Zum Scheitern verurteilt!

Um es vorwegzunehmen, die Entscheidung des OLG Koblenz ist sicherlich richtig und der klagende Rechtsanwalt hat dieses Ergebnis sicherlich verdient. Es gilt das Wort:

Wer sein Vergütungsrecht nicht kennt, ist seine Vergütung nicht wert!

An Fachliteratur zum anwaltlichen Gebührenrecht im Allgemeinen und zur Vergütungsvereinbarung im Besonderen herrscht in Deutschland wahrlich kein Mangel.

Gleichwohl scheinen manche Rechtsanwälte ihre eigenen pekuniären Interessen sträflich zu vernachlässigen, indem sie sich mit dem Gebührenrecht nicht beschäftigen und bei der Führung des eigenen Gebührenprozesses nicht die Sorgfalt an den Tag legen, die sie bei "Fremdmandaten" hoffentlich aufwenden.[1]

Obgleich sowohl das LG als auch das OLG ganz offensichtlich zu einer Lösung des Falles über § 628 Abs. 1 BGB gelangen wollten, war der klagende Anwalt entweder nicht willens oder nicht in der Lage, die von ihm nach der Vergütungsvereinbarung geschilderte Leistung in ein nachvollziehbares Verhältnis zu dem zu setzen, was bis zur Kündigung des Mandatsvertrages erbracht worden war.

Hier wäre substantiierter Vortrag gefordert gewesen und der Rechtsanwalt hätte im Einzelnen so genau wie möglich das Leistungspaket schildern und ebenso genau wie möglich beschreiben müssen, was von diesem Leistungspaket in welchem Zeitraum abgearbeitet wurde.

Völlig zurecht weist das OLG Koblenz darauf hin, dass es keineswegs Aufgabe eines Gerichts ist, die vom Rechtsanwalt offenbar erhoffte Schätzung nach § 287 ZPO vorzunehmen, wenn sämtliche tatsächliche Grundlagen, die eine solche Schätzung ermöglichen könnten, vorenthalten bleiben.

Stattdessen hat es der Anwalt bei Pauschalbeschreibungen, Worthülsen und Leerfloskeln belassen, an denen auch schon so manche Stundenabrechnungen gescheitert sind.[2]

Möglicherweise hätte der Kläger allerdings noch etwas retten können, wenn er die Besonderheit seiner Vergütungsvereinbarung nachvollziehbar geschildert und Rspr. und Lit. in das Verfahren eingebracht hätte.

So gilt die Betrachtung von LG und OLG zu § 628 BGB nicht völlig uneingeschränkt.

Ist die vereinbarte Vergütung an die gesetzliche Vergütung angelehnt, indem etwa ein Vielfaches der gesetzlichen Gebühren vereinbart worden ist oder die Abrechnung nach den gesetzlichen Gebühren, jedoch nach einem vereinbarten höheren Gegenstandswert oder ähnlichem erfolgen soll, dann gelten auch hier (anders als bei Pauschalvereinbarungen) die Vorschriften der § 628 Abs. 1 BGB i.V.m. § 15 Abs. 4 RVG.[3]

§ 15 Abs. 4 RVG bestimmt bekanntlich, dass es auf bereits entstandene Gebühren ohne Einfluss bleibt, wenn sich die Angelegenheit vorzeitig erledigt oder der Auftrag endet, bevor die Angelegenheit erledigt ist.

Wenn ein Rechtsanwalt aus einem vertraglich festgelegten (wahrscheinlich hohen) Gegenstandswert die Abrechnung einer Höchstgebühr (2,5) vereinbart hat, so könnte hieraus der Schluss gezogen werden, dass er diese – vereinbarte – Vergütung wegen § 15 Abs. 4 RVG auch dann in voller Höhe beanspruchen kann, wenn das Mandat vorzeitig geendet hat, und zwar zu einem Zeitpunkt, als noch nicht einmal ein Bruchteil der angedachten Tätigkeiten erbracht worden waren.

Auch bei diesem Beispiel wird der Anwalt allerdings nicht umhin können, substantiierten Vortrag zu liefern, was das Verhältnis zwischen versprochener Leistung und tatsächlich erbrachter Leistung angeht.

Der Einstieg findet sich hier über das Kriterium Umfang und Schwierigkeitsgrad der anwaltlichen Tätigkeit (§ 14 RVG i.V.m. Anm. zu Nr. 2300 VV).

Soweit sich der Rechtsanwalt nämlich bei Abfassung seiner Vergütungsvereinbarung an die gesetzlichen Gebühren anlehnen will, möglicherweise um den Folgen von § 628 BGB im Falle der vorzeitigen Kündigung zu entgehen, so spielt bei diesen nun einmal bei der Geschäftsgebühr zu berücksichtigenden Bewertungskriterien zumindest mittelbar die tatsächlich erbrachte Tätigkeit eine Rolle und zwar unter dem Gesichtspunkt Umfang und Schwierigkeit. Und dann würde es auch wenig helfen, wenn der Rechtsanwalt ausdrücklich oder auch nur konkludent in seine Vergütungsvereinbarung die Regelung aufgenommen hätte, dass die vorzeitige Beendigung des Mandates keinen Einfluss auf die vereinbarte Vergütung habe. Eine solche Regelung ist zwar grundsätzlich nicht zu beanstanden,[4] führt aber dazu, dass das Honorar in Anbetracht der vom Anwalt tatsächlich erbrachten Teilleistung dann unangemessen hoch erscheint und einer Herabsetzung bedarf.[5]

Die Rettung über § 15 Abs. 4 RVG wäre also auch hier nur gekommen, wenn es dem Rechtsanwalt gelungen wäre, substantiiert (s.o.) vorzutragen.

Möglicherweise hätte sich aber auch noch ein ganz anderes Problem gestellt, das sich daraus ergibt, dass die im Urteil geschilderte Tätigkeit wohl reine Beratungstätigkeit war. Die Erstellung einseitiger Erklärungen, wie Vollmachten, Patientenverfügungen und auch die Erstellung eines Testaments löst eben keine Geschäftsgebühr aus, was in der Vergütungsvereinbarung ganz offenbar unterstellt wurde.

Nach neuerer Rspr. m...

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