Leitsatz

Die Antragstellerin beabsichtigte, aus dem Nichtversöhnungsbeschluss eines französischen Gerichts gegen den Antragsgegner in Deutschland zu vollstrecken. Auf ihren Antrag wurde vom Landgericht angeordnet, die genannte Entscheidung mit der Vollstreckungsklausel zu versehen. Gegen diesen Beschluss wandte sich der Antragsgegner mit der Beschwerde und ließ sich dahingehend ein, der Vollstreckungstitel sei durch ein Urteil des Großinstanzgerichts aufgehoben worden. Im Übrigen sei das Verfahren auszusetzen, bis über die gegen das bezeichnete Urteil eingelegte Berufung entschieden sei. Der titulierte Kindesunterhalt sei regelmäßig gezahlt worden. Im Übrigen werde das Verfahren von den Anwälten der Antragstellerin vollmachtlos betrieben. Schließlich stünden ihm, dem Antragsgegner, titulierte und nicht titulierte unstreitige Gegenansprüche gegen die Antragstellerin zu, mit denen er die Aufrechnung erkläre und erklärt habe.

Das Rechtsmittel des Antragsgegners hatte keinen Erfolg.

 

Sachverhalt

siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG hielt die Beschwerde für nicht begründet.

Auf das vorliegende Verfahren seien die Vorschriften des 2. Abschnitts des Titels III. des Brüsseler Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVÜ), das 1973 für die damaligen Mitgliedstaaten der EG und damit sowohl für die Bundesrepublik Deutschland als auch für Frankreich in Kraft trat, sowie die Vorschriften des AVAG anwendbar. Da die EuGVVO aus zeitlichen Gründen keine Anwendung finde, habe die Antragstellerin die Wahl zwischen den Vorschriften des Haager Übereinkommens und dem EuGVÜ. Die Wahl habe sie inzwischen in schlüssiger Form ausgeübt. Das LG sei erkennbar von der Anwendung des EuGVÜ ausgegangen, auf deren Vorschriften die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren ihre Darlegungen auch ausdrücklich gründe. Die Rechtmäßigkeit der vom LG vorgenommenen Vollstreckbarerklärung beurteile sich nach den Vorschriften der Art. 31 ff. EuGVÜ.

Gemäß Art. 31 I EuGVÜ würden die in einem Vertragsstaat ergangenen Entscheidungen, die in diesem Staat vollstreckbar seien, in einem anderen Vertragsstaat vollstreckt, wenn sie dort auf Antrag eines Berechtigten für vollstreckbar erklärt worden seien. Der Nichtversöhnungsbeschluss des Großinstanzgerichts Nancy sei vollstreckbar und auch hinreichend bestimmt.

Vollstreckungstitel seien regelmäßig als hinreichend bestimmt anzusehen, wenn sie eine Wertsicherungsklausel enthielten, die einen vom statistischen Bundesamt erstellten Preisindex für die Lebenshaltungskosten in Bezug nähmen (BGH in FamRZ 2005, 366).

Mit der in dem Titel enthaltenen Wertsicherungsklausel lasse sich der geschuldete Geldbetrag aus für das Vollstreckungsorgan zugänglichen Quellen bestimmen. Dass diese Quellen, anders als ein vom Statistischen Bundesamt erstellter Index, in Frankreich veröffentlicht würden, könne unter den heutigen Bedingungen der Zugänglichkeit per Internet keine Rolle spielen.

Der Nichtversöhnungsbeschluss des Großinstanzgerichts Nancy sei auch immer noch vollstreckbar und durch das noch nicht rechtskräftige Scheidungsurteil nicht aufgehoben. Diesem Umstand habe der Antragsgegner auch nicht in tauglicher Weise widersprochen. Die notwendigen Förmlichkeiten nach Art. 46 EuGVÜ seien von der Antragstellerin erfüllt. Eine Vollstreckbarerklärung dürfe gemäß Art. 34 II EuGVÜ nur aus einem der in den Art. 27 und 28 angeführten Gründen abgelehnt werden. Gründe insoweit seien nicht ersichtlich.

Ein Rechtsschutzbedürfnis für den Klauselerteilungsantrag entfalle auch nicht deswegen, weil der Antragsgegner in der Vergangenheit den Kindesunterhalt regelmäßig gezahlt habe, da dies keine sichere Prognose auf sein Verhalten in der Zukunft zulasse.

Das Verfahren sei auch nicht gemäß Art. 31 Abs. 1 EuGVÜ auszusetzen. Nach dieser Vorschrift könne eine Aussetzung stattfinden, wenn gegen die Entscheidung im Ursprungsstaat ein ordentlicher Rechtsbehelf eingelegt worden sei. Bei der Aussetzung dürfe aber das deutsche Gericht nur Gründe berücksichtigen, die der Schuldner vor dem Gericht des Ursprungsstaates noch nicht habe geltend machen können. Danach komme eine Aussetzung hier nicht in Betracht.

Die von dem Antragsgegner erklärte Aufrechnung hielt das OLG für unzulässig, da eine Aufrechnung von Forderungen, die zwei verschiedenen Rechtsordnungen unterlägen, nur dann stattfinden könne, wenn sie den Voraussetzungen beider Rechtsordnungen genüge. Nach deutschem Sachrecht sei gemäß § 394 S. 1 BGB eine Aufrechnung gegen eine unpfändbare Forderung nicht möglich. Ein Unterhaltsanspruch sei nach § 850b I ZPO solange unpfändbar, wie nicht das Vollstreckungsgericht eine positive Entscheidung über seine Pfändbarkeit getroffen habe. Letzteres sei hier nicht der Fall.

 

Link zur Entscheidung

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.11.2007, I-3 W 125/07

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