolgt. Es gehe nicht an, den persönlichen Kontakt zwischen Bewährungshelfer und Verurteiltem anderen, nicht zu Bewährungshelfern bestellten Sozialarbeitern zu überlassen. Der Kläger sei auch seiner Pflicht zur Berichterstattung gegenüber dem fachaufsichtführenden Gericht nicht pflichtgemäß nachgekommen. Er habe die Weisung des Gerichts, konkret anzugeben, wann und in welcher Weise Kontakt zu dem Verurteilten bestanden habe, nicht erfüllt. Er habe es vielmehr mit Schreiben vom 23. April 1991 ausdrücklich abgelehnt, die Art und Weise seiner Berichterstattung zu ändern. Die Anweisung des fachaufsichtführenden Gerichts zur Berichterstattung sei rechtmäßig gewesen. Gemäß § 56 d Abs. 3 Satz 3 StGB sei der Bewährungshelfer verpflichtet, über die Lebensführung des Verurteilten zu berichten. Die Berichte sollten dem fachaufsichtführenden Gericht die Entscheidung darüber ermöglichen, ob es Maßnahmen nach den §§ 56 e oder 56 f StGB zu ergreifen habe. Sie müßten daher Aufschluß über die Betreuungstätigkeit des Bewährungshelfers und die hierdurch erzielten Erfolge beim Verurteilten geben. Erst recht ergebe sich diese Berichtspflicht, wenn das fachaufsichtführende Gericht den Bewährungshelfer ausdrücklich zur entsprechenden Berichterstattung auffordere.

Weiter habe der Kläger seine konkrete Arbeit pflichtwidrig in der Betreuungsakte des Verurteilten nur unvollständig, ohne Einzelheiten oder nachvollziehbare Angaben lediglich stichwortartig skizziert. Seine Vermerke seien daher für einen möglichen Vertreter oder Nachfolger wertlos, da sie es diesem nicht ermöglichten, sich einen Überblick über die bisherigen Betreuungsmaßnahmen zu verschaffen und die Betreuung sinnvoll und kontinuierlich fortzusetzen. Die Betreuungsakte könne ebensowenig dem fachaufsichtführenden Gericht oder der Staatsanwaltschaft bei Einsichtnahme einen zuverlässigen Eindruck über den Bewährungsverlauf vermitteln. Zudem fertige der Kläger seine Vermerke in der Regel entgegen der gängigen Praxis bei den Bewährungshelfern nur handschriftlich.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des beklagten Landes hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Dagegen richtet sich die Revision, mit der der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils verfolgt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage auf Entfernung der Abmahnung aus den Personalakten des Klägers zu Recht abgewiesen. Es hat die Abmahnung zutreffend als berechtigt angesehen.

I. Hinsichtlich der Anspruchsgrundlage ist das Landesarbeitsgericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts davon ausgegangen, daß dem Arbeitnehmer grundsätzlich ein Anspruch darauf zusteht, eine zu Unrecht erteilte schriftliche Abmahnung aus den Personalakten entfernen zu lassen (vgl. nur Senatsurteil vom 27. November 1985 BAGE 50, 202, 206, 208 = AP Nr. 93 zu § 611 BGB Fürsorgepflicht, zu I 2, 4 der Gründe; BAG Urteil vom 15. Juli 1992 - 7 AZR 466/91 - AP Nr. 9 zu § 611 BGB Abmahnung, zu 1 der Gründe, mit weiteren Nachweisen).

II.1. Das Schreiben des beklagten Landes vom 14. Juni 1991 stellt eine Abmahnung dar. Durch eine Abmahnung weist der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auf dessen vertragliche Pflichten hin und macht ihn auf eine Verletzung dieser Pflicht aufmerksam. Zugleich fordert er ihn für die Zukunft zu einem vertragsgemäßen Verhalten auf und droht für den Fall erneuter Pflichtverletzung individualrechtliche Konsequenzen, insbesondere eine Kündigung an (BAG Urteil vom 15. Juli 1992 - 7 AZR 466/91 -, aaO, zu 1 der Gründe, m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Der Präsident des Landgerichts hat gegenüber dem Kläger insgesamt vier Pflichtverletzungen als Bewährungshelfer gerügt und im Falle erneuter Dienstpflichtverletzungen eine fristlose Kündigung angedroht.

2. Die Abmahnung des beklagten Landes ist formell ordnungsgemäß erfolgt.

a) Der Präsident des Landgerichts war für den Ausspruch der Abmahnung zuständig. Zur Abmahnung berechtigt sind die Vorgesetzten, die verbindliche Anweisungen hinsichtlich des Ortes, der Zeit sowie der Art und Weise der arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung erteilen können (Senatsurteil vom 8. Februar 1989 - 5 AZR 47/88 - ZTR 1989, 314, zu II der Gründe). Nach § 4 Abs. 1 des Gesetzes über die Bewährungshelfer in der Fassung vom 2. Februar 1968 (GVBl. NW 1968, 26, 27) untersteht der hauptamtliche Bewährungshelfer der Dienstaufsicht des Landgerichtspräsidenten.

b) Dem Personalrat ist gemäß § 74 LPVG NW vor Ausspruch der Abmahnung Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.

c) Der Kläger ist vor Aufnahme der Abmahnung in seine Personalakten gehört worden. Damit kommt auch ein Verstoß gegen § 13 Abs. 2 BAT nicht in Betracht.

III. Die Abmahnung ist dem Kläger inhaltlich zu Recht erteilt worden.

1. Ein Arbeitnehmer kann verlangen, daß der Arbeitgeber eine mißbilligende Äußerung aus den Personalakten entfernt, wenn diese unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält, welche ihn in seiner Rechtsstellung und in seinem beruflichen Fortkommen beeinträchtigen können. Dies ergibt sich aus der allgemeinen Fürsorgepflicht des Arbeitgebers (BAGE 50, 202, 206 f. = AP Nr. 93 zu § 611 BGB Fürsorgepflicht, zu I 3 a der Gründe; Senatsurteil vom 5. August 1992 - 5 AZR 531/91 - AP Nr. 8 zu § 611 BGB Abmahnung, zu 1 der Gründe). Für die Frage, ob eine Abmahnung zu Recht erfolgt ist, kommt es allein darauf an, ob der erhobene Vorwurf objektiv gerechtfertigt ist (BAGE 38, 207, 211 = AP Nr. 74 zu Art. 9 GG Arbeitskampf, zu I 1 der Gründe; BAGE 50, 202, 207 = AP, aaO, zu I 3 b der Gründe). Die dem Kläger erteilte Abmahnung enthält jedoch keine unrichtigen Tatsachenbehauptungen.

Dem Landesarbeitsgericht ist weiter darin beizupflichten, daß die im Abmahnungsschreiben erhobenen Vorwürfe objektiv gerechtfertigt sind.

2.a) Der Präsident des Landgerichts hat dem Kläger zu Recht vorgeworfen, er habe es wiederholt abgelehnt, Anweisungen des fachaufsichtführenden Gerichts zu beachten, seine Bewährungshilfe nicht auf ein abstraktes Hilfs- und Beratungsangebot zu beschränken.

aa) Entgegen der Auffassung der Revision schließt das Weisungsrecht des fachaufsichtführenden Gerichts gegenüber dem Bewährungshelfer gemäß § 56 d Abs. 4 Satz 2 StGB auch den Bereich der Hilfe und Betreuung ein und beschränkt sich nicht nur auf die Kontrolle der Erfüllung von Auflagen und Weisungen sowie der Anerbieten und Zusagen im Sinne des § 56 d Abs. 3 Satz 2 StGB. Dies ergibt sich bereits aus dem Gesetzeswortlaut. Nach § 56 d Abs. 4 Satz 2 StGB erstreckt sich das Weisungsrecht des Gerichts auf die Tätigkeit des Bewährungshelfers nach Abs. 3 dieser Vorschrift. Nach § 56 d Abs. 3 Satz 1 StGB gehört es aber auch zu den Aufgaben des Bewährungshelfers, dem Verurteilten helfend und betreuend zur Seite zu stehen. Das Gesetz beschränkt das Anweisungsrecht des Gerichts gegenüber dem Bewährungshelfer damit nicht auf die Überwachungspflichten nach § 56 d Abs. 3 Satz 2 StGB. Der Bewährungshelfer unterliegt bei seiner Arbeit den Weisungen des Gerichts und hat als dessen Beauftragter sein Amt zu führen (Schönke/Schröder/Stree, StGB, 23. Aufl., § 56 d Rz 5; Lackner, StGB, 19. Aufl., § 56 d Rz 5; Dreher/Tröndle, StGB, 44. Aufl., § 56 d Rz 4).

Diese Bindung des Bewährungshelfers an die Weisungen des Gerichts ergibt sich aus Sinn und Zweck der Bewährungshilfe. Die Unterstellung des Verurteilten unter die Aufsicht und Leitung eines Bewährungshelfers stellt neben den Weisungen des § 56 c StGB einen Sonderfall der Weisung dar (vgl. Dreher/Tröndle, aaO, § 56 c Rz 1; BVerfG Beschluß vom 10. August 1993 - 2 BvR 610/91 - zu B II 1 a der Gründe, nicht amtlich veröffentlicht). Dies ergibt sich auch aus § 56 f Abs. 2 Ziff. 1 StGB, wonach das Gericht anstelle eines Widerrufs der Strafaussetzung zur Bewährung weitere Auflagen und Weisungen erteilen kann, "namentlich dem Verurteilten einem Bewährungshelfer zu unterstellen". Die Weisungen der §§ 56 ff. StGB (vor allem der §§ 56 c und 56 d StGB) muß das Gericht für die Dauer der Bewährungszeit des § 56 a StGB erteilen, wenn nur mit deren Hilfe eine günstige Sozialprognose gestellt werden kann (Dreher/Tröndle, aaO, § 56 c Rz 1). Es handelt sich um richterliche Ge- und Verbote, die dem Zweck dienen sollen, dem Verurteilten bei seinen Bemühungen zu helfen, keine Straftaten mehr zu begehen (Gribbohm, in: Leipziger Kommentar zum StGB, 11. Aufl., § 56 c Rz 1). Das Gericht selbst hat daher durch Weisungen mit dem Ziel der Resozialisierung Einfluß auf die Lebensführung des Verurteilten zu nehmen. Es entspricht der richterlichen Fürsorgepflicht, die Hilfen der §§ 56 ff. StGB einzusetzen (BGH Beschluß vom 18. Juni 1991 - 5 StR 217/91 - NJW 1991, 3289, 3290).

Diese Fürsorgepflicht wird durch die Bestellung eines Bewährungshelfers nicht aufgehoben. Das Gericht bedient sich zu seiner Aufgabenerfüllung des Bewährungshelfers, woraus sich sein umfassendes Weisungsrecht ergibt. Der Kläger kann sich für seine abweichende Rechtsansicht nicht darauf berufen, das Gericht könne dem Verurteilten direkt Weisungen erteilen, deren Erfüllung der Bewährungshelfer dann zu überwachen habe. Zwar hat das Gericht nach § 56 e i. V. mit § 56 c StGB die Möglichkeit, nachträglich durch Weisungen auf die Lebensführung des Verurteilten Einfluß zu nehmen. Es kann nach § 56 c Abs. 4 StGB davon aber absehen, wenn aufgrund von Zusagen des Verurteilten eine entsprechende Lebensführung zu erwarten ist. Gerade durch die Bewährungshilfe können durch Einwirkung auf den Verurteilten solche Zusagen und deren Einhaltung herbeigeführt werden. Hierzu muß das Gericht dem Bewährungshelfer für seine Betreuungstätigkeit aber Anweisungen erteilen können. Diese Auslegung wird durch § 4 Abs. 2 BewhG NW unterstützt, wonach das Gericht dem Bewährungshelfer für seine Tätigkeit u. a. auch nach § 56 d StGB Anweisungen erteilen kann.

bb) Der Kläger hat nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts entgegen mehrfacher Weisungen der Strafkammer an seinem Konzept der Beschränkung seiner Tätigkeit auf ein abstraktes Hilfs- und Beratungsangebot ausweislich seiner Schreiben vom 25. September 1990, 22. November 1990, 21. März 1991 und 23. April 1991 festgehalten und ist Weisungen des fachaufsichtführenden Gerichts nicht nachgekommen. Die Anweisungen des Gerichts waren auch nicht so wenig konkretisiert und präzisiert, daß eine Umsetzung durch den Kläger nicht möglich gewesen wäre. Wie sich aus dem Schreiben der Kammer vom 26. Oktober 1990 ergibt, sollte dem Verurteilten bei der Beschaffung einer Unterkunft, bei der er möglichst wenig Kontakt zu alkoholabhängigen Personen hat, geholfen werden. Weiter sollte ihm die Möglichkeit einer Therapie gegeben werden. Zur Vermeidung weiterer Straftaten wegen Beförderungserschleichung sollte der Verurteilte angehalten werden, einen Antrag auf Erteilung eines Schwerbehindertenausweises zu stellen, notfalls sollte der Kläger ihn zur zuständigen Behörde begleiten. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat der Kläger den Verurteilten allenfalls am 16. August 1990 in einem Gespräch eindringlich auf die Antragstellung des Schwerbehindertenausweises hingewiesen. Im übrigen hat er es bei seinem abstrakten Hilfsangebot belassen.

Auch ohne die Weisung des Gerichts wäre von einem Gesetzesverstoß des Klägers auszugehen. Es widerspricht der Betreuungsaufgabe des Bewährungshelfers, sein Tätigwerden von einer entsprechenden und konkreten Bitte des Verurteilten abhängig zu machen. Der Bewährungshelfer hat an dem Straffälligen Erziehungsarbeit zu leisten und ihm praktische Lebenshilfe zu gewähren, um eine Wiedereingliederung in die Gesellschaft zu erreichen (so zutreffend Rahn, NJW 1976, 838, 839). § 56 d StGB ermöglicht hierzu eine nachhaltige Einwirkung auf die Lebensführung des kriminell Gefährdeten (Dreher/Tröndle, aaO, § 56 d Rz 1). Dies erfordert regelmäßig ein aktives Handeln des Bewährungshelfers, das der Kläger ausdrücklich verweigert hat.

Mit diesem pflichtwidrigen Verhalten hat er auch eine dienstvertragliche Pflicht gegenüber dem beklagten Land verletzt. Es bedarf keiner näheren Begründung, daß der Kläger die Dienstpflicht hatte, seine Tätigkeit als Bewährungshelfer entsprechend den gesetzlichen Vorschriften auszuüben.

b) Ebenfalls berechtigt ist der Vorwurf, der Kläger habe entgegen den Anweisungen des fachaufsichtführenden Gerichts die Ausübung seiner Betreuungsaufgabe anderen Personen überlassen.

Die vom Kläger in seinem Bericht vom 21. März 1991 gegenüber der Strafkammer geäußerte Auffassung, es genüge, daß der Verurteilte mit einer Sozialarbeiterin des Nichtseßhaften-Cafes und einem Sozialarbeiter der Streetworker seit längerer Zeit Kontakt habe und bereit sei, das von diesen Einrichtungen gemachte Angebot zur persönlichen Lebenshilfe und Beratung in Anspruch zu nehmen, ist unzutreffend.

Der Bewährungshelfer ist zumindest ohne Zustimmung der zuständigen Strafkammer nicht berechtigt, einen wesentlichen Teil seiner Betreuungsaufgabe auf dritte Personen zu übertragen und damit seine eigene Passivität zu rechtfertigen. Dies versteht sich schon deshalb von selbst, weil die Strafkammer dem Dritten keine Anweisungen gemäß § 56 d Abs. 4 Satz 2 StGB erteilen kann. Zudem nimmt der von dem Gericht bestimmte Bewährungshelfer in seiner Kontrollfunktion aus der Staatsgewalt abgeleitete Aufgaben wahr und ist damit Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB (Schönke/Schröder/Stree, aaO, § 56 d Rz 5; Gribbohm, in: Leipziger Kommentar, aaO, § 56 d Rz 5; vgl. weiter OLG Düsseldorf Beschluß vom 10. Februar 1987 - 5 Ws 82/86 - MDR 1987, 694). Er ist nicht berechtigt, seine hieraus folgenden Aufgaben einseitig auf Dritte zu übertragen. Zwar ist nicht ausgeschlossen, daß er im Einzelfall Hilfskräfte, die das Gericht nicht verpflichtet hat, mit Zustimmung des Verurteilten heranzieht (Gribbohm, in: Leipziger Kommentar, aaO, § 56 d Rz 5). Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend hervorhebt, ist es ihm damit aber nicht gestattet, die Aufgabe, regelmäßig Kontakt mit dem Verurteilten zu halten und selbst auf diesen helfend einzuwirken, allgemein auf Dritte zu übertragen.

Die Strafkammer hat den Kläger bereits mit Schreiben vom 17. April 1991 angewiesen, den persönlichen Kontakt mit dem Verurteilten nicht anderen Sozialarbeitern zu überlassen. Dennoch hat der Kläger gegenüber der Strafkammer mit seinem Schreiben vom 23. April 1991 geäußert, er sehe keinen verfahrensmäßigen Anlaß, die Art und Weise seiner Berufsausübung zu ändern.

c) Der Kläger hat weiter entgegen der Anweisung des fachaufsichtführenden Gerichts seine Berichte im wesentlichen auf pauschale und nichtssagende Formulierungen beschränkt und keine konkreten und nachvollziehbaren Angaben über die Lebensführung des Verurteilten und die Art seiner Erfolge der Betreuungstätigkeit gemacht.

Auch hinsichtlich Art und Umfang seiner Berichtspflicht unterliegt der Bewährungshelfer dem Weisungsrecht des fachaufsichtführenden Gerichts. Wie bereits dargelegt, ergibt sich dies schon aus dem Wortlaut des § 56 d Abs. 4 Satz 2 StGB, der das Anweisungsrecht auf sämtliche Tätigkeiten des Abs. 3 erstreckt und damit auch die Berichtspflicht des Bewährungshelfers einschließt.

Gemäß § 453 b Abs. 1 StPO hat das Gericht die Lebensführung des Verurteilten zu überwachen. Diese Überwachung erstreckt sich auf das gesamte Verhalten des Verurteilten, soweit es geeignet ist, den Widerruf der Bewährung nach § 56 f StGB, die Verurteilung zu einer vorbehaltenen Strafe nach § 59 b StGB oder nachträgliche Maßnahmen nach § 56 e StGB zu rechtfertigen (Kleinknecht/Meyer, StPO, 40. Aufl., § 453 b Rz 3). Im Falle der Unterstellung des Verurteilten unter einen Bewährungshelfer verlagert sich diese gerichtliche Überwachungspflicht auf diesen (Dreher/Tröndle, aaO, § 56 d Rz 5). Das Gericht kann dabei durch Anweisungen nach § 56 d Abs. 4 Satz 2 StGB sicherstellen, daß der Bewährungshelfer entsprechend berichtet und auf diese Weise der Zweck der Überwachung erreicht wird. Hierzu zählen auch Informationen, die eine Beurteilung der Persönlichkeit des Verurteilten ermöglichen (BVerfG Beschluß vom 19. Juli 1972 BVerfGE 33, 367, 380, zu B II 1 c der Gründe). Erforderlich bei der Berichtsvorlage sind, worauf das Landesarbeitsgericht zutreffend hinweist, konkrete Mitteilungen darüber, wie genau Bewährungsauflagen eingehalten werden, insbesondere also Kontakt- und Informationspflichten durch den Verurteilten erfüllt werden. Hierzu enthalten die Berichte des Klägers vom 17. Juli 1990, 16. Januar 1991, 8. Februar und 19. Februar 1991 sowie 21. März 1991 keine oder nur ganz allgemeine Angaben. So weist der Kläger beispielsweise im Bericht vom 16. Januar 1991 lediglich darauf hin, daß die beschlußgemäßen Kontakt- und Informationspflichten vom Verurteilten erfüllt worden seien. Obwohl das fachaufsichtführende Gericht dies mit Schreiben vom 7. März 1991 und vom 17. April 1991 gegenüber dem Kläger als unzureichend gerügt hatte, änderte der Kläger seine Berichtspraxis nicht. Mit seinem Antwortschreiben vom 23. April 1991 beharrte er vielmehr darauf, daß die Art und Weise seiner Berichterstattung der Vorschrift des § 56 d Abs 3 StGB entspreche und nicht geändert werde.

d) Schließlich hat der Kläger es trotz der Rüge des fachaufsichtführenden Gerichts vom 17. April 1991 pflichtwidrig abgelehnt, die Aufzeichnungen über seine Betreuungstätigkeit in der Betreuungsakte konkret und nachvollziehbar zu gestalten. Er hat mit Schreiben vom 23. April 1991 dem fachaufsichtführenden Gericht mitgeteilt, er werde seine Berichtstätigkeit nicht ändern. Ein Großteil der handschriftlichen Vermerke des Klägers haben jedoch für einen Dritten nicht die für die Erfüllung der Bewährungsüberwachung erforderliche Aussagekraft. Das Landesarbeitsgericht hat hierzu zutreffend beispielhaft auf einige Vermerke in der Betreuungsakte hingewiesen. Unerheblich ist dabei der Einwand des Klägers, es gäbe keine die Führung der Betreuungsakten regelnde Dienstanweisung. Es versteht sich von selbst, daß der Bewährungshelfer die Betreuungsakte so zu führen hat, daß auch andere zur Einsichtnahme berechtigte Personen hieraus verwertbare Informationen herleiten können. Gemäß Abschnitt VI Ziff. 1 und 2 der Geschäftsanweisung für die hauptamtlichen Bewährungshelfer vom 11. März 1981 (4260 - III A. 21 - JMBl. NW 1981, 86 f.) erhalten Einsicht in die Betreuungsakten die zuständigen Gerichte und Staatsanwaltschaften, die Richter und Beamten der Aufsichtsbehörden sowie ggfs. Sachverständige. Aufgrund dieser Geschäftsanweisung mußte dem Kläger bekannt sein, daß er die Betreuungsakte nicht nur für eigene Zwecke führt, sondern auch andere Stellen auf eine verständliche Aktenführung angewiesen sind. Zutreffend hat das Berufungsgericht darauf hingewiesen, daß auch etwaige Nachfolger des Klägers im Amt des Bewährungshelfers auf konkrete Informationen aus der Betreuung angewiesen sind.

IV. Der Kläger kann dem Vorwurf der Pflichtwidrigkeit nicht entgegenhalten, der Präsident des Landgerichts habe sein mit der Abmahnung beanstandetes Verhalten in einem anderen Bewährungsfall nicht zum Anlaß einer Abmahnung genommen.

In dem erwähnten anderen Bewährungsfall hatte sich das fachaufsichtführende Gericht ebenfalls gegen das Betreuungskonzept des Klägers ausgesprochen und mit Schreiben vom 23. Mai 1991 beim Präsidenten des Landgerichts Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Kläger erhoben. Nachdem der Kläger daraufhin mit Schreiben vom 18. Juni 1991 von seinem Betreuungskonzept Abstand genommen hatte, teilte ihm der Präsident des Landgerichts unter dem 11. Juli 1991 mit, er betrachte die Angelegenheit als erledigt, nachdem der Kläger erklärt habe, er werde in künftigen Verfahren jede Entscheidung und Weisung des fachaufsichtführenden Gerichts beachten. Im Streitfall wurde gerade die Nichtbeachtung der Weisungen des fachaufsichtführenden Gerichts mit der Abmahnung gerügt. Darin liegt kein Widerspruch. Im übrigen stellt die formell ohne Rechtsverletzung ausgesprochene Abmahnung eine angemessene Reaktion des beklagten Landes auf das beanstandete Verhalten des Klägers dar.

Dr. Gehring Dr. Reinecke

zugleich für den im Urlaub

befindlichen Prof. Dr. Thomas

Steinmann Dr. Winterfeld

 

Fundstellen

Haufe-Index 439841

RzK, I 1 Nr 88 (ST1-2)

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