Das Wichtigste in Kürze:

1. Für die AE im Bußgeldverfahren gelten grds. die allgemeinen Regeln der AE im Strafverfahren nach § 147.
2. U.a. aus § 49 OWiG können sich aber Besonderheiten für die AE im Bußgeldverfahren ergeben.
3. Auch hinsichtlich des Umfangs und der Art und Weise der AE gelten auch die allgemeinen Regeln aus dem Strafverfahren nach § 147.
4. Besonders intensiv diskutiert wurden und werden die mit der die Akteneinsicht im straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren zusammenhängenden Fragen.
 

Rdn 1533

 

Literaturhinweise:

S. die Hinw. bei → Bußgeldverfahren, Besonderheiten, Allgemeines, Teil B Rdn 1559.

 

Rdn 1534

1.a) Für die AE im Bußgeldverfahren gelten grds. die allgemeinen Regeln der AE im Strafverfahren nach § 147 (wegen der Einzelh. Burhoff/ Niehaus, OWi, Rn 168 ff.; Göhler/Seitz/Bauer, § 60 Rn 48 ff. m.w.N., § 49 Rn 1 ff.; → Akteneinsicht, Allgemeines, Teil A Rdn 225, m.w.N.). Das gilt insbesondere auch wegen des Umfangs der AE (→ Akteneinsicht, Umfang, Teil A Rdn 483), insoweit besteht im straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren erheblicher Streit (wegen der Besonderheiten und der Art und Weise der AE unten Teil B Rdn 1540 ff.).

2. Auf folgende verfahrensrechtliche Besonderheiten ist hinzuweisen:

 

Rdn 1535

a) AE wird im EV von der Verwaltungsbehörde erteilt, die das Verfahren durchführt. Zunächst hat der Verteidiger des Betroffenen ein AER.

 

Rdn 1536

Nach § 49 Abs. 1 S. 1 OWiG kann in Verfahren vor der Verwaltungsbehörde dem Betroffenen auf Antrag aber auch selbst AE gewährt werden, soweit der Untersuchungszweck, auch in einem anderen Straf- oder Bußgeldverfahren, nicht gefährdet werden kann und nicht überwiegende schutzwürdige Interessen Dritter entgegenstehen. Werden die Akten nicht elektronisch geführt, können an Stelle der Einsichtnahme in die Akten Kopien aus den Akten übermittelt werden (§ 49 Abs. 1 S. 2 OWiG; → Akteneinsicht, elektronische Akte, Teil A Rdn 394). Die AE durch den Betroffenen selbst steht zwar im Ermessen der Verwaltungsbehörde, dürfte aber in einfachen Bußgeldverfahren, in denen die Akten meist nicht so umfangreich sind, i.d.R. zu gewähren sein. Die Ausführungen bei → Akteneinsicht, Berechtigter, Teil A Rdn 289 ff., gelten insoweit entsprechen.

 

☆ Das AER des Betroffenen ist unabhängig davon, ob er einen Verteidiger beauftragt hat (s. schon zum alten Recht zutreffend Schäpe DAR 1998, 327; Göhler /Seitz/Bauer , § 49 Rn 1). Die Einschränkung auf den nicht verteidigten Beschuldigten in § 147 Abs. 4 ist in § 49 Abs. 1 S. 1 OWiG nicht enthalten. Der Betroffene hat aber kein Recht zur Besichtigung amtlich verwahrter Beweisstücke . Beweisstücke kann nur der Verteidiger besichtigen, insoweit weicht § 49 Abs. 1 S. 1 OWiG von § 147 Abs. 4 ab.unabhängig davon, ob er einen Verteidiger beauftragt hat (s. schon zum alten Recht zutreffend Schäpe DAR 1998, 327; Göhler/Seitz/Bauer, § 49 Rn 1). Die Einschränkung auf den nicht verteidigten Beschuldigten in § 147 Abs. 4 ist in § 49 Abs. 1 S. 1 OWiG nicht enthalten. Der Betroffene hat aber kein Recht zur Besichtigung amtlich verwahrter Beweisstücke. Beweisstücke kann nur der Verteidiger besichtigen, insoweit weicht § 49 Abs. 1 S. 1 OWiG von § 147 Abs. 4 ab.

 

Rdn 1537

b) Die Entscheidung über die AE trifft die Behörde. Wird dem Betroffenen die AE versagt, kann dagegen die gerichtliche Entscheidung nach § 62 OWiG beantragt werden (auch Teil B Rdn 1556). Das gilt auch für die Ablehnung nach Einstellung des Bußgeldverfahrens (OLG Stuttgart NStZ 2001, 584 [Ls.]). Es ist dann nicht etwa der → Antrag nach §§ 23 ff. EGGVG, Teil A Rdn 617, zulässig.

 

Rdn 1538

c) § 49 Abs. 1 gilt aber nur für das Verfahren bei der Verwaltungsbehörde. Ist das Verfahren von dieser gem. § 69 Abs. 3 OWiG an die StA bzw. dann von dieser an das Gericht abgegeben worden, bleibt es bei der Anwendung des § 147. D.h.: Es besteht dann das grds. alleinige AER des Verteidigers. Nur der nicht verteidigte Betroffene hat dann im Rahmen des § 147 Abs. 4 ein AER (→ Akteneinsicht, Berechtigter, Teil A Rdn 285).

 

Rdn 1539

Wird diesem die AE versagt, kann der Verteidiger/Betroffene abweichend von den sonstigen Rechtsmitteln bei Versagung/Beschränkung von AE (→ Akteneinsicht, Rechtsmittel bei Ablehnung, Teil A Rdn 464) gem. § 62 OWiG Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellen, über den das nach § 68 OWiG zuständige Gericht entscheidet (wegen der z.T. streitigen Einzelh. Burhoff/Niehaus, OWi, Rn 191 ff.; Göhler/Seitz/­Bauer, § 60 Rn 54a, § 62 Rn 1 ff., jeweils m.w.N.).

 

Rdn 1540

d) Die Kosten für die AE im OWi-Verfahren sind durch das JKomG in § 107 Abs. 5 OWiG an Nr. 9003 KV GKG angepasst worden. Danach gilt auch hier eine Aktenversendungspauschale. Wegen der Einzelheiten der Kosten für die AE kann daher auf → Akteneinsicht, Kosten, Teil A Rdn 424, verwiesen werden (s.a. Göhler/Gürtler/Thoma, § 107 Rn 23a).

 

☆ Soweit in landesrechtlichen Regelungen für die Gewährung von AE eine Gebühr vorgesehen ist, gilt das nicht für die AE im Bußgeldverfahren (zuletzt OVG Nordrhein-Westfalen NJW 2005, 279...

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