Der Arbeitgeber darf das Arbeitsverhältnis eines freiwilligen Wehrdienstleistenden nicht durch ordentliche Kündigung beenden. Der Kündigungsschutz gilt ab dem Tag der Zustellung der Aufforderung zum Antritt des freiwilligen Wehrdienstes durch das Karrierecenter der Bundeswehr bis zur Beendigung des Wehrdienstes.[1] Er umfasst alle Arten der Kündigung und alle möglichen Kündigungsgründe unabhängig von der Betriebsgröße und der Beschäftigungszeit. Kündigungen in Kleinbetrieben sowie innerhalb der Probezeit sind danach auch unwirksam.[2] Auch ordentliche betriebsbedingte Kündigungen wegen Betriebsstilllegung sind unwirksam und können erst nach Ende des Kündigungsschutzes ausgesprochen werden. Eine entgegen diesem Verbot ausgesprochene Kündigung ist gemäß § 134 BGB nichtig.

Das ArbPlSchG ist einseitig zwingendes Arbeitnehmerschutzrecht. Das Recht des Arbeitnehmers zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses unter Einhaltung der jeweiligen Kündigungsfrist bleibt unberührt.

[1] § 2 Abs. 1 ArbPlSchG, § 16 Abs. 7 ArbPlSchG, § 58f SG; § 16a Abs. 1 ArbPlSchG regelt die Anwendung des § 2 ArbPlSchG auch für die Zeit nach den ersten 6 Monaten.
[2] Linck, Ascheid/Preis/Schmidt (Hrsg.), Kündigungsrecht, 7. Aufl. 2024, § 2 Rz. 9.

6.1 Vor- und nachgelagerter Kündigungsschutz

Vor und nach dem genannten Zeitraum besteht kein Kündigungsverbot. Der Arbeitgeber darf jedoch nicht aus Anlass des Wehrdienstes eine Kündigung aussprechen.[1] Dies ist dann der Fall, wenn der Wehrdienst ein mitbestimmendes Motiv darstellt.[2] Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer aufgrund von Fehlzeiten im Arbeitsverhältnis kündigt, die vor dem Antritt zum freiwilligen Wehrdienst auftreten.

.Die Vermutung einer solchen Kündigung besteht dann, wenn diese in zeitlichem Zusammenhang mit der Unterrichtung des Arbeitgebers über den Antritt oder der Vorlage der Ladung[3] ergeht.[4] Besteht Streit darüber, aus welchem Grund gekündigt worden ist, muss der Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess substanziiert beweisen, dass ein anderer Anlass für die Kündigung vorgelegen hat.[5]

6.2 Geltung und Wirkung des KSchG

Das Arbeitsplatzschutzgesetz steht neben dem allgemeinen Kündigungsschutzgesetz und gilt unabhängig von diesem. Während das KSchG in der Wartezeit[1] oder in Kleinbetrieben[2] nicht gilt, greift hier dennoch der Kündigungsschutz des ArbPlSchG.

Ist das KSchG anwendbar und kündigt der Arbeitgeber aus dringenden betrieblichen Gründen dem Arbeitnehmer vor oder nach dem Antritt des freiwilligen Wehrdienstes, darf er diesen nicht zuungunsten des Arbeitnehmers anrechnen.[3]

Geht dem Arbeitnehmer nach der Aufforderung zum Dienstantritt oder während des freiwilligen Wehrdienstes eine (ordentliche oder außerordentliche) Kündigung zu, so beginnt die 3-Wochenfrist des § 4 Satz 1 KSchG zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst 2 Wochen nach dem Ende des Wehrdienstes.[4]

Durch das zeitliche Verschieben der Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts ergeben sich Planungsschwierigkeiten für Arbeitgeber, da sie über das Ende des Wehrdienstes hinaus abwarten müssen, ob ein Kündigungsschutzverfahren durchgeführt wird.

Der freiwillig Wehrdienstleistende hat damit Zeit zur Überlegung, ob er nicht einen anderen Arbeitsplatz suchen will.

6.3 Außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund

Ebenso wie das Kündigungsschutzgesetz (§ 13 Satz 1 KSchG) lässt auch das Arbeitsplatzschutzgesetz (§ 2 Abs. 3 Satz 1 ArbPlSchG) das Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund (§ 626 Abs. 1 BGB) unberührt. Die außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund kann daher auch während des freiwilligen Wehrdienstes erfolgen. Allerdings hat der Arbeitgeber stets die 2-Wochenfrist zu beachten. Diese wird durch den freiwilligen Wehrdienst nicht gehemmt.[1]

Der Arbeitgeber kann also beispielsweise zwischen Einberufungsbescheid und Beginn des freiwilligen Wehrdienstes nur kündigen, wenn dieser im Betrieb Straftaten begeht oder begangen hat (Diebstahl, Unterschlagung etc.) oder er den Betriebsfrieden erheblich stört.

Die Aufforderung des Arbeitnehmers zum Antritt des freiwilligen Wehrdienstes gilt nicht als wichtiger Kündigungsgrund.[2]

Es ist auch bei der außerordentlichen Kündigung zu bedenken, dass die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage erst 2 Wochen nach Ende des freiwilligen Wehrdienstes beginnt. Es muss aber vor Ausspruch der Kündigung der Betriebsrat gehört werden.[3]

[1] Linck, Ascheid/Preis/Schmidt (Hrsg.), Kündigungsrecht, 7. Aufl. 2024, § 2 Rz. 14.

6.3.1 Sonderregelung zur außerordentlichen Kündigung in Kleinbetrieben

Eine Ausnahme greift zugunsten von Kleinbetrieben, die i. d. R. 5 oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden beschäftigen...

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