Leitsatz

Trotz der Formulierung "dass wir beide Ehegatten miteinander durch irgendein Ereignis sterben" kann ein gemeinschaftliches Testament im Einzelfall dahingehend ausgelegt werden, dass es allgemein den Schlusserbfall und nicht nur den Fall des gleichzeigen Versterbens regelt.

 

Sachverhalt

Zum Zeitpunkt der gemeinsamen privatschriftlichen Testamentserrichtung war der 20 Jahre ältere Ehemann an Krebs erkrankt. Das Testament bestimmt, dass "sollte es Gott dem Allmächtigen gefallen, dass wir beide Ehegatten miteinander durch irgendein Ereignis sterben" der Nachlass in 6 Teile geteilt wird. 4/6 gehen an die Familie des Ehemannes. 1/6 soll den Geschwistern der Ehefrau zufallen, die übrigen Erben sind namentlich genannt. 3 bzw. 9 Jahre später verfassen die Eheleute die Verfügungen "Testament Ergänzung am …" und "Beilage zum Testament vom …", die folgende Formulierungen enthalten: "nach unserem Tode vererben" und "nach unserem Ableben".

Die Erblasserin verstirbt 32 Jahre nach ihrem Ehemann. Mit der Beschwerde wendet sich die Beteiligte zu 14) - Abkömmling eines der 8 vorverstorbenen Geschwister der Erblasserin - gegen die Entscheidung des LG, dass hier die gewillkürte Erbfolge gelte, und rügt zudem, dass das LG die fehlende namentliche Benennung der Ersatzerben auf Seiten der Verwandten des Ehemannes entgegen § 2067 BGB unberücksichtigt gelassen hat.

 

Entscheidung

Die Auslegung des Tatrichters am LG, dass die ursprüngliche Formulierung nur Ausdruck des Glaubens sei, das Testament mithin auch für den Fall des zeitlich versetzten Ablebens gelten solle, ist möglich und daher nicht rechtsfehlerhaft. Bestätigt wird diese Ansicht auch durch die Formulierungen in den Zusätzen. Zudem spricht hierfür, dass der überwiegende Teil des Nachlasses an die Familie des Mannes geht, von dem der Großteil des gemeinsamen Vermögens herstammt. Schließlich war ein gemeinsames Ableben schon bei Testamentserrichtung auf Grund der Krebserkrankung des Mannes und des Altersunterschiedes von 20 Jahren wenig wahrscheinlich.

Des Weiteren ist zu beachten, dass § 2067 BGB nicht einschlägig ist, wenn die Bedachten namentlich genannt oder nach individuellen Merkmalen bedacht sind. So ist auch der Begriff "Geschwister" hiernach nicht auslegungsfähig. Eine entsprechende Anwendung kann jedoch in Betracht kommen, wenn der Erblasser bestimmte Verwandtengruppen, aber nicht deren Erbanteile bestimmt hat, so dass sich diese nun nach Stämmen richten. Im Übrigen sagt § 2067 BGB nichts über die Frage aus, ob im Falle des Versterbens bedachter Geschwister deren Abkömmlinge zu Ersatzerben berufen sind.

 

Link zur Entscheidung

OLG München, Beschluss vom 30.07.2008, 31 Wx 29/08

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