Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialauswahl. bevorstehende Unterhaltsverpflichtung

 

Leitsatz (amtlich)

Im Rahmen des § 1 Abs. 3 KSchG sind nicht nur Unterhaltsverpflichtungen zu berücksichtigen, die zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung bestanden, sondern auch solche, die zu diesem Zeitpunkt fest abzusehen waren. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Ehefrau des gekündigten Klägers zum Zeitpunkt der Kündigung schwanger war, der Arbeitgeber hiervon Kenntnis hatte und die Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Kind noch vor Ablauf der Kündigungsfrist entstanden ist.

 

Normenkette

KSchG § 1 Abs. 3

 

Tenor

I.

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 19.10.2004 nicht zum 31.12.2004 aufgelöst wurde.

II.

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Techniker weiterzubeschäftigen.

III.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

IV.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu 17 % und die Beklagte zu 83 % zu tragen.

V.

Der Wert des Streitgegenstandes für dieses Urteil wird auf 13.153,33 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung, die Weiterbeschäftigung des Klägers, Urlaubsabgeltung sowie hilfsweise über die Erteilung eines Zeugnisses und der Zahlung von Nachteilsausgleich.

Der am ….1953 geborene, verheiratete Kläger, der eine Ausbildung zum Elektriker absolviert hat, ist seit dem 01.01.2001 als „Techniker” bei einem Bruttomonatseinkommen von zuletzt 2.659,33 EUR bei der Beklagten beschäftigt. Auf den in Kopie zur Akte gereichten Arbeitsvertrag der Parteien (Bl. 28 ff. d. A.) wird Bezug genommen.

Gegenstand des Unternehmens der Beklagten ist das technische, infrastrukturelle und kaufmännische Gebäudemanagement („Faciltymanagement”). Die Beklagte verfügt bundesweit über 10 Standorte mit ca. 60 Arbeitnehmern, wobei am Standort Berlin zuletzt 15 Arbeitnehmer beschäftigt waren. Die Mitarbeiter aller Standorte haben einen Betriebsrat gewählt.

Die Beklagte gehört zur so genannten J. C. Group Germany, die unter anderem auch die J. C. JCI B. T.GmbH und die J. C. JCI R. GmbH umfasst.

Seit 1994 führte die Beklagte in ihrem Berliner Standort im Auftrag des B. das Faciltymanagement für die C.F. – das so genannte Projekt SFLB – durch. Anfang 2004 kündigte das B. zum 31.08.2004 den Vertrag. Neben dem Projekt SFLB, in dem zuletzt 8 Mitarbeiter eingesetzt waren, betreut die Beklagte in Berlin auch die B. Botschaft.

Der Kläger wurde in der Zeit von Januar 2001 bis April 2003 zunächst im so genannten Objekt „Level 3” beschäftigt. Nach Beendigung dieses Auftrags befand er sich einige Wochen bundesweit im Arbeitseinsatz, bevor ab ca. Juni 2003 in der B. Botschaft von der Beklagten eingesetzt wurde. Ab Juli 2003 bis Anfang September 2004 war er wechselschichtig an 2 Tagen pro Woche in der B. Botschaft und an 3 Tagen pro Woche im Projekt SFLB tätig.

Neben dem Kläger arbeiteten im Projekt SFLB u.a. die Arbeitnehmer Herr D. P., Herr E. sowie Herr Pe. B. Herr P., der am ….1946 geboren, verheiratet und seit dem 01.10.1994 bei der Beklagten beschäftigt ist, war im Projekt SFBL als Elektriker eingesetzt; Herr E., der am ….1950 geboren, ledig und seit dem 16.03.2001 bei der Beklagten tätig ist, war als Haustechniker (Schlosser) und Herr Pe. B., der am ….1945 geboren, verheiratet und seit dem 01.10.1994 bei der Beklagten angestellt ist, als Sanitärinstallateur beschäftigt.

Im Projekt B. Botschaft ist u.a. der Mitarbeiter M. K., der am ….1968 geboren und seit dem 17.05.2000 bei der Beklagten beschäftigt ist, eingesetzt. Der ledige Herr K., der kinderlos ist, hat eine Ausbildung zum MSR – Techniker absolviert. Herr K. wurde im Fall seiner Abwesenheit durch Urlaub, Krankheit oder Schulungsmaßnahmen – insgesamt ca. 10 Wochen im Jahr – vom Kläger vertreten. Ob und inwieweit Herr K. und der Kläger dieselben Tätigkeiten im Rahmen des Projektes B. Botschaft ausführten, ist im Einzelnen zwischen den Parteien umstritten. Der Dienstleistungsvertrag zwischen der Beklagten und der B. Botschaft vom 28.06.1998 sieht im Rahmen einer Funktionsbeschreibung vor, dass unter anderem ein „Heating, Ventilation, Air Condition (HVAC) Technician” in der B. Botschaft zu beschäftigen ist.

Am 04.08.2004 schrieb die Beklagte durch eine innerbetriebliche Stellenausschreibung die Funktion eines Hausmeisters für die B. Botschaft zum 01.09.2004 aus. Wegen des Inhalts der innerbetrieblichen Stellenausschreibung wird auf die zur Akte gereichte Kopie (Bl. 42 d. A.) Bezug genommen. Mit Schreiben vom 10.08.2004 (Bl. 119 d. A.) bewarb sich auch der Kläger auf diese Stelle. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers wies mit Schreiben vom selben Tage darauf hin, dass sich der Kläger unter der Maßgabe auf die ausgeschriebene Stelle bewerbe, dass damit keine Gehaltskürzung verbunden sei. Wegen des genauen Inhalts dieses Schreibens wird auf die zur Akte gereichte Kopie (Bl. 40 ff. d. A.) Bezug genom...

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