Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebliche Übung im öffentlichen Dienst. Bereitschaftsdienstvergütung

 

Orientierungssatz

Kein Anspruch auf übertarifliche Bezahlung von Bereitschaftsdienst aus betrieblicher Übung bzw aufgrund des Gleichheitssatzes.

 

Normenkette

BAT Anlage SR; GG Art. 3 Abs. 1; BGB § 242

 

Verfahrensgang

LAG Hamm (Entscheidung vom 30.10.1981; Aktenzeichen 11 Sa 852/81)

ArbG Siegen (Entscheidung vom 14.04.1981; Aktenzeichen 1 Ca 319/81)

 

Tatbestand

Der Kläger ist in dem von der Beklagten betriebenen städtischen Krankenhaus St. Barbara als Operationspfleger beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft Organisationszugehörigkeit der Parteien der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) nebst dessen für Angestellte in Krankenanstalten geltenden Sonderregelungen (SR 2 a BAT) Anwendung.

Aufgrund eines im Jahre 1973 vom Personalamt der Beklagten erstellten fehlerhaften Formulars hatte die Beklagte in der Vergangenheit bei der Berechnung der Bereitschaftsdienstvergütung ihrer Angestellten die innerhalb des Bereitschaftsdienstes geleistete Arbeit nicht nur, wie in Nr. 6 Abschnitt B Abs. 2 a der SR 2 a BAT vorgesehen, zur Bewertung des Bereitschaftsdienstes als Arbeitszeit herangezogen, sondern diese Arbeitsleistung zusätzlich als Überstunden bezahlt.

Die ab Juni 1980 geleisteten Bereitschaftsdienste berechnete die Beklagte unter Abweichung von der seitherigen Berechnungsweise auf der Grundlage der SR 2 a BAT. Dabei ordnete sie die Bereitschaftsdienste eines jeden Monats aufgrund der in diesem Monat während der Bereitschaftsdienste tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden den Stufen A bis D des Abs. 2 a der Nr. 6 Abschnitt B der SR 2 a BAT zu, da eine bezirkliche oder örtliche Vereinbarung gemäß Abs. 5 dieser Vorschrift nicht vorlag.

Für die Monate Juni bis einschließlich Oktober 1980 ergibt sich für den Kläger zwischen der bisherigen und der seit Juni 1980 gehandhabten Berechnungsweise eine Differenz von insgesamt 663,80 DM brutto, deren Zahlung der Kläger mit der vorliegenden Klage fordert.

Der Kläger hat vorgetragen, von einer irrtümlichen Überzahlung könne nicht ausgegangen werden. Die Beklagte habe in Zeitungen mit einer übertariflichen Bezahlung des Bereitschaftsdienstes geworben und trotz mehrerer Rechnungsprüfungen über Jahre hinweg an ihrer Berechnungsweise festgehalten. Ferner habe sie auf Fragen und Beanstandungen mehrerer Bereitschaftsdienstleistender ihre Berechnungsweise erläutert und insbesondere erklärt, die Abrechnung sei richtig, weil sie aufgrund einer bereits seit mehreren Jahren bestehenden Anweisung erfolge.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn

663,80 DM brutto zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat im wesentlichen ausgeführt, eine einzelvertragliche Vereinbarung über die Vergütung des Bereitschaftsdienstes sei nicht getroffen worden; maßgeblich seien deshalb lediglich die SR 2 a BAT. Für die bisherigen Überzahlungen ursächlich sei lediglich das fehlerhafte Berechnungsformular; der Irrtum sei erst bei der Abrechnung für den Monat Juni 1980 festgestellt worden. Auch die Auskünfte ihrer Abrechnungsstelle seien auf der Grundlage des fehlerhaften Formulars erteilt worden. Es werde bestritten, daß mit einer übertariflichen Bezahlung des Bereitschaftsdienstes geworben worden sei; zu ihrer wirksamen Vereinbarung wäre überdies die Schriftform des § 4 Abs. 2 BAT zu wahren gewesen. Die Forderung für Juni 1980 sei schließlich gemäß § 70 BAT verfallen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage in Höhe von 591,68 DM brutto stattgegeben, sie im übrigen abgewiesen und die Berufung zugelassen. Es hat im wesentlichen ausgeführt, zwar habe die Beklagte den Berechnungsfehler nach seiner Aufdeckung mit sofortiger Wirkung abstellen können, denn es liege ein Irrtum in der Anwendung tarifvertraglicher Vorschriften vor, der auch der Annahme einer betrieblichen Übung entgegenstehe. Dennoch sei die Klage zum Teil begründet, weil die Regelung der Nr. 6 Abschnitt B Abs. 2 a der SR 2 a BAT, soweit die Bewertung des Bereitschaftsdienstes als Arbeitszeit von der Zahl der je Kalendermonat abgeleisteten Bereitschaftsdienste abhängig gemacht werde, den sich aus Art. 3 GG ergebenden Lohngleichheitsgrundsatz verletze.

Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt und ihre bisherigen Klageanträge weiterverfolgt. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen ursprünglichen Klageantrag weiter; die Beklagte bittet um Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet, denn das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

I. Auf die einschlägige tarifliche Regelung der Nr. 6 Abschnitt B der SR 2 a BAT kann die Klageforderung nicht gestützt werden.

1. Das Landesarbeitsgericht geht insoweit ersichtlich davon aus, daß die von der Beklagten für den Klagezeitraum (Juni bis Oktober 1980) errechnete und gezahlte Bereitschaftsdienstvergütung (vorbehaltlich der unter I 2 zu behandelnden Besonderheiten) der tariflichen Regelung entspricht. Dieser Ausgangspunkt wird von der Revision nicht angegriffen und ist auch abgesehen davon nicht zu beanstanden. Denn nach dem insoweit übereinstimmenden Parteivortrag geht der Streit nur um die Bezahlung des Mehrbetrags, der sich ergeben würde, wenn zusätzlich zu der aus Nr. 6 Abschnitt B Abs. 2 und 3 der SR 2 a BAT errechneten Vergütung des Bereitschaftsdienstes auch die während des Bereitschaftsdienstes geleisteten Arbeitsstunden zu vergüten wären. Hierfür aber ergibt sich auch unter Berücksichtigung der übrigen Bestimmungen des Tarifvertrags kein Anhaltspunkt.

2. Ob das Vorgehen der Beklagten, mangels Bestehens einer bezirklichen oder örtlichen Vereinbarung im Sinne des Abs. 5 der Nr. 6 Abschnitt B SR 2 a BAT die Bereitschaftsdienste jeden Monats anhand der während dieser Bereitschaftsdienste tatsächlich angefallenen Arbeitsstunden den Stufen A bis D des Abs. 2 a dieser Vorschrift zuzuweisen, der tariflichen Regelung entspricht, kann dahinstehen. Denn es fehlen, wie das Landesarbeitsgericht unter Ziff. 3 seiner Entscheidungsgründe - von der Revision unangegriffen - festgestellt hat, die erforderlichen Darlegungen des Klägers, daß er eine höhere Vergütung erzielt hätte, wenn die Einstufung gemäß Abs. 5 der angeführten Vorschrift erfolgt wäre.

II. Auch auf eine einzelvertragliche Vereinbarung kann der Kläger die Klageforderung nicht stützen. Daß das Landesarbeitsgericht sich hiermit nicht befaßt hat, ist nicht zu beanstanden. Denn der Kläger hat nie vorgetragen, mit ihm sei eine einzelvertragliche Vereinbarung getroffen worden. Auch die Revision greift diesen Punkt nicht auf.

III. Der Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Klageforderung sei auch nicht aus dem Gesichtspunkt der betrieblichen Übung begründet, kann sich der Senat indessen nur im Ergebnis, nicht aber in allen Teilen ihrer Begründung anschließen.

1. Das Landesarbeitsgericht hat insoweit im wesentlichen ausgeführt, die Beklagte wäre nur dann verpflichtet, auch nach Aufdeckung ihres Irrtums den Bereitschaftsdienst weiterhin nach der bisherigen Berechnungsweise zu vergüten, wenn ein Wille der Beklagten festzustellen wäre, daß sie sich insoweit rechtsgeschäftlich habe binden wollen. Auch die Annahme einer betrieblichen Übung setze einen entsprechenden Willen voraus, denn ihre rechtliche Bedeutung liege darin, ihren Inhalt zur Grundlage einer ausdrücklichen oder stillschweigenden Vereinbarung zu machen. Daß die gegenüber der tariflichen Regelung höhere Vergütung des Bereitschaftsdienstes auf dem 1973 von dem für die Abrechnung zuständigen Mitarbeiter erstellten Berechnungsformular beruhe, sei unstreitig. Dieser Mitarbeiter sei aber nicht befugt gewesen, die Beklagte rechtsgeschäftlich zu verpflichten. Ein Verpflichtungswille der Beklagten könne demnach nur angenommen werden, wenn den hierfür zuständigen Vertretern der Beklagten bekannt gewesen wäre, daß die aufgrund des Formulars errechnete Vergütung höher als die tariflich vorgesehene war. Für diese Annahme reiche der Vortrag des Klägers indessen nicht aus.

2. Soweit dieser Würdigung tatsächliche Feststellungen zugrunde liegen, ist der Senat daran gemäß § 561 Abs. 2 ZPO gebunden, da die Revision keine Verfahrensrügen erhoben hat.

3. Rechtsfehlerhaft hat das Landesarbeitsgericht jedoch darauf abgestellt, der Beklagten habe ein Verpflichtungswille gefehlt. Nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 5. Februar 1971 - 3 AZR 28/70 - BAG 23, 213, 220 = AP Nr. 10 zu § 242 BGB Betriebliche Übung, zu I 2 b der Gründe; Urteil vom 3. August 1982 - 3 AZR 503/79 - BAG 39, 271, 276 = AP Nr. 12 zu § 242 BGB Betriebliche Übung, zu II 2 der Gründe; Urteil vom 7. September 1982 - 3 AZR 5/80 - BAG 40, 126, 133 = AP Nr. 1 zu § 3 TV Arb Bundespost, zu III 1 a der Gründe; Urteil vom 29. November 1983 - 3 AZR 491/81 - AP Nr. 15 zu § 242 BGB Betriebliche Übung, zu II 2 a der Gründe; Urteil vom 6. März 1984 - 3 AZR 340/80 - zur Veröffentlichung in der Fachpresse bestimmt, zu 2 b der Gründe) kommt es für die Begründung eines Anspruchs durch betriebliche Übung nicht darauf an, ob der Arbeitgeber mit Verpflichtungswillen handelt. Die Wirkung einer Willenserklärung oder eines bestimmten Verhaltens tritt im Rechtsverkehr nicht deshalb ein, weil der Erklärende einen bestimmten Willen hegt, sondern weil er seinen auf eine bestimmte Rechtswirkung gerichteten Willen dem Erklärungsempfänger gegenüber äußert. Ob sich der Arbeitgeber binden wollte, beurteilt sich danach, ob der Arbeitnehmer aus dem Erklärungsverhalten des Arbeitgebers auf diesen Willen schließen durfte. Auch wenn sich der Arbeitgeber über seine Bindung geirrt oder irrtümlich angenommen hat, er sei aus anderen Gründen zur Leistung verpflichtet, kann eine bindende betriebliche Übung entstehen. Insoweit genügt, daß der Arbeitgeber wissentlich den objektiven Tatbestand einer betrieblichen Übung, d. h. der regelmäßigen Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen, gesetzt hat, den die begünstigten Arbeitnehmer als Zusage einer dauernden, auch künftig zu gewährenden Leistung verstehen durften. Für die Bindungswirkung der betrieblichen Übung entscheidend ist deshalb nur die Frage, wie der Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände verstehen mußte (§§ 133, 157 BGB).

4. Indessen erweist sich das Berufungsurteil auch bei Anwendung dieser Grundsätze, denen sich der Senat anschließt, im Ergebnis als richtig. Denn im Entscheidungsfalle durften die begünstigten Arbeitnehmer die jahrelang erfolgte übertarifliche Bezahlung des Bereitschaftsdienstes nicht dahin verstehen, in ihr liege die Zusage einer dauernden, auch künftig zu gewährenden Leistung. Der Kläger gehört dem öffentlichen Dienst an. Bei der Frage, ob der Arbeitnehmer auf die Fortsetzung einer bisher geübten gleichförmigen Praxis des Arbeitgebers vertrauen kann, hat der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts in seinen oben angeführten Urteilen vom 3. August 1982, 29. November 1983 und 6. März 1984 hinsichtlich der Angehörigen des öffentlichen Dienstes Einschränkungen gemacht. Der an Recht und Gesetz, insbesondere an die Festlegungen des Haushaltsplans gebundene öffentliche Arbeitgeber ist gehalten, bei der Vereinbarung von Arbeitsverträgen die Mindestbedingungen des Tarifrechts als Richtschnur zu beachten und demgemäß auch die Rechte der Arbeitnehmer nicht günstiger als tariflich vorgesehen zu gestalten. Daher ist im öffentlichen Dienst davon auszugehen, daß im Zweifel nur die tariflich vorgeschriebenen Leistungen erbracht werden sollen. Allein aus der Gewährung einer übertariflichen Leistung kann der Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes noch nicht schließen, daß eine zusätzliche Vergünstigung auf Dauer zugesagt werden soll. Für eine solche Annahme des Arbeitnehmers sind vielmehr zusätzliche Anhaltspunkte erforderlich, die sich je nach den Umständen aus den Erklärungen des Arbeitgebers oder einer Verwaltungspraxis ergeben können und die aus der Sicht des Arbeitnehmers auf den Willen des Arbeitgebers schließen lassen, ausnahmsweise eine freiwillige, tariflich nicht vorgesehene Leistung zu erbringen.

Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung, der sich der Senat ebenfalls anschließt, ist eine die Beklagte bindende betriebliche Übung nicht entstanden. Neben der für sich allein nicht ausreichenden langjährigen Verwaltungspraxis der Beklagten hat der Kläger keine zusätzlichen Anhaltspunkte vorgetragen, die aus seiner Sicht den Schluß gerechtfertigt hätten, es sollte eine übertarifliche Leistung erbracht werden. Soweit der Kläger auf Erklärungen der mit der Abrechnung des Bereitschaftsdienstes befaßten Mitarbeiter der Beklagten hingewiesen hat, sind die - von der Revision nicht angegriffenen - Feststellungen des Landesarbeitsgerichts erheblich, diese Mitarbeiter hätten vom Vorliegen einer übertariflichen Bezahlung keine Kenntnis gehabt; der Kläger hätte mithin mindestens Anhaltspunkte vortragen müssen, aus denen er schließen durfte, diesen Mitarbeitern sei das Vorliegen einer übertariflichen Bezahlung bewußt gewesen. Soweit der Kläger in der ersten Instanz behauptet hatte, die Beklagte habe mit einer übertariflichen Bezahlung des Bereitschaftsdienstes geworben, hat bereits das Arbeitsgericht diesen Vortrag als zu unsubstantiiert bezeichnet; schon in der Berufungsinstanz ist der Kläger auf diesen Vortrag nicht mehr zurückgekommen.

5. Auch die Revision vermag keine Anhaltspunkte zu nennen, aus denen der Kläger auf den Willen der Beklagten hätte schließen können, eine übertarifliche Leistung zu erbringen. Sie verweist insoweit nur auf die - für sich allein im öffentlichen Dienst aber gerade nicht ausreichende - jahrelange Vergütungspraxis und meint, für die Arbeitnehmer sei nicht erkennbar gewesen, daß sich die Beklagte angeblich nur normgemäß habe verhalten wollen; vom Vorliegen eines Irrtums der Beklagten sei das Landesarbeitsgericht lediglich aufgrund einer Verkennung der Darlegungs- und Beweislast ausgegangen. Indessen ist, wie dargestellt, jedenfalls im Bereich des öffentlichen Dienstes für die Verneinung einer Bindungswirkung nicht erforderlich, daß der Arbeitgeber das Vorliegen eines Irrtums nachweist. Entscheidend ist vielmehr das - vom Arbeitnehmer darzulegende und zu beweisende - Vorliegen zusätzlicher objektiver Anhaltspunkte, die nach Treu und Glauben das Vertrauen des Arbeitnehmers auf das Vorliegen eines Bindungswillens des Arbeitgebers rechtfertigen. Da es mithin bereits an einem Vertrauenstatbestand fehlt, kommt es im Entscheidungsfall auch nicht darauf an, inwieweit die Rechtsgrundlage einer Bindungswirkung der betrieblichen Übung etwa in einer "Erwirkung" gesehen werden kann (vgl. dazu z.B. Hromadka, Zur betrieblichen Übung, NZA 1984, 241 m.w.N.).

6. Für den Streitfall kann deshalb auch dahinstehen, ob es sich bei der Vereinbarung einer übertariflichen Bereitschaftsdienstvergütung um eine Nebenabrede im Sinne des § 4 Abs. 2 BAT handelt, ob die dann erforderliche Schriftform auch für die Begründung des Anspruchs im Wege einer betrieblichen Übung gilt und ob der Berufung auf diese Schriftform der Einwand des Rechtsmißbrauchs entgegenstehen könnte (vgl. zu diesen Fragen z. B. das bereits angeführte Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 7. September 1982 mit weiteren Nachweisen).

IV. Soweit sich die Revision hilfsweise die Ansicht des Arbeitsgerichts zu eigen macht, die tarifliche Regelung der Nr. 6 Abschnitt B Abs. 2 SR 2 a BAT verstoße gegen den sich aus Art. 3 GG ergebenden Lohngleichheitsgrundsatz, so daß die Klage teilweise begründet sei, ist ihr nicht zu folgen. Die Beurteilung dieser Frage durch das Landesarbeitsgericht (Ziff. 2 des Berufungsurteils) ist zutreffend. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. z. B. Urteile vom 1. Juni 1983 - 4 AZR 566/80 - AP Nr. 5 zu § 611 BGB Deputate und - 4 AZR 578/80 - AP Nr. 16 zu § 23 a BAT, mit weiteren Nachweisen) kommt ein Verstoß einer tarifvertraglichen Regelung gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG nur dann in Betracht, wenn die Tarifvertragsparteien es versäumen, bei der Normierung tariflicher Vorschriften tatsächliche Gleichheiten oder Ungleichheiten zu berücksichtigen, die so bedeutsam sind, daß sie bei einer am allgemeinen Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise hätten Berücksichtigung finden müssen. Die Tarifvertragsparteien haben hiernach eine weitgehende Gestaltungsfreiheit. Sache der Gerichte ist es nicht zu prüfen, ob die Tarifvertragsparteien jeweils die gerechteste und zweckmäßigste Regelung getroffen haben; sie haben lediglich zu kontrollieren, ob die bestehende Regelung die Grenzen des Gestaltungsspielraums der Tarifvertragsparteien und damit die Grenzen der Tarifautonomie überschreitet. Daß diese Grenzen hier nicht nur gewahrt sind, sondern sogar einleuchtende Gründe für die vorliegende tarifliche Regelung sprechen, hat das Landesarbeitsgericht eingehend dargelegt.

Dr. Seidensticker Dr. Becker Dr. Steckhan

Neuroth Breier

 

Fundstellen

Dokument-Index HI441123

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