Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterlassungsanspruch bei Betriebsänderungen nach § 111 BetrVG

 

Tenor

Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung untersagt, die geplante Betriebsänderung (Betriebsschließung der Filiale C.) durchzuführen, ehe die Verhandlungen über einen Interessenausgleich entsprechend § 112 Abs. 1 und Abs. 2 BetrVG, ggf. einschliesslich der Verhandlungen in der Einigungsstelle abgeschlossen oder gescheitert sind.

 

Tatbestand

I.

Die Parteien streiten über die Frage, ob der Betriebsrat, d.h. der Antragsteller, gegenüber der Antragsgegnerin einen Anspruch auf Unterlassung der Durchführung einer Betriebsänderung in Form einer Betriebsschliessung der Filiale C. zum 30.09.2005 hat.

Der Antragsteller ist der im Betrieb C. der Antragsgegnerin und Beteiligten zu 1 gebildete einköpfige Betriebsrat.

Die Antragsgegnerin beschäftigt in diesem Betrieb 13 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Das Unternehmen betreibt eine Vielzahl von Filialen in vergleichbarer Grösse.

In der 30. Kalenderwoche 2005 teilte Herr R. als Vertreter der Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass die Unternehmensleitung die Entscheidung getroffen habe, die Filiale in C. zu schliessen.

Ab dem 28.07.2005 fanden sodann Verhandlungen zwischen den Beteiligten statt. Im Rahmen dieser Verhandlungen führte die Antragsgegnerin aus, dass die Filiale Calw zum 30.09.2005 definitiv geschlossen werde, weil sie nicht mehr in das Vertriebskonzept des Unternehmens passe. Diese unternehmerische Entscheidung ergehe unabhängig von etwaigen Rentabilitätserwägungen, Kundenaufkommen, Umsatzzahlen, Vergleichswerten mit anderen Filialen etc. und liege allein im Vertriebskonzept, d.h. u.a. der Ausweitung des Sortiments begründet. Insbesondere spiele es daher auch keine Rolle, ob der Mietvertrag noch weiter laufe oder Gespräche über Ersatzstandorte geführt würden. Es sei Stand der Dinge, dass zum Schliessungszeitpunkt kein Ersatzstandort zur Verfügung stehe. Sofern über das sogenannte WLZ-Gelände als Ersatzstandort verhandelt worden sei, so wäre die Möglichkeit einer Errichtung einer Ersatzfiliale auf diesem Gebiet u.a. wegen der Probleme bei der Verkehrsanbindung ausgeschlossen. Es wäre unrichtig, dass die Beteiligte zu 1 oder eine Schwestergesellschaft bereits einen Mietvertrag über einen Ersatzstandort geschlossen hätten, der die Fortführung in Calw erlauben würde.

Mit Schreiben vom 01.08.2005 legte die Antragsgegnerin dem Antragsteller den Entwurf eines Interessenausgleichs vor. Wegen der Einzelheiten des vorgeschlagenen Interessenausgleichs (vgl. insoweit AS 56 – 58).

Die Parteien verständigten sich auf Vorschlag der Antragsgegnerin auf einen neuen Termin am 11.08.2005 um 15.00 Uhr. An diesem Gespräch nahmen für den Betriebsrat wieder Herr W. und Frau Wai. teil, darüberhinaus Herr Wi. sowie der Antragstellervertreter.

Auf Seiten des Antragsgegners nahmen teil Herr R. sowie Herr Rechtsanwalt. H.. Die Betriebsratsseite hatte in diesem Termin u.a. nochmals nachgefragt, wie der Stand der Verhandlungen über einen Ersatzstandort in C. aussehe. Hierauf hatte Herr R. u.a. erklärt, dass er keine weitergehenden Kenntnisse vom Stand irgendwelcher Verhandlungen bezüglich eines Ersatzstandortes Althengstett bzw. Calw habe.

Der Antragsteller hat mit Schreiben vom 17.08.2005 – übermittelt per Fax am 17.08.2005 – an Herrn R. ihre gesamten Fragen zusammengestellt, damit man im nächsten Termin in ernsthafte Verhandlungen über einen Interessenausgleich einsteigen könne.

Bereits mit Schreiben vom 15.08.2005 an die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende, Frau Wai. teilte der Geschäftsführer mit, dass er die Verhandlungen über den Abschluss eines Interessenausgleichs als gescheitert ansehe und die Einigungsstelle anrufe. Für den Vorsitz schlug er Herrn Richter am LAG Baden-Württemberg Pfeiffer sowie zwei Beisitzer je Seite vor. Mit Schreiben vom 19.08.2005 liess der Antragsteller mitteilen, dass man die Verhandlungen nicht für gescheitert ansehe und daher der Errichtung einer Einigungsstelle nicht zustimmen könne.

Mit Antrag vom 23.08.2005 leitete die Antragstellerin das Errichtungsverfahren ein. In diesem Verfahren erging am 09.09.2005 ein Beschluss, mit dem die Einigungsstelle errichtet worden ist (vgl. insoweit Beschluss der 4. Kammer des Arbeitsgerichts Pforzheim vom 09.09.2005 AS 47. 53).

In der Betriebsratssitzung vom 20.09.2005 beschloss der Betriebsrat gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts Beschwerde einzulegen und beauftragte den jetzigen Antragstellervertreter mit der Durchführung des Beschwerdeverfahrens.

Die Antragstellerseite ist der Auffassung, dass unzweifelhaft die Verpflichtung zur Verhandlung eines Interessenausgleichs bestehe. Zum 30.09.2005 seien durch die Einlegung der Beschwerde gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts bezüglich der Errichtung der Einigungsstelle die Verhandlungen jedenfalls vor der Einigungsstelle noch nicht gescheitert, da vor dem 30.09.2005 eine Sitzung der Einigungsstelle nicht stattfinden könne, da sie derzeit noch nicht...

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