Rz. 168

Ob der Ausschluss in A-7.13 AVB D&O wegen Schäden aus Spekulationsgeschäften eingreift, bedarf der Beurteilung im Einzelfall. Der AVB D&O Ausschluss umfasst nach seinem Wortlaut Geschäfte soweit diese nicht innerhalb eines ordnungsgemäßen Geschäftsgangs erforderlich und üblich sind (z. B. Kurssicherungsgeschäfte). Allerdings dürfte es sich bei Geschäften, die im ordnungsgemäßen Geschäftsgang erforderlich und üblich sind schon per se nicht um Spekulationsgeschäfte handeln.

 

Rz. 169

 

Beispiel: "Kakao auf Termin"

Kauft der Geschäftsführer für einen Schokoladenhersteller Kakao auf Termin zu einem heutigen Preis in sechs Monaten, weil der Kakao in sechs Monaten benötigt wird und man sich den heutigen Kurs sichern will, wäre dies kein Spekulationsgeschäft. Wäre Kakao in sechs Monaten deutlich billiger und wirft die GmbH dem Geschäftsführer nun vor, der Kauf auf Termin sei pflichtwidrig gewesen, weshalb der Schaden vom Geschäftsführer zu ersetzen sei, hätte der Geschäftsführer hierfür Versicherungsschutz, da er nicht spekuliert hat. Der Kauf auf Termin war im Übrigen nicht pflichtwidrig, sondern hielt sich im Rahmen des unternehmerischen Ermessens, so dass der Geschäftsführer nicht haftet. Sofern die Angelegenheit vor Gericht ausgetragen wird, wird der D&O-Versicherer die hierfür entstehenden Kosten übernehmen. Im Fall der Abweisung einer etwaigen Schadensersatzklage gegen den Geschäftsführer, werden dann ohnehin der GmbH die Kosten des Verfahrens auferlegt.

 

Rz. 170

Der Begriff der Spekulation ist nicht eindeutig definiert. Die Definition in Wikipedia, wonach Spekulation in der Wirtschaft die mit einem Risiko behaftete Ausnutzung von Kurs-, Zins- oder Preisunterschieden innerhalb eines bestimmten Zeitraums zum Zwecke der Gewinnmitnahme bedeutet, lässt sich zugrunde legen, wobei der Einzelfall dann gewertet werden muss, ob eine mit einem Risiko behaftete Ausnutzung von Kurs-, Zins- oder Preisunterschieden vorliegt. Der Zweck der Gewinnmitnahme muss zudem im Vordergrund stehen.

 

Rz. 171

 

Beispiel: "Grundstück auf Vorrat"

Der Geschäftsführer erwirbt auf Vorrat ein Grundstück, das die GmbH günstig kaufen kann. Ob dieses Grundstück für eine etwaige Betriebserweiterung ggf. als Lagerplatz benötigt wird, ist ungewiss. Der Zweck der Gewinnmitnahme steht hier nicht im Vordergrund, der Geschäftsführer handelt vorausschauend und will der GmbH das Grundstück sichern. Das Grundstück verliert an Wert als bekannt wird, dass die Einflugschneise für eine neue Startbahn eines Flughafens nunmehr über das Grundstück verlaufen wird. Die GmbH benötigt das Grundstück absehbar nicht und verkauft es mit Verlust. Die Gesellschafter sind der Ansicht, der Geschäftsführer habe dieses voreilig erworben und hafte der GmbH für den Schaden. Anspruchsgrundlage könnte § 43 Abs. 2 GmbHG sein. Der Ausschluss würde eingreifen, wenn es sich um ein Spekulationsgeschäft handelte. Das Grundstück wurde indes nicht erworben, um es später mit Gewinn zu verkaufen, sondern um es für eine Betriebserweiterung vorzuhalten. Es liegt daher kein Spekulationsgeschäft vor.

 

Rz. 172

 

Beispiel: "Rücklage in Aktien"

Der Finanzvorstand einer AG legt die Rücklage der Gesellschaft in einem Wertpapierdepot an. Der aktuelle Kurswert beträgt 5 Mio. EUR. Ca. 2 Mio. EUR befinden sich daneben in bar auf einem Gegenkonto. Der Vorstand verwaltet somit aktuell 7 Mio. EUR. Die Anlage erfolgt ausschließlich in Aktien, nicht in Derivaten, aber auch nicht in festverzinslichen Wertpapieren. Die Werte stammen von Unternehmen aus Europa, den USA, Kanada, Japan, Südkorea oder China, die stets in den großen Indizes gelistet sind, so die deutschen Werte im DAX oder in den USA im Dow Jones oder im S&P 500. Die AG kauft und verkauft ständig, dabei werden Kursgewinne, aber auch Kursverluste realisiert. Ferner werden jedes Jahr Dividenden zwischen 150.000 EUR und 300.000 EUR vereinnahmt. In den letzten fünf Jahren erzielte die AG mit ihrem Depot durchschnittlich eine jährliche Rendite von 10 %. Bei einem Börsencrash kommt es zu einem Einbruch der Kurswerte um insgesamt 30 %. Der Aufsichtsrat ist verunsichert und regt an, das Depot auf festverzinsliche Werte umzustellen. Für den Kursverlust bei der Umschichtung des Depots will es den Finanzvorstand in die Haftung nehmen, weil er der Ansicht sei, die Anlage in riskanten Aktien sei mit dem Charakter der Rücklage nicht vereinbar. Der Finanzvorstand versteht die Welt nicht mehr, er hat sich dem Aufsichtsrat gebeugt und das Depot auf festverzinsliche Werte umgestellt. Hierbei musste er die Verluste realisieren. Zwischenzeitlich haben sich die Börsen wieder erholt, es sei fasst der Stand vor dem Crash erreicht. Der Finanzvorstand hätte sogar ohne das Einschreiten des Aufsichtsrats von der Barreserve nach dem Crash nachgekauft, und dadurch bis heute nicht nur die Verluste wieder wettgemacht, sondern Gewinne erzielt. Er verstünde nicht, warum er haften solle. Er erwarte vom D&O-Versicherer, dass dieser die Ansprüche zurückweise und ihm Abwehrdeckung gewähre...

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