Entscheidungsstichwort (Thema)

angestellte Lehrkraft. Kopftuch. Abmahnung

 

Normenkette

GG Art. 3; Landesverfassung NRW Art. 7, 12 Abs. 6; SchulG-NW § 57 Abs. 4; AGG §§ 7, 8 Abs. 1

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 27.01.2015; Aktenzeichen 1 BvR 471/10, 1 BvR 1181/10)

BVerfG (Beschluss vom 26.02.2014; Aktenzeichen 1 BvR 471/10, 1 BvR 1181/10)

BAG (Urteil vom 10.12.2009; Aktenzeichen 2 AZR 55/09)

LAG Hamm (Urteil vom 16.10.2008; Aktenzeichen 11 Sa 280/08)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

3. Der Streitwert wird auf 3.564,48 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Abmahnung, sowie der Berechtigung des beklagten Landes von der Klägerin zu verlangen, ohne Kopftuch zu unterrichten.

Die am 21.02.1977 geborene Klägerin ist bei dem beklagten Land seit dem 17.09.2001 als Lehrerin beschäftigt. Sie verdient 2.851,60 EUR brutto. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet nach § 2 des Arbeitsvertrages vom 04.09.2001 der Bundesangestelltentarifvertrag (nunmehr TvöD) Anwendung.

Nach § 1 des Arbeitsvertrages ist die Klägerin als Lehrerin für Schulen im Bezirk des Schulamtes für den Kreis H. und für den Kreis B. eingestellt. Mit Zusatzvertrag vom 11.07.2002 ist der Arbeitsvertrag vom 04.09.2001 unter anderem dahingehend geändert worden, dass die Klägerin als Lehrerin für Schulen im Bereich des Schulamtes für den Kreis R. beschäftigt ist. Die Klägerin unterrichtet muttersprachlichen Unterricht in türkischer Sprache, an dem ausschließlich Schüler islamischer Religionsrichtung teilnehmen.

Die Klägerin hat bereits bei ihrer Einstellungsbewerbung ein Lichtbild eingereicht, das sie mit Kopftuch zeigt und in der nachfolgenden Zeit ihren Dienst stets mit Kopftuch versehen.

Im August 2006 wurde die Klägerin vom Schulleiter darüber in Kenntnis gesetzt, dass das Tragen eines Kopftuchs mit der Neufassung des Schulgesetzes NRW nicht vereinbar sei. § 57 Abs. 4 des Schulgesetzes NRW lautet:

„1) Lehrerinnen und Lehrer dürfen in der Schule keine politischen, religiösen, weltanschaulichen ohne ähnliche religiöse Bekundungen abgeben, die geeignet sind, die Neutralität des Landes gegenüber Schülerinnen und Schülern sowie Eltern oder den politischen, religiösen oder weltanschaulichen Schulfrieden zu gefährden oder zu stören.

2) Insbesondere ist ein äußeres Verhalten unzulässig, welches bei Schülerinnen und Schülern oder Eltern den Eindruck hervorrufen kann, dass eine Lehrerin oder ein Lehrer gegen die Menschenwürde, die Gleichberechtigung nach Artikel 3 des Grundgesetzes, die Freiheitsgrundrechte oder die freiheitlich-demokratische Grundordnung auftritt.

3) Die Wahrnehmung des Erziehungsauftrages nach Artikel 7 und 12 Abs. 6 der Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen und die entsprechende Darstellung christlicher und abendländischer Bildungs- und Kulturwerte oder Traditionen widerspricht nicht dem Verhaltensgebot nach Satz 1.

4) Das Neutralitätsgebot des Satzes 1 gilt nicht im Religionsunterricht und in den Bekenntnis- und Weltanschauungsschulen”.

Die Klägerin nahm hierzu mit Schreiben vom 23.08.2006 Stellung (Blatt 15 der Akte). Das Schulamt für den Kreis R. hörte die Klägerin daraufhin zu einer beabsichtigten Abmahnung an (Blatt 16 der Akte). Die Prozessvertreter der Klägerin nahmen hierzu am 16.11.2006 Stellung (Blatt 19 bis 22 der Akte).

Das beklagte Land erteilte der Klägerin durch das Schulamt für den Kreis R. am 21.11.2006 eine Abmahnung (wegen des Inhalts wird auf Blatt 23 bis 25 der Akte verwiesen).

Mit der bei Gericht am 11. Dezember 2006 eingegangenen Klage wendet sich die Klägerin gegen die ihr erteilte Abmahnung und verlangt zudem die Feststellung, dass das beklagte Land nicht berechtigt ist, von ihr zu verlangen, ohne Kopftuch zu unterrichten.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass Tragen des Kopftuches im Unterricht verstoße nicht gegen § 57 Abs. 4 des Schulgesetzes NRW. Sie gebe zwar durch das Tragen des Kopftuchs eine religiösere äußere Bekundung ab, diese sei allein aber nicht geeignet, den Tatbestand des Satzes 1 des § 57 Abs. 4 Schulgesetz NRW zu erfüllen. Das Tragen des Kopftuches sei nicht geeignet, die Neutralität des Landes zu verletzen oder zu Störungen oder Gefährdungen des Schulfriedens beizutragen. Es sei an den Schulen, an denen sie tätig ist, zu keinerlei Störung gekommen, im Gegenteil sei sie eine hoch angesehene Lehrerin, deren Unterricht und Auftreten, einschließlich ihres äußeren Erscheinungsbildes zu keinerlei Beanstandung Anlass gegeben habe. Das Tragen des Kopftuches verstoße auch nicht gegen § 57 Abs. 4 Satz 2 des Schulgesetzes NRW. Es stehe fest, dass das Tragen des Kopftuches weder bei Schülern, noch bei Eltern den Eindruck erweckt hat, sie würde gegen die Menschenwürde, die Gleichberechtigung, die Freiheitsgrundrechte oder die freiheitliche-demokratische Grundordnung auftreten. § 57 Abs. 4 des Schulgesetzes NRW verstoße gegen Artikel 4 Abs. 1 Grundgesetz und sei auch mit § 7 des Gesetzes zur Umsetzung europäischer Richtlinien zur Ver...

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