OFD Karlsruhe, 20.10.2014, S 225.8/6 St 122

 

1. Zivilrechtliche Regelungen zum Versorgungsausgleich nach dem VAStrRefG seit dem 1.9.2009

Zum 1.9.2009 ist das Gesetz zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs (VAStrRefG) vom 3.4.2009, BGBl 2009 I S. 700, und hier insbesondere das darin enthaltene Gesetz über den Versorgungsausgleich (VersAusglG) in Kraft getreten. Anstelle der bis dahin geltenden Verrechnung aller in der Ehezeit erworbenen Anrechte und anschließendem hälftigem Wertausgleich über die gesetzliche Rentenversicherung sind nunmehr die in der Ehezeit erworbenen Anwartschaftsrechte im Regelfall innerhalb des jeweiligen Versorgungssystems zu teilen.

Nach dem Grundsatz der internen Teilung werden die von den Ehegatten in den unterschiedlichen Altersversorgungssystemen erworbenen Anrechte (z.B. gesetzliche Rentenversicherung, betriebliche Altersversorgung etc.) innerhalb des jeweiligen Systems geteilt und für den ausgleichsberechtigten Ehegatten eigenständige Versorgungsanrechte geschaffen.

In bestimmten Fällen kommt auch eine externe Teilung in Betracht, bei der das Anwartschaftsrecht des Ausgleichsberechtigten bei einem anderen Versorgungsträger begründet wird. Nur in Ausnahmefällen ist auch weiterhin anstelle einer internen oder externen Teilung der schuldrechtliche Versorgungsausgleich möglich. Dabei bezieht die ausgleichsverpflichtete Person die Einkünfte in voller Höhe, ist aber verpflichtet, einen Teil davon an die ausgleichsberechtigte Person abzugeben (vgl. BMF-Schreiben vom 9.4.2010, BStBl 2010 I S. 323, ESt-Handbuch 2013 Anh. 33).

 

2. Ausgleichszahlungen zur Vermeidung der internen oder externen Teilung der Anwartschaftsrechte

Die gesetzlichen Regelungen zum Versorgungsausgleich können durch Parteivereinbarung (vgl. §§ 6 bis 8 VersAusglG) oder Ehevertrag (§ 1408 BGB) ausgeschlossen werden.

Diese Ausgleichszahlungen zur Vermeidung der internen oder externen Teilung der Anwartschaftsrechte sind nicht als vorweg genommene Werbungskosten i.S. § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG abzugsfähig. Zwar dient die Vereinbarung der Ausgleichszahlung dazu, den teilweisen Entzug der dem Ausgleichsverpflichteten zustehenden Anwartschaftsrechte zu verhindern und ihm den bereits erworbenen Vermögensgegenstand „Rentenrecht” ungekürzt zu erhalten. Bei der Abfindung für den Verzicht auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs handelt es sich jedoch um einen Erwerbsvorgang, der sich auf der privaten Vermögensebene und nicht auf der Einkunftsebene abspielt (vgl. Urteil des FG Köln vom 26.3.2014, 7 K 1037/12).

Die Ausgleichszahlung dient zwar dazu, den wirtschaftlich dem anderen Ehegatten zustehenden Anteil an der Anwartschaft zu erlangen. Jedoch ist dieser Erwerbsvorgang durch Hingabe von Vermögen vergleichbar einem erstmaligen Erwerb eines Rentenstammrechtes oder einem Ansparvorgang bei der Ansammlung von Kapitalvermögen, da in den späteren Rentenzahlungen zugleich auch eine Rückzahlung des hingegeben Kapitals zu sehen ist (vgl. u.a. BFH-Beschluss vom 6.3.2006, X B 5/05, BFH-Urteile vom 7.2.1990, X R 204/87, vom 5.5.1993, X R 128/90, BStBl 1993 II S. 867). Auch die mit Wirkung ab 2005 durch das Alterseinkünftegesetz eingeführte nachgelagerte Besteuerung der Alterseinkünfte bewirkt keine Änderung dieser Rechtsauffassung.

Da gegen das Urteil des FG Köln vom 26.3.2014 beim BFH unter dem Az. X R 41/14 ein Revisionsverfahren anhängig ist, können entsprechende Einspruchsverfahren nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO ruhen. Aussetzung der Vollziehung (§ 361 AO) kann auf Antrag gewährt werden.

Beispiel

Der noch verheiratete Arbeitnehmer M hat einen Anspruch auf künftige Altersversorgung aufgrund einer gesetzlichen Rentenversicherung. Anlässlich der Scheidung verzichtet die Ehefrau F aufgrund einer Vereinbarung nach § 6 VersAusglG im Jahr 2013 auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs gegen eine Ausgleichszahlung von 50.000 Euro.

Frage

Kann M die Ausgleichszahlung als vorweg genommene Werbungskosten bei § 22 EStG abziehen?

Lösung

Nein. M kann die Ausgleichszahlung nicht als vorweg genommene Werbungskosten bei § 22 EStG abziehen, denn es handelt sich bei der Ausgleichszahlung um Anschaffungskosten für das Rentenstammrecht.

Nach dem BFH-Urteil vom 8.3.2006, IX R 107/00 (BStBl 2006 II S. 446) sind Ausgleichszahlungen, die ein zum Versorgungsausgleich verpflichteter Ehegatte an den anderen Ehegatten leistet, um eine Kürzung seiner beamtenrechtlichen Versorgungsbezüge zu vermeiden, als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit abzugsfähig.

Das Anwartschaftsrecht des Beamten auf Altersversorgung entstehe außerhalb der einkommensteuerrechtlichen Zurechnungssphäre, da der Beamte erst nach Abschluss der Erwerbssphäre eine geldwerte Rechtsposition erhält. Wenn der Beamte einen Beitrag leistet, um sich die volle Pension zu sichern, dann erwerbe er damit keinen Kapitalanteil und deshalb auch keinen ihm steuerrechtlich zuordenbaren Vermögensgegenstand.

 

3. Ausgleichszahlungen zur Vermeidung des öffentlich-rechtlichen Verso...

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