Rz. 115

Insidergeschäfte sind EU-weit und damit in Deutschland verboten. Dies sind Geschäfte, die unter Verwendung von Insiderinformationen an den Börsen bzw. Finanzmärkten getätigt werden. Dies ist in den Art. 8, 14, 15 der Marktmissbrauchsverordnung geregelt[1]. Diese EU-Verordnung ist unmittelbar geltendes Recht. Ergänzend gilt in Deutschland das Wertpapierhandelsgesetz, das Schadensersatzansprüche und Strafvorschriften enthält (siehe §§ 97, 98 WpHG).

 

Rz. 116

 

Beispiel: "Abgeräumtes Konto"

Der Finanzvorstand eines börsennotierten Unternehmens erfährt soeben von ihren Wirtschaftsprüfern, dass das Guthaben der AG, die bei einer asiatischen Bank in Höhe von einer Milliarde Euro angelegt waren durch Cyberkriminalität abgeräumt wurden. Die Banken haben dies verschwiegen. Der Vorstand zögert, ob er sofort eine Adhoc-Mitteilung herausgibt, da er Panikverkäufe, Kreditkündigungen, die Kündigung von Kundenbeziehungen, usw. befürchtet. In zwei Tagen ist Hauptversammlung und dort wird eine Kapitalerhöhung beschlossen. Der Finanzvorstand vernichtet die E-Mail des Wirtschaftsprüfers, beschließt zu behaupten, sie nie erhalten zu haben. Er legt mit sofortiger Wirkung aus persönlichen Gründen sein Amt nieder, er schiebt gesundheitliche Gründe vor. Schon zur Hauptversammlung hat der Aufsichtsrat einen neuen Finanzvorstand bestellt. Zwei Monate später wird durch Nachfassen des Wirtschaftsprüfers der Vorgang dem Gesamtvorstand bekannt. Nun erfolgt erst die Adhoc-Mitteilung. Die Gesellschaft sieht sich zahlreichen Schadenersatzansprüchen von Kapitalanlegern ausgesetzt. Sie muss, da sie den Verlust des Milliardenbetrags nicht verkraften kann, Insolvenz anmelden. Der ehemalige Finanzvorstand ist unbekannten Aufenthalts. Zahlreiche Kapitalanleger melden Schadensersatzansprüche wegen verspäteter Adhoc-Mitteilungen zur Tabelle an. Sie machen geltend, bei rechtzeitiger Meldung hätten sie Aktien des Unternehmens nicht mehr erworben. Der Insolvenzverwalter prüft Rückgriffsansprüche gegen den Gesamtvorstand sowie den Aufsichtsrat. Der D&O-Versicherer beruft sich auf den Ausschluss der Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit sog. "Insider-Regeln". Da der Zusammenhang hier auch für die Rückgriffsansprüche gegeben ist, besteht keine Eintrittspflicht, dies gilt erst recht für etwaige unmittelbare Ansprüche der Kapitalanleger gegen die Organmitglieder.

[1] Marktmissbrauchsverordnung (MMVO) = Verordnung (EU) Nr. 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. 4.2014 über Marktmissbrauch und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinien 2003/124/EG, 2003/125/EG und 2004/72/EG der Kommission – die englische Abkürzung lautet MAR für Market Abuse Regulation, siehe Art. 8 I 1 MMVO: "Für die Zwecke dieser Verordnung liegt ein Insidergeschäft vor, wenn eine Person über Insiderinformationen verfügt und unter Nutzung derselben für eigene oder fremde Rechnung direkt oder indirekt Finanzinstrumente, auf die sich die Informationen beziehen, erwirbt oder veräußert."

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