Nachgehend

BAG (Urteil vom 26.08.1998; Aktenzeichen 5 AZR 769/97)

LAG Saarland (Urteil vom 15.10.1997; Aktenzeichen 2 Sa 106/97)

 

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 91,69 DM brutto (Einundneunzig 69/100 Deutsche Mark) nebst 4 % Zinsen aus dem Nettobetrag seit 22.11.1996 zu zahlen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

3. Der Streitwert wird auf 91,69 DM festgesetzt.

4. Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe der Entgeltfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit im Oktober 1996.

Der Kläger ist seit 1969 bei der Beklagten als Holzfacharbeiter zu einem Monatsverdienst von 4.970,00 DM brutto beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft beiderseitiger Verbandszugehörigkeit die Tarifverträge der holz- und kunststoffverarbeitenden Industrie und verwandter Industriezweige des Saarlandes Anwendung. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt 37 Stunden.

Im Oktober 1996 war der Kläger zwei Tage infolge Krankheit arbeitsunfähig. Für diese beiden Tage kürzte die Beklagte den Lohn des Klägers um 20 % = 91,67 DM brutto (100 % = 458,36). Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte sei zur Entgeltfortzahlung in Höhe von 100 % verpflichtet. Das ergebe sich aus Ziffer 39 des Manteltarifvertrages der holz- und kunststoffverarbeitenden Industrie und verwandter Industriezweige des Saarlandes (MTV). Ziffer 39 MTV lautet:

„Bei Arbeitsunfähigkeit infolge von Krankheit gelten die Vorschriften des Gesetzes über die Fortzahlung des Arbeitsentgeltes im Krankheitsfalle vom 27.07.1969. Das fortzuzahlende Arbeitsentgelt ist abweichend von § 2 Abs. 1 LFZG wie folgt zu berechnen:

Der Arbeitnehmer erhält für jeden Krankheitstag, für den er nach dem LFZG Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts hat (d. h. Arbeitstage und auf solche fallende Feiertage), 1/65 des während der letzten abgerechneten 3 Monate bzw. 13 Wochen erzielten Gesamtverdienstes.

Im Falle des Vorliegens einer Vereinbarung nach Ziffer 86 Abs. 2* kann der Bezugszeitraum für die Errechnung des während der Krankheit fortzuzahlenden Arbeitsentgelts bis zu 6 Monaten bzw. 26 Wochen ausgedehnt werden. In diesem Falle beträgt das während der Krankheit fortzuzahlende Entgelt 1/130 des Gesamtverdienstes während der letzten abgerechneten 6 Monate bzw. 26 Wochen für jeden Krankheitstag, für den der Arbeitnehmer Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts hat. Im Bezugszeitraum eintretende Tariferhöhungen sind in diesem Falle entsprechend zu berücksichtigen.

Von dem Divisor (65 bzw. 130) sind Krankheitstage, die über die Dauer von 6 Wochen hinausgehen, sowie Tage unbezahlter Freistellung von der Arbeit (nicht jedoch Bummeltage), soweit sie auf Arbeitstage fallen, abzuziehen.

Zu dem Gesamtverdienst gehören auch die Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle, Vergütungen für Mehr-, Nacht- und Sonntags- sowie Feiertagsarbeit. Unberücksichtigt bleiben dagegen sonstige Zuwendungen (z. B. zusätzliches Urlaubsgeld, Gratifikationen), Aufwandsentschädigungen (z. B. Auslösungen) und ähnliches.

In Betrieben oder Betriebsabteilungen, in denen gemäß Ziffer 12 Abs. 2 die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit auf mehr als 5 Tage in der Woche verteilt ist, gilt die Ziffer 82 Abs. 3 entsprechend. Wird in dem Betrieb verkürzt gearbeitet, und wurde deshalb das Arbeitsentgelt des Arbeiters im Falle seiner Arbeitsunfähigkeit gemindert, so ist die verkürzte Arbeitszeit für ihre Dauer als die für den Arbeitnehmer maßgebende regelmäßige Arbeitszeit anzusehen. Ist in einem solchen Falle die Berechnung nach den vorstehenden Bestimmungen nicht möglich, so erfolgt die Berechnung nach dem Ausfallprinzip gemäß § 2 LFZG).”

Der Kläger ist der Meinung, Ziffer 39 MTV regele die Höhe der Entgeltfortzahlung konstitutiv und verweise nicht nur deklaratorisch auf das Gesetz. § 4 Entgeltfortzahlungsgesetz in der ab 1.10.1996 geltenden Fassung finde deshalb keine Anwendung.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 91,67 DM brutto nebst 4 % Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, Ziffer 39 MTV enthalte keine eigenständige Regelung der Höhe der Entgeltfortzahlung, sondern nur der Berechnungsmethode, indem das Lohnausfallprinzip durch das Referenzprinzip ersetzt werde. Für die Höhe der Entgeltfortzahlung finde daher § 4 Entgeltfortzahlungsgesetz Anwendung. Das bedeute, daß das nach der Berechnungsmethode in Ziffer 39 MTV gefundene Rechenergebnis um 20 % zu kürzen sei.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet. Der Kläger hat nach § 3 I Entgeltfortzahlungsgesetz i.V.m. Ziffer 39 MTV für jeden Krankheitstag Anspruch auf 1/65 des während der letzten abgerechneten 3 Monate bzw. 13 Wochen erzielten Gesamtverdienstes. Der so errechnete Verdienst ist nicht um 20 % zu kürzen. § 4 I Entgeltfortzahlungsgesetz findet keine Anwendung, weil Ziffer 39 MTV bezüglich der Höhe des ...

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