Entscheidungsstichwort (Thema)

Einseitige Erledigungserklärung im Beschlußverfahren

 

Leitsatz (redaktionell)

Im Anschluß an Senatsbeschluß vom 26. April 1990 – 1 ABR 79/89 –.

 

Normenkette

ArbGG § 83a Abs. 2-3, § 80 Abs. 2, § 81 Abs. 2, § 87 Abs. 2 S. 3, § 82 Abs. 2 S. 3; ZPO § 91a; BetrVG § 99 Abs. 4

 

Verfahrensgang

LAG Niedersachsen (Beschluss vom 07.02.1990; Aktenzeichen 2 TaBV 49/89)

ArbG Oldenburg (Oldenburg) (Beschluss vom 04.04.1989; Aktenzeichen 1 BV 11/88)

 

Tenor

Das Beschlußverfahren ist erledigt. Das Verfahren wird eingestellt. Die Beschlüsse des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 4. April 1989 – 1 BV 11/88 – und des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 7. Februar 1990 – 2 TaBV 49/89 – sind gegenstandslos.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

A. Der Arbeitgeber begehrte nach § 99 Abs. 4 BetrVG die Ersetzung der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung zur Eingruppierung des Arbeitnehmers P.

Der Arbeitgeber unterhält in Goldenstedt einen Betrieb zur Herstellung von Extruderprodukten. In diesem Werk wurden 1988 ca. 180 Arbeitnehmer beschäftigt, die einen Betriebsrat gewählt haben. Am 20. Mai 1988 wurde zwischen dem Arbeitgeber und der Gewerkschaft Nahrung-Genuß-Gaststätten ein Überleitungstarifvertrag geschlossen, nach dem ab 1. Juni 1988 die tariflichen Bestimmungen für die Angestellten, gewerblichen Arbeitnehmer und Auszubildenden der Süßwarenindustrie im Gebiet Niedersachsen für die Arbeitnehmer des Werkes Goldenstedt galten.

Der Arbeitgeber bat nach § 99 Abs. 1 BetrVG den Betriebsrat am 7. Juni 1988 um Zustimmung zur Eingruppierung des Arbeitnehmers P. in die Tarifgruppe I. Der Arbeitnehmer P. leitet im Betrieb des Arbeitgebers jeweils eine Schicht der im Drei-Schichten-Betrieb laufenden Pelletproduktion. Der Betriebsrat verweigerte die Zustimmung zu der beabsichtigten Eingruppierung mit der Begründung, der Arbeitnehmer P. führe die Tätigkeit eines Hallenmeisters aus und sei deshalb in die Tarifgruppe K einzugruppieren. Daraufhin beantragte der Arbeitgeber in dem vorliegenden Verfahren, die Zustimmung des Betriebsrats zur beabsichtigten Eingruppierung des Arbeitnehmers P. in die Tarifgruppe I zu ersetzen.

Das Arbeitsgericht gab dem Antrag des Arbeitgebers statt. Das Landesarbeitsgericht wies die Beschwerde des Betriebsrats zurück. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat seinen Abweisungsantrag weiter. Nach übereinstimmender Mitteilung der Verfahrensbevollmächtigten beider Beteiligten wurde der Arbeitnehmer P. im Januar 1991 mit Zustimmung des Betriebsrats von der Tarifgruppe I in die Tarifgruppe K höhergruppiert. Daraufhin hat der Arbeitgeber das Ersetzungsverfahren für erledigt erklärt. Der Betriebsrat hat dieser Erledigungserklärung nicht zugestimmt.

 

Entscheidungsgründe

B. Das Beschlußverfahren ist erledigt. Deshalb war es einzustellen.

Die Beschlüsse des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 4. April 1989 – 1 BV 11/88 – und des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 7. Februar 1990 – 2 TaBV 49/89 – sind gegenstandslos.

I. In dem Beschluß vom 26. April 1990 (– 1 ABR 79/89 – zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt) hat der Senat entschieden, das Gericht habe lediglich zu prüfen, ob ein erledigendes Ereignis eingetreten sei, wenn der Antragsteller eines Beschlußverfahrens das Verfahren für erledigt erkläre und Beteiligte der Erledigungserklärung widersprechen. Ein erledigendes Ereignis liege vor, wenn nach Rechtshängigkeit des Antrages tatsächliche Umstände eingetreten seien, aufgrund derer der Antrag jedenfalls jetzt als unzulässig oder unbegründet abgewiesen werden müßte. Darauf, ob der Antrag ursprünglich zulässig und begründet war, komme es nicht an. Sei aber ein erledigendes Ereignis eingetreten, so sei auch das Verfahren entsprechend § 83 a Abs. 2 ArbGG einzustellen.

II. In dem Beschluß vom 26. April 1990 (a.a.O.) hat der Senat auch entschieden, daß mit Beendigung der personellen Maßnahme, zu der die Zustimmung des Betriebsrats ersetzt werden soll, das Verfahren erledigt sei. Daran wird festgehalten. Eine Entscheidung darüber, ob die Zustimmung des Betriebsrats zu ersetzen ist, hat für die Beteiligten nach Beendigung der Maßnahme keine Bedeutung mehr. Das gilt auch für die Zustimmung zu einer Eingruppierung. Wenn diese auch nicht wie eine Einstellung oder Versetzung eine Maßnahme ist, sondern die Äußerung einer Rechtsansicht darstellt, so ist doch auch diese für die Betriebspartner nur so lange relevant, wie die streitige Eingruppierung nicht dadurch beendet worden ist, daß der Arbeitnehmer – mit Zustimmung des Betriebsrats anders eingruppiert wird, der Arbeitgeber eine Umgruppierung vorgenommen hat. Die Frage, ob der Arbeitnehmer früher zutreffend eingruppiert war, spielt für das Verhältnis der Betriebspartner zueinander keine Rolle mehr, hat allenfalls Bedeutung für den individual-rechtlichen Anspruch des betreffenden Arbeitnehmers auf Vergütung nach einer bestimmten Vergütungsgruppe in der Vergangenheit. Würde das Gericht noch nach Beendigung der strittigen Eingruppierung darüber entscheiden, ob der Betriebsrat seine Zustimmung zu Recht verweigert hat oder nicht, d.h. ob der Zustimmungsersetzungsantrag des Arbeitgebers begründet war oder nicht, würde diese Entscheidung dem Betriebsrat oder dem Arbeitgeber lediglich bestätigen, daß er Recht gehabt habe. Für die Erstattung solcher Rechtsgutachten ist jedoch das Beschlußverfahren nicht gegeben. Da vorliegend der Arbeitnehmer P. mit Zustimmung des Betriebsrats von der Vergütungsgruppe I in die Vergütungsgruppe K umgruppiert wurde, hat sich der Streit der Betriebsparteien über die richtige Eingruppierung erledigt. Deshalb war das Verfahren entsprechend § 83 a Abs. 2 ArbGG einzustellen (vgl. Senatsbeschluß vom 26. April 1990, a.a.O.). Mit der Einstellung des Verfahrens sind die bisher ergangenen Entscheidungen des Arbeitsgerichts Oldenburg und des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen gegenstandlos geworden (vgl. Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, § 83 a Rz 14).

 

Unterschriften

Dr. Kissel, Matthes, Dr. Weller, Kehrmann, Dr. Gentz

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1081270

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