Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger tragt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf DM 25.000,– festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer ausgesprochenen Kündigung des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses durch den Beklagten am 25. Juli 2000 sowie um Vergütung für November 2000.

Der Kläger war beim Beklagten seit 1. Dez. 1999 als Auftragsbearbeiter bei einem Bruttomonatsgehalt von 6.000.– DM beschäftigt. Am 30. Mai 2000 erlitt er einen Arbeitsunfall, dessentwegen er seither arbeitsunfähig erkrankt war.

Mit Schreiben vom 25. Juli 2000 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis zum Kläger. Der Kläger unterzeichnete das beim Beklagten verbleibende und das ihm ausgehändigte Kündigungsschreiben zur Bestätigung des Erhalts noch am Tag der Ausstellung des Schreibens.

Mit Schreiben vom 30. Nov. 2000 forderte der Kläger den Beklagten auf, den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zu bestätigen und die Novembervergütung zu bezahlen. Dies lehnte der Beklagte mit Schreiben vom 5. Dez. 2000 ab.

Mit seiner am 3. Jan. 2001 beim Arbeitsgericht Regensburg eingegangenen und dem Beklagten am 8. Jan. 2001 zugestellten Klage vom 30. Dez. 2000 begehrt der Kläger, den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses festzustellen und den Beklagten zur Zahlung der Novembervergütung zu verurteilen.

Er ist der Ansicht, die ausgesprochene Kündigung sei unwirksam, da das Kündigungsschreiben nicht unterzeichnet gewesen sei.

Er beantragt:

  1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers mit dem Beklagten, durch die Kündigung vom 25. Juli 2000 nicht beendet ist, sondern darüber hinaus fortbesteht.
  2. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für ein Bruttogehalt von DM 6.000.– eine ordnungsgemäße Lohnabrechnung zu erteilen.
  3. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger eine Bruttovergütung für den Monat November 2000 von 6.000,– DM zu bezahlen.

Der Beklagte beantragt

Klageabweisung.

Er trägt vor, das Kündigungsschreiben sei sehr wohl unterzeichnet. Der Beklagte habe dem Kläger nur versehentlich das für seine Akten bestimmte, von ihm – dem Beklagten – nicht unterzeichnete Durchschriftsexemplar ausgehändigt.

Jedenfalls hält er die Klage für verwirkt.

Das Gericht hat keinen Beweis erhoben.

Wegen des Sachvortrags der Parteien im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die in zulässiger Weise erhobene Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

I. Die Klage ist zulässig.

1. Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten ist eröffnet (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 b ArbGG). Die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts folgt aus §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 12, 13 ZPO.

2. Der Kläger hat sein Klägerecht nicht verwirkt. Eine Verwirkung der Klagebefugnis als solcher ist grundsätzlich nicht anzuerkennen. Die insoweit bejahenden Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (BAG v. 2.11.1961, AP Nr. 1 zu § 242 BGB Prozeßverwirkung; BAG v. 11.11.1982, EzA § 629 BGB n.F. Nr. 61; BAG v. 20.5.1988, EzA § 242 BGB Prozeßverwirkung Nr. 1; einschränkend BAG v. 6.11.1997, EzA § 242 BGB Prozeßverwirkung Nr. 2) stellen darauf ab, dass wegen der lange verstrichenen Zeit beim Beklagten ein „prozessuales Erwartungsverhältnis” geschaffen sei, das ein Vertrauen rechtfertige, „nicht mehr mit einem Kündigungsrechtsstreit überzogen zu werden” (BAG v. 2.11.1961, a.a.O.). Diese Argumentation verkennt aber, dass gerade das geltend gemachte materielle Recht von der Verwirkung betroffen ist. Eine Partei, kann nicht darauf vertrauen, nicht mehr mit einem Rechtsstreit überzogen zu werden. Das Vertrauen des Schuldners, ein bestimmtes Recht werde nicht mehr gerichtlich geltend gemacht, ist gerade charakteristisches Merkmal der materiellen Verwirkung. Die Verwirkung der Klagebefugnis setzte aber voraus, dass der Gegner allein mit der gerichtlichen Inanspruchnahme nicht mehr zu rechnen brauchte, eine außergerichtliche jedoch noch für möglich halten durfte (Baumgärtel, ZZP 75 [1962], 385.387).

Die Ursache der vom Bundesarbeitsgericht vertretenen Annahme liegt im Unterlassen einer genauen Differenzierung zwischen Prozessverwirkung und materieller Verwirkung, wie gerade im Urteil vom 15. Juli 1960 (AP Nr. 43 zu § 626 BGB) deutlich zu Tage tritt. Dort wird ausgeführt:

„Gleichwohl kann aber die Tatsache, daß der Gekündigte die Kündigung nicht angreift, dann, wenn das Arbeitsverhältnis aufgrund der Kündigung tatsächlich beendet wird, zur Folge haben, daß es auch sein rechtliches Ende findet. Der gekündigte verwirkt nämlich das Recht, sich gegen die Kündigung zu wenden und die Rechte aus dem Arbeitsverhältnis geltend zu machen, wenn er sich jahrelang so verhält, daß der Kündigende nicht mehr zu rechnen braucht, der Gekündigte werde die Kündigung angreifen.”

Die vorstehenden Ausführungen beziehen sich nach ihrem Wortlaut allem auf das materielle Recht, nicht aber auf dessen klageweise Geltendmachung. Angesichts dessen ist gerade bei einer Feststellungsklage die Verwirkung der Klagebefugnis...

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