Ein grundsätzlicher Vorrang des Informationsinteresses des Mieters (z. B. mit ausländischer Staatsangehörigkeit oder Herkunft) vor dem Eigentumsinteresse des Vermieters ergibt sich weder aus dem Grundgesetz noch aus dem Recht der Europäischen Gemeinschaften, da sowohl die in Art. 49 EG geregelte Dienstleistungsfreiheit noch die in Art. 10 EMRK gewährleistete Informationsfreiheit nicht schrankenlos gewährleistet ist. Daher ist es für einen Anspruch des Mieters auf Duldung einer Parabolantenne nicht ausreichend, dass über diese im Vergleich zu einem bestehenden Kabelanschluss eine größere Zahl von Programmen empfangen werden kann.

Empfang von Heimatprogrammen

Entscheidend ist, ob über den Kabelanschluss ein ausreichender Zugang zu Heimatprogrammen besteht.[1]

 
Praxis-Beispiel

Türkische Heimatprogramme

Dies ist der Fall, wenn ein Mieter mit türkischer Staatsangehörigkeit über das Kabel 6 türkische Programme empfangen kann; selbst dann, wenn keines dieser Programme seiner Glaubensrichtung (alevitischer Glaube) gerecht wird.[2]

 
Hinweis

Kauf von Zusatzgeräten

Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung muss auch berücksichtigt werden, ob dem Mieter durch Kauf von Zusatzgeräten, z. B. eines Digitaldecoders, der Empfang von zusätzlichen Heimatprogrammen möglich ist. Kann der Mieter über die neuen digitalen Kabelprogramme zusätzliche Heimatsender empfangen, darf der Vermieter nach der neuesten Rechtsprechung die Montage einer Satellitenantenne untersagen.

Zwar muss der Mieter hierfür auf seine Kosten einen Digitaldecoder anschaffen. Diese Kosten sind jedoch in der Regel nicht höher als die Kosten für die fachmännische Installation einer Satellitenantenne. Auch der monatliche Aufpreis von ca. 8 EUR für das zusätzliche digitale Programmpaket führt typischerweise nicht dazu, den Mieter davon abzuhalten, ein Programmpaket in seiner Heimatsprache zu beziehen. Somit kann dem Mieter zugemutet werden, den vorhandenen Kabelanschluss statt einer neu zu installierenden Satellitenantenne zu nutzen. Die Informationsfreiheit gewährt dem Mieter nämlich den Zugang zu Informationsquellen nur im Rahmen der allgemeinen Gesetze, nicht aber dessen Kostenlosigkeit.

 
Praxis-Beispiel

Spanische Fernsehprogramme

Daher hat ein in Deutschland lebender Mieter spanischer Herkunft keinen Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis zur Installation einer Parabolantenne, wenn er über das Breitbandkabel mittels eines Decoders 7 spanische Programme empfangen kann, selbst wenn sich diese inhaltlich überschneiden.

Dabei ist auch unerheblich, ob sich in der Nachbarschaft Gebäude mit Parabolantennen befinden.[3]

Empfang über das Internet

Ferner kann dem Mieter i. d. R. auch zugemutet werden, Fernsehprogramme ggf. über das Internet zu beziehen, wenn der Breitbandkabelanschluss nach Auffassung des Mieters nicht ausreicht. Ein entsprechendes Verbot der Montage von Parabolantennen im Mietvertrag ist daher wirksam.[4]

Dagegen ist der Vermieter nicht berechtigt, das Entfernen einer Parabolantenne auf dem Balkon eines Mieters mit ausländischer Staatsangehörigkeit (hier: Ägypter) zu verlangen, wenn der Empfang ägyptischer TV-Sender im Internet nur mit unzureichender Qualität möglich ist.[5]

Kann der Mieter ausländische (hier: afghanische) Fernsehsender auch über das Internet empfangen, besteht selbst dann kein Anspruch auf das Anbringen einer Parabolantenne, wenn der Mieter keinen Internetanschluss besitzt.[6]

Dies gilt auch dann, wenn die Heimatprogramme mehr der Unterhaltung und weniger dem Informationsbedürfnis des Mieters dienen.[7]

 
Hinweis

Kabel statt Antenne im WEG

Dementsprechend hat das LG München I im Bereich des Wohnungseigentumsrechts entschieden, dass der türkische Wohnungseigentümer seine über den Balkon seiner Eigentumswohnung hinausragende Parabolantenne entfernen muss, auch wenn er dann über das Kabel nur noch 6 Fernseh- und Radioprogramme aus seiner Heimat (vorher: 20) empfangen kann, da kein Anspruch darauf besteht, alle existierenden Programme zu empfangen.[8]

Daher kann es dem (hier: griechischen) Mieter bei Abwägen der im Mietverhältnis typischerweise widerstreitenden Interessen in der Frage der Medienversorgung zumutbar sein, das über die vorhandene Breitbandkabelversorgung hinausgehende Informationsinteresse (hier: Sportsender) über kostenpflichtiges Internetfernsehen abzudecken.[9]

 
Achtung

Kosten nicht ausschlaggebend

Der Mieter hat keinen Anspruch auf die kostengünstigste Möglichkeit, Sender seiner Heimat zu empfangen.[10]

 
Hinweis

Denkmalgeschütztes Gebäude

Im Einzelfall kann die Interessenabwägung aber auch ergeben, dass sich der ausländische Mieter mit nur einem über das Kabel zu empfangenden Heimatprogramm begnügen muss. Dies kann der Fall sein, wenn der Vermieter das historische Bild einer denkmalgeschützten Siedlung erhalten will und Vorschriften des Denkmalschutzes oder des Baurechts der Montage einer Parabolantenne entgegenstehen.[11]

Unbeschadet dessen genügt es dem Informationsinteresse eines ständig in Deutschland lebenden Ausländers, der dementsprechend den S...

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