Nachgehend

BAG (Beschluss vom 25.01.2024; Aktenzeichen 8 AS 17/23)

 

Tenor

I. Das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 22.02.2022 zum Aktenzeichen 42 Ca 716/22 wird aufrechterhalten.

II. Die weiteren Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

III. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.400,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über einen Entschädigungsanspruch nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz.

Am 24.11.2021 veröffentlichte die Beklagte auf dem Portal eBay-Kleinanzeigen die folgende Stellenanzeige:

„Sekräterin

R.str., 12351 Neukölln

Details

Art

Sekretärin

Berufserfahrung

Mit Berufserfahrung

Arbeitszeit

Teilzeit

Beschreibung

Wir suchen für unser Büro eine Sekretärin. Sie müssten Erfahrung mit den Computer haben. Sie haben flexible Arbeitszeiten.

Anbieter

A Umzüge”

Der Kläger bewarb sich mit E-Mail vom 25.11.2021 bei der Beklagten auf diese Stelle. In dieser E-Mail, der keinerlei Bewerbungsunterlagen beigefügt waren, heißt es:

„Hallo, ich habe gerade auf Ebay Kleinanzeigen ihre Stellenausschreibung gefunden, womit Sie eine Sekretärin suchen. Ich suche derzeit eine neue Wohnung im Umkreis und habe Interesse an Ihrer Stelle. Ich habe Berufserfahrung im Büro und kenne mich mit Word und Excel und Gesetzen gut aus. Lieferscheine und Rechnungen kann ich auch schreiben und sonst typische Arbeiten einer Sekretärin, die Sie fordern.

Ich bewerbe mich hiermit auf ihrer Stelle.

Suchen Sie nur ausschließlich eine Sekretärin, also eine Frau? In ihrer Stellenanzeige haben Sie dies so angegeben.

Ich habe eine kaufmännische abgeschlossene Ausbildung als Industriekaufmann und suche derzeit eine neue Herausforderung.

Über eine Rückmeldung würde ich mich sehr freuen.

Ich wäre aber absofort verfügbar.

Mit freundlichen Grüßen Herr B.”

Mit E-Mail vom 26.11.2021 teilte die Beklagte dem Kläger mit:

„Leider brauchen wir eine weibliche Sekretärin”

Der Kläger teilte der Beklagten mit Schreiben vom 24.12.2021 mit, dass sie ihn diskriminiert habe und machte Schadensersatz in Höhe von 3.000,00 EUR geltend. In dem Schreiben heißt es weiter:

„Der Schadensersatz in einem gerichtlichen Verfahren beträgt damit etwa 5.400 EUR. (…) Zusätzlich werde ich noch in einem gerichtlichen Verfahren meine notwendigen Auslagen und Kosten meiner Aufwendungen einklagen.

Nur weil ein gerichtliches Verfahren für mich mit einem enormen zeitlichen Aufwand verbunden ist, schlage ich ihnen diesen gütlichen und für Sie günstigen Vergleich vor. Bitte beachten Sie, dass eine Entschädigungszahlung nach § 15 Abs. 2 AGG, wie in diesem Fall nicht lohnsteuerpflichtig ist und auch sonst keine typischen steuerlichen Abgaben anfallen. (…)

Nach Ablauf der Frist oder Ablehnung des Vergleichs werde ich das Arbeitsgericht Berlin einschalten und meine Schadensersatzansprüche dort höher beziffern. Bitte beachten Sie, dass dann neben dem Schadensersatzanspruch von etwa 5400 EUR, auch Schaden für meine Aufwendungen zu leisten sind und Sie die Gerichtskosten des Verfahrens zu tragen haben (§ 91 ZPO). Ihre notwendigen Auslagen für ihren Rechtsbeistand tragen Sie in jedem Fall selbst, weshalb Ihnen in jedem Fall Kosten entstehen werden, die Sie zu tragen haben. Dies ist auch unabhängig, ob Sie das Gerichtsverfahren gewinnen oder verlieren sollten. Vor den Arbeitsgerichten trägt jeder seine Kosten in 1. Instanz selbst (vgl. § 12a ArbGG). Alleine aus Kostengründen sollte daher einem außergerichtlichen Vergleich zugestimmt werden. Die Streitwerte in arbeitsgerichtlichen Verfahren sind oft sehr hoch, weshalb erhebliche Rechtsanwaltskosten anfallen. Durch einen Vergleich fallen weitere Gebühr nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz an. Bitte beachten Sie auch, dass sie nach § 22 AGG die Beweislast haben und dem Gericht aufzeigen und beweisen müssen, dass sie mich nicht wegen des Geschlechts diskriminiert haben. Durch ihr Schreiben und die Diskriminierung wird aber genau das Gegenteil bewiesen.”

Dem Schreiben lag ein außergerichtlicher vorformulierter Vergleichstext bei, wonach sich die Beklagte verpflichten sollte, unmittelbar nach Zustandekommen des Vergleichs 3.000,00 EUR an den Kläger ohne Abzüge zu zahlen und der Kläger erklärte, von einer Klage abzusehen (Blatt 9 der Akte).

Im Zeitraum vom März 2021 bis Juni 2022 machte der Kläger in insgesamt elf Verfahren beim Arbeitsgericht Berlin Entschädigung wegen Benachteiligung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) anhängig. In sämtlichen Verfahren schrieb er auf ausgeschriebene Stellen einer „Sekretärin” im Portal eBay Kleinanzeigen den wortgleichen Text wie auch in seiner E-Mail vom 25.11.2021 an die Beklagte.

Mit seiner am 24.01.2022 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 01.02.2022 zugestellten Klage verfolgt der Kläger sein Begehren auf Zahlung einer Entschädigung weiter.

Im Gütetermin vom 22.02.2022 ist gegen den Kläger ein klageabweisendes Versäumnisurteil ergangen, dem Kläger am 04.03.2022 zugestellt, gegen das der Kläger mit am 10.03.2022 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz Einspruch eingelegt h...

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