Leitsatz

Eine unter der Geltung des MHG ohne zeitliche Begrenzung individualvertraglich vereinbarte Staffelmiete ist nur insoweit unwirksam, als sie über die damalige zulässige Höchstdauer von zehn Jahren hinausgeht.

(amtlicher Leitsatz des BGH)

 

Normenkette

MHG a. F § 10 Abs. 2 S. 2, BGB §§ 139, 557a

 

Kommentar

In einem Mietvertrag vom 24.5.1996 haben die Parteien in einer individualvertraglichen Zusatzabrede geregelt, dass sich die Miete jedes Jahr – beginnend mit dem 1.7.1998 – um 50 DM erhöhen soll (Staffelmiete). Die Wirksamkeit einer Staffelmietvereinbarung, die vor dem Inkrafttreten der Mietrechtsreform am 1.9.2001 abgeschlossen wurde, richtet sich nach § 10 Abs. 2 MHG a. F. Nach dieser Vorschrift durfte die Vereinbarung nur "einen Zeitraum bis zu jeweils zehn Jahren umfassen". Die streitgegenständliche Vereinbarung enthält keine zeitliche Begrenzung. Der Vermieter hat sich gleichwohl in der Vergangenheit auf die Wirksamkeit dieser Regelung berufen; der Mieter hat die erhöhte Miete bezahlt. Zuletzt hat der Vermieter im Jahr 2005 eine auf die Staffelmietvereinbarung gestützte Mieterhöhung geltend gemacht. Der Mieter ist der Ansicht, dass die Vereinbarung wegen Verstoßes gegen § 10 Abs. 2 S. 2 MHG unwirksam ist. Er hat im Wege der Widerklage Rückzahlung der ab Januar 2003 gezahlten Erhöhungsbeträge verlangt.

Der BGH hat der Klage des Vermieters stattgegeben und die Widerklage abgewiesen:

1. Die zeitliche Begrenzung der Staffelmiete auf die Dauer von zehn Jahren ist mit Wirkung vom 1.9.2001 entfallen (§ 557a BGB). Deshalb stellt sich zunächst die Frage, ob eine vor dem 1.9.2001 ohne Laufzeitbegrenzung abgeschlossene Staffelmietvereinbarung durch die Neuregelung geheilt wird. Nach allgemeinen Grundsätzen wird ein Vertrag, der gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nach der Aufhebung des Verbots nur wirksam, wenn er von den Parteien bestätigt wird (§ 141 BGB). Dieser Grundsatz gilt auch für Staffelmietverträge, die vor dem 1.9.2001 ohne Laufzeitbegrenzung abgeschlossen wurden (LG Berlin, Urteil v. 6.2.2004, 63 S 179/03, GE 2004, 625; Haas, Das Neue Mietrecht, § 557a BGB Rdn. 5). Der BGH nimmt hierzu nicht Stellung; das Urteil beruht allerdings auf dieser Ansicht.

2. Dies führt zu der weiteren Frage, ob eine vor dem 1.9.2001 ohne Laufzeitbegrenzung abgeschlossene Staffelmietvereinbarung von Anfang an unwirksam ist oder ob sie für die nach § 10 Abs. 2 MHG a. F. zulässige Zeit von zehn Jahren – vorliegend also bis zum 24.5.2006 – wirksam ist. In Rechtsprechung und Literatur werden hierzu unterschiedliche Ansichten vertreten (für Gesamtunwirksamkeit: LG Berlin (ZK 62), Urteil v. 14.11.2002, 62 S 307/02, GE 2003, 325; LG Berlin (ZK 63), Urteil v. 6.2.2004, 63 S 179/03, GE 2004, 625; LG Gießen, Urteil v. 18.5.1994, 1 S 84/94, WuM 1994, 693; Sternel Rdn. III 435; für Teilunwirksamkeit: LG Berlin (ZK 67), Urteil v. 15.3.1991, 67 S 325/90, GE 1991, 781; Langenberg, PiG 53 (1997), 59, 69; Blank/Börstinghaus, Miete, 1. Aufl. 2000, § 10 MHG Rdn. 22).

Der BGH vertritt die Ansicht, dass ein Verstoß gegen die Laufzeitbegrenzung lediglich zu Teilunwirksamkeit führt. Der BGH stützt diese Ansicht auf § 139 BGB. Nach dieser Vorschrift führt die Teilnichtigkeit eines Rechtsgeschäfts grundsätzlich zur Gesamtnichtigkeit. Anders ist es jedoch, wenn anzunehmen ist, dass das Rechtsgeschäft auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde. Es kommt deshalb darauf an, ob die Parteien eine Staffelmietvereinbarung mit einer zeitlichen Begrenzung geschlossen hätten, wenn ihnen die Regelung des § 10 Abs. 2 S. 2 MHG a. F. bekannt gewesen wäre. Dies sei in Fällen der vorliegenden Art mangels gegenteiliger Anhaltspunkte regelmäßig anzunehmen.

Anmerkung

Die Entscheidung betrifft eine Staffelmietvereinbarung, die durch Individualvertrag getroffen wurde. Bei formularvertraglichen Regelungen ist ein Verstoß gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB) in Erwägung zu ziehen. Zwar gelten die §§ 305 ff. BGB grundsätzlich nur für Verträge, die nach dem 31.12.2001 abgeschlossen werden (Art. 229§ 5 EGBGB). Jedoch ist anerkannt, dass das Transparenzgebot aufgrund einer gefestigten Rechtsprechung auch in der Zeit davor zu beachten war (Palandt/Grüneberg, § 307 BGB Rdn. 16 m. w. N.). Aus dem Transparenzgebot ist abzuleiten, dass eine vom Gesetz vorgegebene zeitliche Begrenzung aus dem Wortlaut der Klausel ersichtlich sein muss. Der BGH hat diese Frage allerdings noch nicht entschieden.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 17.12.2008, VIII ZR 23/08BGH, Urteil v. 17.12.2008, VIII ZR 23/08, NJW-RR 2009, 306

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