Tenor

1. Der Rechtsstreit wird ausgesetzt.

2. Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden durch den vorliegenden Beschluss im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens nachfolgende Fragen vorgelegt:

a. Ist Paragraph 8 Absatz 3 der Rahmenvereinbarung (Richtlinie des Rates zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge 1999/70/EG vom 28. Juni 1999) dahingehend auszulegen, dass er im Rahmen der Umsetzung in innerstaatliches Recht eine Verschlechterung durch Senkung des Alters von 60 auf 58 Jahre verbietet?

b. Ist Paragraph 5 Absatz 1 der Rahmenvereinbarung (Richtlinie des Rates zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge 1999/70/EG vom 28. Juni 1999) dahingehend auszulegen, dass er einer nationalen Regelung, die – wie die hier streitige – keine Einschränkungen im Sinne der drei Alternativen des Absatzes 1 enthält, entgegensteht?

c. Ist Artikel 6 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf dahingehend auszulegen, dass er einer nationalen Regelung, die – wie die hier streitige – die Befristung von Arbeitsverträgen mit Arbeitnehmern ab 52 Jahren – im Unterschied zum Grundsatz der Erforderlichkeit eines sachlichen Grundes – ohne das Vorliegen eines sachlichen Grundes zulässt, entgegensteht?

d. Falls eine der drei Fragen bejahend beantwortet wird: Hat der nationale Richter die dem EG-Recht entgegenstehende nationale Regelung unangewendet zu lassen und gilt dann der allgemeine Grundsatz des innerstaatlichen Rechts, nach dem Befristungen nur mit sachlichem Grund zulässig sind?

 

Gründe

I. Das Verfahren ist in analoger Anwendung von § 148 ZPO bis zur Entscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) auszusetzen. Es ist ein Vorlageverfahren nach Art. 234 EG durchzuführen, zu dem das Gericht als nationales Gericht nach Art. 234 Abs. 2 EG vorlageberechtigt ist. Der Beschluss über die Vorlage zum EuGH war im Hinblick auf den arbeitsrechtlichen Grundsatz der Verfahrensbeschleunigung (§ 9 Abs. 1 Satz 1 ArbGG) geboten. Für die Entscheidung des Rechtsstreits kommt es maßgeblich auf die Auslegung von abgeleitetem Gemeinschaftsrecht an, wie nachfolgend auszuführen ist. Zur Wahrung der Rechtseinheit innerhalb der Europäischen Gemeinschaft obliegt die abschließende Interpretation des Gemeinschaftsrechts dem EuGH (vgl. Borchardt, Der Europäische Gerichtshof, Art. 234, Rz. 2). Denn nach Art. 234 Abs. 3 EG sind einzelstaatliche Gerichte, gegen deren Entscheidung kein Rechtsmittel gegeben ist, zur Vorlage an den EuGH unter den gegebenen Voraussetzungen verpflichtet. Das Gebot effektiven Rechtsschutzes, das aus den gemeinsamen Verfassungstraditionen der Mitgliedsstaaten resultiert, gebietet es jedoch, das vorzulegende Verfahren sofort auszusetzen und dem EuGH vorzulegen und nicht erst die Befassung durch das letztinstanzliche Gericht abzuwarten.

II. Sachverhalt des Ausgangsverfahrens

Der Kläger ist am 18. 10. 1949 geboren. Bei Abschluss des ersten befristeten Arbeitsvertrages im Jahr 2001 war er 51 Jahre alt, bei Abschluss der letzten Befristungsvereinbarung war er älter als 52 Jahre. Die Parteien haben drei befristete Arbeitsverträge abgeschlossen, nämlich:

1. am 1. April 2001. Dessen Kopf mit Ziff. 1 lauten:

„Befristeter Arbeitsvertrag

(§ 14 Abs. 2 TzBfG)

zwischen

S

– nachfolgend Arbeitgeber genannt –

und

G. S.,

– nachfolgend Arbeitnehmer genannt –

wird folgender befristeter Arbeitsvertrag geschlossen:

1. Vertragsdauer

Der Arbeitnehmer wird vom 09.04.2001 bis 08.04.2002 als Elektriker in der Abteilung Elektrik-Produktion eingestellt. Die ersten drei Monate des Arbeitsverhältnisses gelten als Probezeit.

…”

2. am 2. April 2002. Dessen Kopf und Ziff. 1 lauten:

„Befristeter Arbeitsvertrag

1. Verlängerung

(§ 14 Abs. 2 TzBfG)

zwischen

S

– nachfolgend Arbeitgeber genannt –

und

G.S.,

– nachfolgend Arbeitnehmer genannt –

wird folgender befristeter Arbeitsvertrag geschlossen:

1. Vertragsdauer

Der Arbeitnehmer wird vom 09.04.2002 bis 08.04.2003 als Elektriker in der Abteilung Elektrik-Produktion eingestellt. Die Probezeit entfällt.

…”

3. am 8. April 2003. Dessen Kopf und Ziff. 1 lauten:

„Befristeter Arbeitsvertrag

(§ 14 Abs. 3 TzBfG)

zwischen

S

– nachfolgend Arbeitgeber genannt –

und

G.S.,

– nachfolgend Arbeitnehmer genannt –

wird folgender befristeter Arbeitsvertrag geschlossen:

1. Vertragsdauer

Der Arbeitnehmer wird vom 09.04.2003 bis 08.04.2004 als Elektriker in der Abteilung Elektrik-Produktion eingestellt. Die Probezeit entfällt.

…”

Die Beklagte hat dem Kläger mit Schreiben vom 23. März 2004 angezeigt, dass dessen Arbeitsverhältnis zum vorgesehenen Zeitpunkt am 8. April 2004 sein Ende finden werde, ohne dass es einer Kündigung seitens der Beklagten bedürfe.

Der Kläger sah in einer dem Schreiben vom 23. März 2004 vorangegangenen Erklärung seitens der Beklagten und im vorgenannten Schreiben selbst eine Kündigungserklärung, deren Unwirksamkeit er zunächst f...

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