In Bezug auf die Beschlussersetzungsklage erlegt das LG die Kosten der Berufung nach § 516 ZPO der Beklagten auf! In Bezug auf die Anfechtungsklage ist das LG der Ansicht, K müsse die Kosten des Rechtsstreits tragen. K hätte die Klage verloren. Gegenstand der Anfechtungsklage sei die gerichtliche Überprüfung einer Beschlussfassung. Maßgeblich sei daher die Situation zum Zeitpunkt der Versammlung. Eine spätere Veränderung der Situation im Anfechtungsverfahren könne nicht dazu führen, dass ein ursprünglich rechtmäßiger Beschluss nachträglich rechtswidrig werde oder umgekehrt. Die Wohnungseigentümer hätten ihre Entscheidung nach Einholung eines Gutachtens getroffen und sich dabei zwischen den beiden Alternativen des Gutachtens dafür entschieden, den Baum am Leben zu erhalten. Diese Entscheidung sei zwar teurer, aber nicht ermessensfehlerhaft gewesen.

Hinweis

  1. Wohnungseigentümer haben bei fast allen Beschlussgegenständen für die Frage des "Ob" und/oder des "Wie" ein Ermessen. Aufgabe des Gerichts ist es, zu prüfen, ob die Wohnungseigentümer ihr Ermessen berücksichtigt haben, insbesondere ob sie dieses sachgerecht ausgeübt, d. h. ihre Entscheidung auf einer hinreichend sicheren Tatsachengrundlage getroffen haben. Dass eine Maßnahme sich im Nachhinein als objektiv ordnungsmäßig darstellt, führt nicht dazu, dass – abgesehen von dem Fall eines fehlenden Ermessens – die Wohnungseigentümer sich bei sachgerechter Aufklärung ihres Handlungsspielraums genau für diese Maßnahme hätten entscheiden müssen. Umgekehrt führt die nachträgliche Änderung der Sachlage, die etwa dazu führt, dass sich die ursprüngliche Prognoseentscheidung nicht als zutreffend erweist, nicht zu einer (nachträglichen) Rechtswidrigkeit des Beschlusses.
  2. Ob eine Prognoseentscheidung der Wohnungseigentümer sachgerecht war, ist im Anfechtungsverfahren anhand der vorgetragenen Anfechtungsgründe zu prüfen. Inwieweit die Eigentümer ihre Erkenntnismöglichkeiten ausgeschöpft haben, ist bei der Beurteilung der Frage zu prüfen, ob die Beschlussfassung auf einer hinreichenden Tatsachengrundlage erfolgt ist und daher insbesondere eine Ermessensentscheidung sachgerecht getroffen werden konnte. War dies nicht der Fall, entspricht der Beschluss keiner ordnungsmäßigen Verwaltung. Damit eine entsprechende Anfechtungsklage Erfolg hat, ist es erforderlich, dass dieser Anfechtungsgrund innerhalb der Anfechtungsbegründungsfrist vorgetragen wird.
  3. Ändert sich die Sachlage durch nachträgliche Erkenntnisse, die den Eigentümern nicht bekannt waren, als sie den Beschluss fassten, und zu deren Erhebung sie im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung auch nicht gezwungen waren, ist es Sache der Wohnungseigentümer, erneut einen Willen zu bilden, ob sie an dem Beschluss festhalten oder nicht. Führen die neuen Erkenntnisse dazu, dass der bisherige Beschluss sich als nachträglich unvertretbar erweist, wird in aller Regel eine Abänderung des Beschlusses ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen. Für die bestehende Änderungsmöglichkeit, die sich sogar zu einer Verpflichtung auf Änderung des Beschlusses verdichten kann, kommt es nicht darauf an, ob der Beschluss angefochten worden ist. Denn aufgrund neuer Erkenntnisse kann auch ein bestandskräftiger Beschluss abgeändert werden. Damit ist sichergestellt, dass es nicht von der zufälligen Anfechtung eines Beschlusses abhängt, ob im Nachhinein noch Änderungen der Sachlage berücksichtigt werden können oder nicht.

Ausblick WEG-Reform

Das WEMoG wird an der Frage, welcher Kenntnisstand der Wohnungseigentümer maßgeblich ist, nichts ändern. Ferner wird es nichts daran ändern, dass die Wohnungseigentümer Ermessen haben und dass die Gerichte berufen sind, die Entscheidungen der Wohnungseigentümer auf Ermessensfehler hin zu untersuchen.

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