Entscheidungsstichwort (Thema)

Freistellungsklausel. Kündigung. Arbeitsvertragsformular

 

Leitsatz (amtlich)

Eine in einem vom Arbeitgeber gestellten Arbeitsvertragsformular enthaltene Freistellungsklausel, nach der der Arbeitgeber berechtigt ist, bei einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses den Arbeitnehmer unter Fortzahlung seiner Bezüge bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses von seiner Arbeitsleistung freizustellen, ist in der Regel wegen unangemessener Benachteiligung des Arbeitnehmers nach §§ 307 Abs 1 Satz 1, Abs 2 Nr 1 BGB unwirksam. Dies gilt auch dann, wenn es sich um ein Arbeitsvertragsformular handelt, dass der Arbeitgeber ausschließlich bei Führungskräften und außertariflichen Mitarbeitern verwendet.

 

Normenkette

BGB § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Ziff. 1

 

Tenor

I.

Die Beklagte wird verurteilt, bei Meidung der für den Fall der Zuwiderhandlung anzuwendenden gesetzlichen Zwangsmittel, den Verfügungskläger zu unveränderten Bedingungen als Leiter Marketing und Produktmanagement bis zum Ablauf des 30.06.2005 zu beschäftigen.

II.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.

III.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 11.078,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Weiterbeschäftigung des Verfügungsklägers bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist.

Die Verfügungsbeklagte ist führende Herstellerin von Verbindungs- und Verteilertechnik für Kupfer- und Glasfasernetze und den dazugehörigen Kabeln. Der Verfügungskläger ist seit dem 1. September 1998 als Leiter der Organisationseinheit Marketing und Produktmanagement bei der Verfügungsbeklagten gegen ein durchschnittliches monatliches Bruttoentgelt von 11.078,– EUR (einschließlich eines variablen Gehaltsanteils) beschäftigt.

Nach § 1 Abs. 5 des Anstellungsvertrages der Parteien vom 04.07.2002 ist die Verfügungsbeklagte berechtigt, auf die Dienste des Verfügungsklägers ganz oder teilweise zu verzichten, ohne dass im übrigen das Vertragsverhältnis eine Änderung erleidet. Weiterhin heißt es im § 11 Abs. 7 des Arbeitsvertrages:

„Während der Kündigungsfrist ist die Gesellschaft berechtigt, Herrn P. unter Fortzahlung der Bezüge und unter Anrechnung etwaiger restlicher Urlaubsansprüche von der Arbeit frei zu stellen. (…)”

Wegen des weiteren Inhalts des Arbeitsvertrags der Parteien wird auf die zur Akte gereichte Kopie (Bl. 14 ff. d. A) Bezug genommen. Bei dem Arbeitsvertrag des Klägers handelt es sich um einen von der Verfügungsbeklagten vorformulierten Vertrag, den diese für ihre Führungskräfte durchgängig verwendet.

Dem Kläger unterstanden bis Dezember 2004 als Leiter GMP Marketing und Produktmanagement die Bereiche GME Marketing Business Development, GMS Product Management AccessNET & Marketing sowie GMC Product Management PremisNET & Marketing. Wegen der genauen Struktur des Bereichs Marketing und Produktmanagement der Verfügungsbeklagten wird auf das in Kopie zur Akte gereichte Organigramm vom Mai 2004 (Bl. 123 d. A.) Bezug genommen.

Am 28. Mai 2004 erwarb die A. T. Inc. die Geschäftsanteile der Verfügungsbeklagten. Infolge dieses Anteilerwerbs wurde im Dezember 2004 die Umstrukturierung der Marketing- und Produktmanagementaufgaben für den Bereich Deutschland sowie für den Bereich EMEA (Vertriebsgebiet Europa, Mittlerer Osten und Afrika) beschlossen. Seit Dezember 2004 existiert bei der Verfügungsbeklagten ein Bereich Product Management, dem die drei Unterbereiche Carrier Product Management, Copper Broadband & Protection sowie Cop App-STP Connector & Panels untergeordnet sind. Ausweislich des in Kopie zur Akte gereichten Organigramms von Dezember 2004 ist der Bereich Product Management dem bei der A. T. Inc. beschäftigten Herrn R. C. zugewiesen, der für die Dauer von ca. 1 – 3 Jahren diese Funktion von Berlin aus wahrnehmen wird.

Am 7. Dezember 2004 bat der Personalleiter der Verfügungsbeklagten den Verfügungskläger, bis auf weiteres zu Hause zu bleiben. Als Grund wurde ihm genannt, dass Veränderungen in der Besetzung seiner Funktion herbeigeführt werden sollten; man werde sich aber bemühen, eine neue Einsatzmöglichkeit zu finden. Ein Schreiben der Verfügungsbeklagten vom 07.12.2004, indem diese den Verfügungskläger bis auf weiteres widerruflich unter Fortzahlung der Bezüge von seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei stellte, erreichte den Verfügungskläger zunächst nicht.

Mit Schreiben vom 20. Dezember 2004, dem Kläger am 29. Dezember 2004 zugegangen, kündigte die Verfügungsbeklagte das Arbeitsverhältnis des Verfügungsklägers aus betrieblichen Gründen zum Ablauf des 30. Juni 2005. Da dieses Kündigungsschrieben keine Freistellung enthielt, wandte sich der Verfahrensbevollmächtigte des Verfügungsklägers an den Personalleiter der Verfügungsbeklagten und teilte diesem mit Schreiben vom 3. Januar 2005 mit, dass der Verfügungskläger am 4. Januar 2005 wieder zur Arbeit erscheinen werde. Darauf erwiderte die Verfügungsbeklagte mit Schreiben vom 4. Januar 2005, dass sie an der schon im Schreiben vom 07.12.2004 ausgesprochenen widerruflichen Freistellung unter Fo...

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