Leitsatz (amtlich)

1. Durch die Tarifverträge der Leiharbeitsbranche, abgeschlossen zwischen dem Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister e.V. (BAP) und der DGB-Tarifgemeinschaft, i.V.m. dem Branchenzuschlagstarifvertrag für die Metall- und Elektroindustrie wird in zulässiger Weise vom Grundsatz des Equal Pay abgewichen.

2. Die Richtlinie 2008/104/EG (Leiharbeitsrichtlinie) ermöglicht es dem nationalen Gesetzgeber, die Abweichung vom Grundsatz der gleichen Vergütung bei Leiharbeit durch Tarifvertrag zuzulassen.

3. § 8 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes in seiner aktuellen Fassung berücksichtigt den von der Richtlinie geforderten Gesamtschutz der Leiharbeitnehmer in ausreichendem Maße, indem das Gesetz die Tarifvertragsparteien auf die Einhaltung jedenfalls der Lohnuntergrenze in der Leiharbeit verpflichtet und ihnen gleichzeitig eine zeitliche Grenze für eine Abweichung vom Equal Pay Grundsatz vorgibt sowie einen Anreiz zur zeitnahen Heranführung der Löhne an diejenigen der Stammarbeitnehmer setzt. Unter Berücksichtigung der auch den Tarifverträgen in der Leiharbeitsbranche zukommenden Richtigkeitsvermutung sind nähere Vorgaben hinsichtlich der Entgelthöhe nicht geboten.

 

Normenkette

AÜG; Richtlinie 2008/104/EG

 

Tenor

• Die Klage wird abgewiesen.

• Von den Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger 77 %, hat die Beklagte 23 % zu tragen.

• Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 8.035,31 Euro festgesetzt.

• Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen. Die Statthaftigkeit der Berufung nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes bleibt davon unberührt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um einen erhöhten Vergütungsanspruch des Klägers auf der Grundlage von „Equal Pay”.

Der am xx.xx.1987 geborene Kläger, der keiner Gewerkschaft angehört, war seit 1. Februar 2017 bis einschließlich 26. Juli 2017 bei der Beklagten, die ein Unternehmen der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung betreibt, als Bäcker/Produktionshelfer auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 24. Januar 2017 beschäftigt.

Das Arbeitsverhältnis wurde seitens der Beklagten mit Schreiben vom 11. Juli 2017 (Bl. 24 d. A.) außerordentlich, hilfsweise ordentlich zum 26. Juli 2017 gekündigt. Nach vom Kläger erhobener Kündigungsschutzklage (Az. 7 Ca 246/17) verständigten sich die Parteien im Gütetermin am 27. Oktober 2017 im Rahmen eines Teilvergleichs u.a. auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund ordentlicher fristgemäßer beklagtenseitiger Kündigung während der Probezeit aus betrieblichen Gründen mit Ablauf des 26. Juli 2017. Wegen des Inhalts des Teilvergleichs im Übrigen wird auf Bl. 94 d. A. Bezug genommen.

In § 6 des Arbeitsvertrages vom 24. Januar 2017 war folgende Regelung enthalten:

„…

Es gelten folgende Regeln in Bezug auf Tarifverträge:

Auf das Arbeitsverhältnis finden die zwischen dem Bundesverband der Personaldienstleistere.V. (BAP) und der Gewerkschaft Ver.di oder etwaigen Rechtsnachfolgern der Tarifparteien abgeschlossenen Tarifverträge in ihrer jeweils geltenden Fassung Anwendung. Derzeit sind das die mit der DGB-Tarifgemeinschaft und dem BAP abgeschlossenen Mantel-, Entgelt- und Entgeltrahmentarifverträge – erstmals abgeschlossen am 22.07.2003 durch den Rechtsvorgänger des BAP – dem Bundesverband Zeitarbeit Personaldienstleistungen e.V. (BZA).

In Einsatzzeiten findet ferner der für den Einsatz in dem jeweiligen Betrieb jeweils geltende, zwischen dem BAP und der Mitgliedsgewerkschaft des DGB oder deren Rechtsnachfolgern abgeschlossene Tarifvertrag über Branchenzuschläge Anwendung; dies gilt auch für die diesen Tarifvertrag ändernde oder ablösende Tarifverträge in ihrer jeweiligen Fassung. Dem Mitarbeiter wird bei dem Einsatz auf sein Verlangen mitgeteilt, welcher Tarifvertrag nach dieser Regel angewendet wird.

…”

Wegen des Inhalts des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 24. Januar 2017 im Übrigen wird auf Bl. 20 ff. d. A. Bezug genommen.Der Kläger war während der Zeit seiner Beschäftigung bei der Beklagten als Leiharbeitnehmer bei der Firma A in B eingesetzt. Die A ist Mitglied im Arbeitgeberverband Hessenmetall. Auf die Arbeitsverhältnisse der in ihrem Betrieb in B beschäftigten Arbeitnehmer finden die Tarifwerke der Metall- und Elektroindustrie in Hessen einschließlich der ergänzenden Tarifverträge Anwendung.

Der Kläger war in einem festen Team mit 3 Mitarbeitern der A in der Produktion unter Anwendung von Schichtarbeit im Rahmen von Kontischichtmodellen eingesetzt. Er erledigte dieselben Aufgaben zu denselben Schicht-, Einsatz-, Arbeits- und Pausenzeiten wie die beiden anderen Teammitarbeiter C und D.Diese beiden Mitarbeiter der A wurden nach der Entgeltgruppe E 3 ERA vergütet.

Auf das Arbeitsverhältnis des Klägers wurden während der Zeit seiner Beschäftigung die Tarifverträge der Zeitarbeit der Tarifgemeinschaft BAP/DGB vom 22. Juli 2003 in der Fassung vom 30. November 2016 sowie der Ergänzungstarifvertrag über Branchenzuschläge für Arbeitnehmerüberlassungen in der Metall- und Elektroindustrie (TV BZ ME) vom 1. November 2012 ...

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