Leitsatz

Ein Gesellschafter einer wegen Vermögenslosigkeit im Handelsregister gelöschten GmbH i.L. kann den Mitgesellschafter, der die Gesellschaft geschädigt haben soll, auch nach Bestellung eines Nachtragsliquidators mit einer Gesellschafterklage auf Auskunft und Schadensersatzleistung an die Gesellschaft in Anspruch nehmen.

 

Sachverhalt

Die Prozessparteien waren zu je 50 % Gesellschafter einer GmbH, deren Auflösung sie 1999 beschlossen. Liquidator wurde der Beklagte, der im August 2000 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH i.L. beantragte. Das AG lehnte den Antrag im Jahr 2001 mangels Masse ab. Die GmbH i.L. wurde danach wegen Vermögenslosigkeit gemäß § 141a FGG im Handelsregister gelöscht. Der Kläger verlangt jetzt vom Beklagten Auskunft sowie die Vorlage von Unterlagen über den Verbleib und die Verwertung von der GmbH entwickelter Computerprogramme, außerdem die Vorlage von Jahresabschlüssen für die Geschäftsjahre 1999 und 2000. Hilfsweise begehrt er Auskunftserteilung an den mittlerweile bestellten Nachtragsliquidator. Der BGH gab der Klage im Hilfsantrag grundsätzlich statt und verwies die Sache zur weiteren Aufklärung zurück.

 

Entscheidung

Der Gesellschafter einer GmbH kann berechtigt sein, einen Mitgesellschafter auf Leistung an die Gesellschaft in Anspruch zu nehmen. Dies kommt etwa dann in Betracht, wenn dieser seine zwischen den Gesellschaftern bestehende Treuepflicht verletzt und durch eine damit verbundene Schädigung des Vermögens der GmbH mittelbar auch das Vermögen des klagenden Gesellschafters geschädigt hat[1]. Auch in der Verletzung der Organpflichten eines Gesellschafter-Geschäftsführers oder eines Gesellschafters als Liquidator kann zugleich eine Verletzung der Treuepflicht liegen[2]. Prinzipiell muss das Gesellschaftsorgan – hier also der Nachtragsliquidator – eine solche Leistungsklage erheben. Eine Ausnahme von diesem Prinzip gilt, wenn eine Klage der Gesellschaft undurchführbar, durch den Schädiger selbst vereitelt worden oder infolge der Machtverhältnisse in der Gesellschaft unzumutbar erschwert ist[3]. Im vorliegenden Fall verfügte die Liquidationsgesellschaft überhaupt nicht über die zur Rechtsverfolgung erforderlichen Mittel, was schon aufgrund ihrer Löschung im Handelsregister wegen Vermögenslosigkeit anzunehmen ist. Der Kläger darf daher eine entsprechende Gesellschafterklage erheben. Die erstrebten Auskünfte sind gegenüber dem Liquidator zu erteilen[4].

 

Praxishinweis

Ebenso wie ein in das Gesellschaftsvermögen zu leistender möglicher Schadensersatz steht auch das Ergebnis der begehrten Auskunft primär der Gesellschaft zu. Von ihr kann der Kläger gemäß § 51a GmbHG gegebenenfalls die Weitergabe der für eine Gesellschafterklage auf Schadensersatz erforderlichen Informationen verlangen.

 

Link zur Entscheidung

BGH-Urteil vom 29.11.2004, II ZR 14/03

[1] Vgl. BGH-Urteil vom 4.5.1990, II ZR 185/89, WM 1990, S. 1240
[4] Vgl. ebenda

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