Problemüberblick

Nach § 28 Abs. 5 WEG a. F. hatten die Wohnungseigentümer die Jahresabrechnung zu genehmigen. Beschlussgegenstand waren damit jedenfalls die Einzelabrechnungen und dort wohl die Abrechnungsspitzen. Welcher Streitwert sich damit ergab, musste man nach § 49a GKG ermitteln (diese Bestimmung ist zum 1.12.2020 aufgehoben worden). Der Wert war danach auf 50 % des Interesses der Parteien und aller Beigeladenen an der Entscheidung festzusetzen, durfte das Interesse des Klägers und der auf seiner Seite Beigetretenen an der Entscheidung nicht unterschreiten und das 5-Fache des Wertes ihres Interesses nicht überschreiten. Der Wert durfte in keinem Fall den Verkehrswert des Wohnungseigentums des Klägers und der auf seiner Seite Beigetretenen übersteigen.

Nach § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG beschließen die Wohnungseigentümer mittlerweile über die Einforderung von Nachschüssen oder die Anpassung der beschlossenen Vorschüsse. Beschlussgegenstand sind damit die Nachschüsse und gegebenenfalls die Anpassungen bereits nach § 28 Abs. 1 Satz 1 WEG bestimmter Vorschüsse. Der Wert ist jetzt nach § 49 GKG zu ermitteln. Der Streitwert ist insoweit auf das Interesse aller Wohnungseigentümer an der Entscheidung festzusetzen und darf den 7,5-Fachen Wert des Interesses des Klägers und der auf seiner Seite Beigetretenen sowie den Verkehrswert ihres Wohnungseigentums nicht übersteigen.

Im Fall wird gefragt, ob danach jeweils derselbe Wert herauskommt.

Die BGH-Lösung

Der BGH bejaht die Frage! Es habe sich bei der Ermittlung des Wertes nichts geändert. Warum? Es ginge den Wohnungseigentümern nur "vordergründig" um die Nachschüsse. Außerdem müsse das Gericht die Jahresabrechnung prüfen. Es ist nicht ansatzweise zu erwarten, dass sich die Gerichte gegen diese Sichtweise stemmen werden. Die Leidtragenden sind die klagenden Wohnungseigentümer. Für sie entstehen erheblich höhere Kosten. Ein Fall für den Gesetzgeber.

Die bessere Lösung?

Die Begründung, warum der V. Zivilsenat womöglich nicht überzeugt und aus Sicht der Wohnungseigentümer ärgerlich ist, ist jüngst beispielsweise bei KG Berlin, Beschluss v. 29.3.2023,10 W 33/23 nachzulesen. Es heißt dort u. a.:

  • Richtig ist, dass die Gerichte zur Überprüfung des Beschlusses nach § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG gegebenenfalls auch die Jahresabrechnung prüfen müssen. Diese Überlegung ändert aber nichts am Streitgegenstand, der für das Interesse der klagenden Partei allein entscheidend ist.
  • Die "Abrechnungssumme" sagt nichts darüber aus, was die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nach § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG zu erlangen sucht.
  • Die Argumentation, es gehe den Wohnungseigentümern um die Richtigkeit der Jahresabrechnung und vor allem um die in ihr angewandten Umlageschlüssel, trägt nicht einmal im Ansatz. Denn weder die inhaltliche Richtigkeit der Jahresabrechnung noch die von der Verwaltung zur Errechnung der Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer eingesetzten Umlageschlüssel werden vom Anfechtungskläger bei einer Anfechtungsklage gegen einen Beschluss nach § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG angegriffen.

Was ist für die Verwaltung besonders wichtig?

Die Frage, wie sich der Gebührenstreitwert berechnet, ist für die Verwaltung untergeordnet. Die Verwaltungen sollten diesen Fragenkreis aber beobachten, um im Einzelfall einen Wohnungseigentümer über die Kosten einer Anfechtungsklage wenigstens grob eine Auskunft geben zu können. Folgt man dem BGH – für Praktiker immer ein guter Weg! – wäre einem Wohnungseigentümer zu sagen, dass sich die Kosten des Rechtsstreits bei der Anfechtung des Nachschuss-Beschlusses in der Regel anhand der 7,5-Fachen Abrechnungssumme errechnen.

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