Die Berufung hat Erfolg! Beim Austausch der Fenster handele es sich um keine Modernisierungsmaßnahme, sondern um eine Erhaltung, teilweise in der Form der modernisierenden Erhaltung. Denn die Fenster würden nicht anlasslos auf einen höheren Stand der Technik gehoben. Eine etwaige Verbesserung erfolge im Zuge einer von der Mehrheit der Wohnungseigentümer angenommenen Reparaturbedürftigkeit der Fenster. Zwar widerspreche es einer ordnungsmäßigen Verwaltung, Erhaltungsmaßnahmen zu beschließen, ohne zuvor über den Umfang der Schäden und deren mögliche Ursache eine Bestandsaufnahme gemacht zu haben. Denn nur aufgrund einer Bestandsaufnahme könne sachgerecht entschieden werden, ob eine Mangelbehebung zwingend erforderlich, ob sie sofort durchzuführen und in welchem Umfang sie vorzunehmen sei. Diese Bestandsaufnahme müsse aber nicht zwingend durch einen vereidigten Sachverständigen vorgenommen werden. Bei einer Schadensursache, die auf der Hand liege und technisch einfach gelagert sei, reiche der Sachverstand von Handwerksfirmen aus. So aber liege es im Fall. Es sei auch nicht zu beanstanden, dass weder die Wohnungseigentümer selbst noch der Verwalter vor Auftragsvergabe 3 Vergleichsangebote eingeholt hätten. Dem Gebot der Wirtschaftlichkeit sei schon dadurch Genüge getan worden, dass die übernommenen Beträge ohnehin gedeckelt seien. Zudem seien den Wohnungseigentümern die Beträge aus vorangegangenen Beschlussfassungen bekannt gewesen.

Hinweis

  1. Das aktuelle Recht unterscheidet nur noch die Erhaltung von solchen Maßnahmen, die über eine ordnungsmäßige Erhaltung hinausgehen, und kennt ausdrücklich nicht mehr eine modernisierende Erhaltungsmaßnahme. Der Sache nach gibt es aber noch solche Maßnahmen, wenn man nämlich, wie im Fall, etwa marode Holzfenster gegen Fenster mit Kunststoffrahmen austauscht. Daher ist es jetzt auch streitig geworden, wie man solche Fälle zu beurteilen hat. Meiner Meinung nach hat sich insoweit nichts geändert und modernisierende Erhaltungsmaßnahmen sind weiterhin als Erhaltungsmaßnahmen einzuordnen. Diese Einordnung spielt zwar keine Rolle für die zu erreichende Beschlussmehrheit: Denn sowohl der Beschluss nach § 19 Abs. 1 WEG als auch der Beschluss nach § 20 Abs. 1 WEG bedarf nur einer einfachen Mehrheit. Der Unterschied liegt aber in der Frage, wer die Kosten der Maßnahme zu tragen hat:

    • Ordnet man modernisierende Erhaltungsmaßnahmen als eine Erhaltungsmaßnahme ein, handelt es sich um Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nach § 16 Abs. 2 Satz 1 WEG. Diese sind von allen Wohnungseigentümern zu tragen.
    • Ordnet man modernisierende Erhaltungsmaßnahmen als Maßnahmen ein, die über eine Erhaltungsmaßnahme hinausgehen, ist die Frage, wer die Kosten zu tragen hat, nach § 21 WEG zu beantworten. Sämtliche Wohnungseigentümer müssen in diesem Fall nur dann die Kosten tragen, wenn die hohen Tatbestandsvoraussetzungen des § 21 Abs. 2 WEG erfüllt sind.
  2. Das LG weist zurecht darauf hin, dass einer Erhaltungsmaßnahme eine Bestandsaufnahme vorauszugehen hat. Ferner muss man vor Beginn einer Erhaltungsmaßnahme eine Antwort auf die Frage finden, auf welche Art und Weise man einem Mangel des gemeinschaftlichen Eigentums sachgerecht entgegenzutreten hat. Die Ansicht des Gerichts, diese Bestandsaufnahme könne auch ein Handwerker leisten und man müsse keinen Sachverständigen beauftragen, ist im Einzelfall vertretbar. Allerdings ist der Maßstab, den das Gericht wählt, nämlich eine Schadensursache, die auf der Hand liegt, und die Frage, ob die Erhaltungsmaßnahme technisch "einfach gelagert ist", streitanfällig. Einem Verwalter ist daher zu raten, den Wohnungseigentümern eine Begutachtung durch einen Sachverständigen zu empfehlen und diesen Tipp in der Niederschrift festzuhalten. Wenn sich dann die Wohnungseigentümer dafür entscheiden, dass aus ihrer Sicht eine Beratung durch einen Handwerker ausreicht, ist das vom Verwalter hinzunehmen. Umgekehrt dürfte er aber seine Pflichten als Organ der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verletzt haben und wird im Einzelfall auf Schadensersatz haften müssen.
  3. Das LG meint ferner, im Fall habe es keiner Vergleichsangebote bedurft. Für den Verwalter ist diese Rechtsansicht mit großer Vorsicht zu genießen. Es mag zwar sein, dass im Gerichtssprengel Frankfurt am Main in vergleichbaren Fällen keine Unbill droht. Dies dürfte in vielen anderen Landgerichtsbezirken aber ganz anders sein. Es ist daher zum jetzigen Zeitpunkt noch dringend dazu zu raten, für die Frage, welches Unternehmen Fenster reparieren soll bzw. welches Unternehmen marode Holzfenster gegen neue Kunststofffenster austauschen soll, dringend Angebote einzuholen. Jedenfalls sollte der Verwalter den Wohnungseigentümern diesen Weg empfehlen.

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