Entscheidungsstichwort (Thema)

Arztkosten. Atemschutzuntersuchung. Aufwendungsersatz. Kostenerstattung. Kostenübernahme. Pflichtuntersuchung. Stationierungsstreitkräfte

 

Leitsatz (amtlich)

§ 4 des Tarifvertrags für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TV AL II) berechtigt den Arbeitgeber jedenfalls dann nicht, dem Arbeitnehmer die Kostenerstattung für eine turnusmäßig durchzuführende Tauglichkeitsuntersuchung (hier: Atemschutzuntersuchung G 26/3) zu verweigern, wenn der Arbeitnehmer diese nicht durch den vom Arbeitgeber hiermit üblicherweise betrauten Arzt durchführen läßt (dessen Kosten er auch übernimmt), sondern durch einen anderen, gleichermaßen qualifizierten Mediziner.

 

Normenkette

TV AL II § 4

 

Nachgehend

LAG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 30.01.2014; Aktenzeichen 2 Sa 361/13)

 

Tenor

1.) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 71,50 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.11.2012 zu zahlen.

2.) Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

3.) Der Streitwert wird auf 71,50 EUR festgesetzt.

4.) Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Erstattung ärztlicher Untersuchungskosten.

Der Kläger ist seit dem Jahre 1981 als Feuerwehrmann auf dem US-Flugplatz V bei den US-Stationierungsstreitkräften beschäftigt. Er hat turnusmäßig seine körperliche und gesundheitliche Eignung für den Feuerwehrdienst nachzuweisen, und zwar in Gestalt der sog. G 26/3-Atemschutzuntersuchung nach berufsgenossenschaftlichen Grundsätzen. Bei dieser Untersuchung handelt es sich um eine Pflichtuntersuchung i.S.v. § 4 der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV). Die Stationierungsstreitkräfte weigern sich, dem Kläger entstandene Untersuchungskosten in Höhe von 71,50 EUR zu erstatten, da er nicht den BAD B-Stadt, welchen sie normalerweise mit der Durchführung dieser Untersuchungen beauftragen, konsultiert hat, sondern einen eigenen Arzt, U, Internist und Arbeitsmediziner. Dieser ist ausweislich eines Schreibens des Landesverbandes Rheinland-Westfalen der gewerblichen Berufsgenossenschaften vom 06.09.2007 seit dem 03.11.1989 unbefristet „zur Durchführung spezieller arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen nach berufsgenossenschaftlichem Grundsatz 26 ‚Atemschutzgeräte’” ermächtigt.

Der Kläger behauptet, in der Vergangenheit stets einen eigenen Arzt zur Vornahme der G 26/3-Untersuchung aufgesucht zu haben. Dessen Befunde hätten die Stationierungsstreitkräfte anerkannt, weshalb sie auch die Kosten der Untersuchung zu tragen hätten. Sie könnten ihn nicht verpflichten, gerade und nur den BAD aufzusuchen und das Untersuchungsergebnis eines anderen, gleichermaßen qualifizierten Arztes zwar einerseits annehmen, andererseits aber eine Kostenübernahme verweigern. Diese verstoße gegen den Grundsatz der freien Arztwahl und stelle zudem eine sachwidrige Ungleichbehandlung dar, umso mehr, als die G 26/3-Untersuchung – unstreitig – nicht am Arbeitsplatz oder im Betrieb erfolge und nach einem bundesweit standardisierten Verfahren ablaufe, bei dem es – ebenfalls unstreitig – nicht auf etwaige Besonderheiten des jeweiligen Arbeitsplatzes ankomme. Grundlage für seinen Erstattungsanspruch sei zunächst eine betriebliche Übung, da die Stationierungsstreitkräfte in den letzten Jahren und Jahrzehnten ihm wie auch allen anderen Feuerwehrleuten stets ohne Einschränkungen oder Vorbehalte die Kosten der G 26/3-Untersuchung erstattet hätten, zum anderen aus dem einschlägigen Tarifvertrag für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TV AL II). Dessen § 4 lautet:

„§ 4 Arbeitsvertrag, ärztliche Untersuchung

a) Sofern die Beschäftigungsdienststelle von einem Arbeitnehmer bei der Einstellung einen Nachweis über seine körperliche Eignung (Gesundheitszustand und Arbeitsfähigkeit) durch das Zeugnis eines von ihr bestimmten Arztes verlangt, trägt sie die Kosten der Untersuchung.

b) Die Beschäftigungsdienststelle trägt auch die Kosten für ärztliche Zeugnisse und Bescheinigungen, die sie im Laufe des Beschäftigungsverhältnisses aufgrund gesetzlicher Vorschriften von dem Arbeitnehmer verlangt, sofern nicht deutsche Behörden die Kosten übernehmen.”

In den Sonderbestimmungen P für Feuerwehrpersonal, Werkschutzpersonal und Wachpersonal (TV AL II, Anhang P I) heißt es unter Ziff. 2:

„Zu § 4 Arbeitsvertrag, ärztliche Untersuchung

Ziffer 4 (ärztliche Untersuchung) wird wie folgt ergänzt:

Der Gesundheitszustand des Feuerwehrpersonals wird – unabhängig vom Lebensalter – durch regelmäßig zu wiederholende ärztliche Untersuchungen überwacht. Die Untersuchungen sollen in der Regel jährlich nach berufsgenossenschaftlichen und ggf. arbeitgebereigenen Grundsätzen vorgenommen werden … Die Kosten trägt die Beschäftigungsdienststelle.”

§ 4 Ziff. 4b TV AL II sehe damit klar und deutlich eine Kostenübernahme durch den Arbeitgeber vor. Auch die ArbMedVV schreibe dem Arbeitnehmer keinen bestimmten Arzt vor, sondern lege nur...

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