Das Wichtigste in Kürze:

1. Das bußgeldrechtliche EV endet ggf. mit dem Erlass eines Bußgeldbescheides gem. den §§ 65 ff. OWiG.
2. Entscheidend für die Wirksamkeit/Unwirksamkeit des Bußgeldbescheides ist, ob eine Verwechselungsgefahr mit anderen (Verkehrs-)Verstößen gegeben ist.
3. Bei der Einlegung des Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid sind die sich aus §§ 67 ff. OWiG ergebenden Besonderheiten zu beachten.
 

Rdn 1567

 

Literaturhinweise:

S. die Hinw. bei → Bußgeldverfahren, Besonderheiten, Allgemeines, Teil B Rdn 1559.

 

Rdn 1568

1.a) Das bußgeldrechtliche EV endet entweder mit der Einstellung des Verfahrens nach § 47 OWiG (→ Bußgeldverfahren, Besonderheiten, Verfahren, Teil B Rdn 1611 ff.) oder wegen mangelnden Tatverdachts nach § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 170 Abs. 2 (dazu Burhoff/Gieg/Krenberger, OWi, Rn 1035 ff.) bzw. mit dem Erlass eines Bußgeldbescheides gem. den §§ 65 ff. OWiG.

 

Rdn 1569

b) Es ist Aufgabe des Verteidigers, sich mit der Wirksamkeit des Bußgeldbescheides auseinander zu setzen (dazu Göhler/Seitz/Bauer, § 66 Rn 1 ff., 38 ff. m.w.N.; zu den Mindestanforderungen Burhoff/­Burhoff, OWi, Rn 690 ff. m.w.N.).

 

☆ Der Verteidiger muss insbesondere darauf achten, ob die Angaben im Bußgeldbescheid ggf. fehler- oder lückenhaft sind. Ist das der Fall, ist der Bußgeldbescheid keine wirksame Verfahrensgrundlage. Es besteht dann ein Verfahrenshindernis, da ein unwirksamer Bußgeldbescheid nicht die Verjährung unterbricht. Das OWi-Verfahren muss dann eingestellt werden.Angaben im Bußgeldbescheid ggf. fehler- oder lückenhaft sind. Ist das der Fall, ist der Bußgeldbescheid keine wirksame Verfahrensgrundlage. Es besteht dann ein Verfahrenshindernis, da ein unwirksamer Bußgeldbescheid nicht die Verjährung unterbricht. Das OWi-Verfahren muss dann eingestellt werden.

 

Rdn 1570

2. Entscheidend für die Wirksamkeit/Unwirksamkeit ist, ob eine Verwechselungsgefahr mit anderen (Verkehrs-)Verstößen gegeben ist. Von Bedeutung ist, ob dem Bußgeldbescheid ohne Zweifel entnommen werden kann, wem die Tat zur Last gelegt wird und welche Tat gemeint ist (st. Rspr., BGHSt 23, 336 = NJW 1970, 2222; OLG Bamberg DAR 2009, 155; NStZ-RR 2010, 121; OLG Düsseldorf VRR 2010, 272; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 23.1.2020 – 1 Rb 21 Ss 967/19; Burhoff/Burhoff, OWi, Rn 720 ff.; Rebler NZV 2016, 305, zum Tatbegriff im Verkehrsrecht eingehend Fromm zfs 2018, 309 und zu Namensverwechselungen Fromm DAR 2021, 293 ff.). Dazu folgende

 

Rdn 1571

 

Rechtsprechungsbeispiele (wegen weiterer Rspr.-Beispiele Burhoff/Burhoff, OWi, Rn 727 ff.; Fromm zfs 2018, 309 ff.):

Im Bußgeldbescheid wird bei einer Messung der gefahrenen Geschwindigkeit mit dem Lasermessgerät Riegl LR 90–235/P als Tatort fälschlicherweise der Standort des Messgerätes und nicht der tatsächliche Messpunkt genannt (OLG Hamm NStZ-RR 2002, 150 [Verwechselungsgefahr verneint, weil der Fahrer nach der Geschwindigkeitsmessung angehalten und unmittelbar auf den Verkehrsverstoß angesprochen worden ist]; s. dazu auch Göhler/Seitz/Bauer, § 66 Rn 42 ff. m.w.N.; ­Burhoff/Burhoff, OWi, Rn 740 ff.),
Die fehlerhafte Tatzeitangabe führt bei einem Verstoß gegen § 24a StVG i.d.R. nicht zu einer Verwechselungsgefahr (OLG Hamm NStZ-RR 1998, 372; OLG Karlsruhe NZV 2004, 483),
Eine fehlerhafte Tatzeitangabe (irrtümlich 15.03. anstelle 06.03.) führt bei einem Rotlichtverstoß ohne besondere Vorkommnisse, insbesondere ohne Anhalten des Betroffenen unmittelbar nach dem Verkehrsverstoß, zur Unwirksamkeit des Bußgeldbescheides (OLG Hamm DAR 1999, 371; zum völligen Fehlen der Tatzeit OLG Karlsruhe, Beschl. v. 23.1.2020 – 1 Rb 21 Ss 967/19),
Das Fehlen von Angaben über Ort und Strecke der Tatbegehung im Bußgeldbescheid führt nicht zur Unwirksamkeit, wenn bei mehreren Verkehrsverstößen die einzelnen Verstöße durch den Zeitraum, in dem sie begangen worden sein sollen, beschrieben werden (OLG Hamm DAR 1996, 324 [Ls.]; s. dazu auch BayObLG NStZ-RR 1999, 61 [Ls.] und OLG Bamberg NStZ-RR 2010, 121),
wenn bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung die Messstelle nicht näher konkretisiert wird (AG Stadthagen, Urt. v. 10.4.2017 – 11 OWi 108/17, VA 2018, 31; ähnlich AG Husum, Beschl. v. 13.9.2017 – 5 OWi 107 Js 13481/17 (64/17), NZV 2018, 148; AG Schleswig, Beschl. v. 5.7.2018 – 53 OWi 107 Js 8757/18, NStZ 2018, 727; s. aber a. OLG Koblenz, Beschl. v. 27.2.2018 – 1 OWi 6 SsRs 19/18),
Ein Schreibfehler im Nachnamen des Betroffenen führt nicht zur Unwirksamkeit des Bußgeldbescheides, wenn sich die Identität des Betroffenen aus den übrigen Angaben zweifelsfrei ergibt (OLG Hamm VA 2000, 51 [für Buchstabendreher: "Birkmann" statt "Brinkmann"]; ähnlich OLG Hamm DAR 2005, 524, für falschen geschriebenen Zunamen [mit "ck" anstelle "k" und falsches Geburtsjahr]).
 

Rdn 1572

b) Ggf. ist der Bußgeldbescheid mangelhaft, wenn die Ausfertigung eines Bußgeldbescheides in wesentlichen Punkten nicht mit der Verfügung des Sachbearbeiters der Bußgeldbehörde übereinstimmt, und zwar Verfügung ohne Ausfertigung mit Fahrverbot, s. OLG Dresden, Beschl. v. 2...

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