Rz. 27

In den AVB D&O finden sich teils Anzeigeobliegenheiten, wonach die Eröffnung des Insolvenzverfahren bzw. Stellung des Insolvenzantrag ggf. als Gefahrerhöhung oder sonst als gefahrerheblicher Umstand anzuzeigen ist.. Solche vertraglichen Obliegenheiten müssen sich im Rahmen von § 28 VVG halten. Sie sind grundsätzlich statthaft.

 

Rz. 28

Stattdessen oder auch daneben sind Klauseln anzutreffen, die Regelungen zum Fortbestand des D&O-Vertrag konkret zur Beendigung bzw. Nachmeldung und Umstandsmeldungen, vor allem die Meldung von Pflichtverletzungen vor Antragsstellung bzw. Eröffnung zur Wahrung des Versicherungsschutzes vorsehen (siehe dazu bereits oben III 2).

 

Rz. 29

Klauseln könnten eine automatische Beendigung des D&O-Versicherungsvertrags für den Fall der Insolvenz vorsehen. In der Praxis wird meist nicht eine Beendigung des D&O-Versicherungsvertrags vereinbart, sondern es findet eine Begrenzung der versicherten Pflichtverletzungen bis zu einem bestimmten Zeitpunkt statt. So werden nur Pflichtverletzungen bis zum Eintritt der Insolvenzreife oder wie hier in A-5.5. AVB D&O bis zur Stellung des Insolvenzantrags oder bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahren versichert. Die Einbeziehung der Pflichtverletzungen könnte mit dem Insolvenzereignis (Antragsstellung oder Eröffnung) oder mit Schluss der Versicherungsperiode enden. Da die Pflichtverletzung die entscheidende haftungsauslösende Handlung ist, endet damit der Versicherungsschutz. Der formale Bestand des Versicherungsschutzes bringt nur noch dann einen "Mehrwert", falls aus denen in der Vergangenheit bereits begangenen Pflichtverletzungen Ansprüche erhoben werden sollen, weil grundsätzlich die Anspruchserhebung auch während der Vertragslaufzeit erfolgen muss, sofern nicht eine Nachmeldefrist vereinbart ist. Auch eine Klausel, die eine Beendigung des D&O-Versicherungsvertrags vorsieht, soweit die Jahresprämie bei Eröffnung noch nicht bezahlt ist, ist vorstellbar. Die möglichen Varianten sind zahlreich. Denkbar sind auch Klauseln die Ausnahmen machen z.B. für eine Fortsetzung des Vertrags bei einer Sanierung bei Berücksichtigung im Insolvenzplan oder im Schutzschirmverfahren und es bei einem Scheitern aber bei der Beendigung des Vertrags belassen.

 

Rz. 30

Wieder andere Klauseln schließen im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Nachmeldefrist aus. Das kann so ausgestaltet sein, dass der Versicherte dann kein Recht mehr haben soll, eine Nachmeldefrist eingeräumt zu bekommen.

 

Rz. 31

Die Musterbedingungen in A-5.5 AVB D&O legen fest, dass sich der Versicherungsschutz nur auf Pflichtverletzungen erstreckt, die bis zum Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung begangen worden sind. Hintergrund der Regelung ist, dass sich in der Insolvenzsituation die Ziele und die Geschäftsführung der Gesellschaft ändern.[1] Der spätere Insolvenzverwalter selbst wird zwar verfügungsbefugt und übernimmt die Leitungsaufgaben, aber mit anderer Zielrichtung, nämlich der Verwertung, ggf. durch Fortführung im Gläubigerinteresse. Der Verwalter selbst ist nicht in der D&O-Versicherung mitversichert, schon weil er kein Organ ist und bei den versicherten Personen auch nicht genannt ist.[2].

 

Rz. 32

Ältere Musterbedingungen sahen bereits eine Beendigung des Einschlusses von Pflichtverletzungen für den Zeitpunkt des Eintritts der Insolvenzreife vor, der zeitlich weit vor der Insolvenzantragstellung liegen kann. Andere Regelungen wiederum nehmen erst Pflichtverletzungen ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Versicherungsschutz aus.

 

Rz. 33

Soweit diese AVB-Vorschriften die Erfüllungswahl des Insolvenzverwalters nach § 103 ff. InsO einschränken bzw. aushöhlen sind sie gemäß § 119 InsO unwirksam.[3] Insofern ist den Ausführungen von Schaffer zu folgen, die die Rechtsprechung des BGH zu Lösungsklauseln in Energielieferungsverträgen auf entsprechende Klauseln in D&O-Versicherungsverträgen überträgt.[4]

 

Rz. 34

Nach der hier vertretenen Auffassung hat der Insolvenzverwalter das Recht zur Erfüllungswahl gemäß § 103 InsO (siehe unter 4.). Außerdem ändern die Klauseln das Recht der Gefahrerhöhung ab. Nach diesen bestünde lediglich eine Anzeigeobliegenheit und eine Kündigungsmöglichkeit des Versicherers und gerade keine automatische faktische Beendigung des Vertrags durch Begrenzung der relevanten Pflichtverletzungen. Solche Klauseln wären wegen des halbzwingenden Charakters der Vorschriften zur Gefahrerhöhung unwirksam. Vertritt man aber die Auffassung, dass jeweils mit der Insolvenzeröffnung keine Gefahrerhöhung eintritt, weil durch den Übergang der Verfügungsbefugnis auf den nicht in der D&O-Versicherung versicherten Insolvenzverwalter die Gefahr der Organhaftung sogar sinkt, ließe sich eine Wirksamkeit einer Klausel, die eine Beendigung des Versicherungsschutzes mit Eröffnung eintreten lässt, begründen. Allerdings bleibt der Einwand der Vereitelung des Rechts des Insolvenzverwalter zur Wahl der Erfüllung bestehen, der ausreicht, um eine Unwirksamkeit zu begründen.

 

Rz. 35

Klauseln, die Pflichtverle...

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