1. Die gem. den §§ 464b S. 3 StPO, 104 Abs. 3 S. 1 ZPO, 11 Abs. 1 RPflG gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss statthafte sofortige Beschwerde, über welche die Kammer in der für das Strafverfahren vorgesehenen Besetzung zu entscheiden hat (vgl. Meyer-Goßner, Strafprozessordnung, 56. Aufl., § 464b, Rn 7; BGH NJW 2003, 763), ist zulässig. Das Rechtsmittel wurde innerhalb der hier maßgeblichen Wochenfrist des § 311 Abs. 2 StPO eingelegt. Zudem ist die sich aus § 304 Abs. 3 StPO ergebende Beschwerdewertgrenze von 200,00 EUR überschritten.

Die Kammer geht zugunsten des Angeklagten davon aus, dass die sofortige Beschwerde der Verteidigerin – was nicht ausdrücklich geschehen ist – im Namen ihres Mandanten eingelegt wurde. Das Rechtsmittel steht allein dem von dem Kostenfestsetzungsbeschluss beschwerten Angeklagten zu. Die Verteidigerin kann hiergegen nicht ausschließlich in eigenem Namen das Rechtsmittel einlegen (vgl. Thüringer OLG, Beschl. v. 28.2.2014 – 1 Ws 403/13; LG Saarbrücken, Beschl. v. 7.11.2012 – 2 Qs 40/12).

2. In der Sache bleibt der sofortigen Beschwerde allerdings der Erfolg versagt. Der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss ist rechtlich nicht zu beanstanden.

a) Zu Recht hat die Rechtspflegerin eine Erstattung der für die "1. Instanz" geltend gemachten anwaltlichen Gebühren und Auslagen abgelehnt. Es fehlt insoweit an einer die Erstattungspflicht der Landeskasse begründenden Auslagenüberbürdung. Eine solche ist mit der Kostenentscheidung in dem Beschluss des AG nicht erfolgt.

Gem. § 464 Abs. 2 StPO ist die Entscheidung darüber, wer die notwendigen Auslagen trägt, in dem das Verfahren abschließenden Urteil oder Beschluss zu treffen.

Eine Auslagenentscheidung nach dieser formellen Kostennorm ist allerdings nicht immer auszusprechen, sondern nur dann, wenn eine Erstattung notwendiger Auslagen rechtlich in Frage steht, weil eine Überbürdung zwingend vorgeschrieben ist oder von einer Ermessensentscheidung des Gerichts abhängt oder weil eine im Regelfall vorgesehene Überbürdung im Einzelfall versagt werden muss oder kann (vgl. Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., Bd. 9, § 464 Rn 19). Um die gebotene oder zulässige Abwälzung der einem Beteiligten entstandenen Auslagen vorzunehmen, bedarf es eines ausdrücklichen Ausspruchs, wer die Auslagen zu tragen hat, denn es ist gerade der Sinn des § 464 Abs. 2 StPO, dass die Entscheidung über die Auslagen für den Angeklagten und sonstige Beteiligte, aber auch für den Kostenbeamten, in sich klar und verständlich ist(Löwe/Rosenberg, a.a.O., § 464 Rn 24). Fehlt es an einer ausdrücklichen Auslagenentscheidung, verbleiben die notwendigen Auslagen bei demjenigen, dem sie entstanden sind (Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 464 Rn 12).

So liegt der Fall hier. Die Entscheidung des AG, davon abzusehen, dem Angeklagten seine notwendigen Auslagen aufzuerlegen, beinhaltet nicht zugleich die Entscheidung, dass dessen notwendige Auslagen der Landeskasse überbürdet werden. Denn sie schweigt dazu, wer hinsichtlich dieser Auslagen erstattungspflichtig sein soll, und stellt damit gerade keine explizite Auslagengrundentscheidung i.S.d. § 464 Abs. 2 StPO dar.

An diesem Ergebnis ändert der Umstand, dass das AG in demselben Beschluss die Kosten des Verfahrens der Staatskasse auferlegt hat, nichts. Die Auferlegung der Verfahrenskosten auf die Staatskasse kann nicht dahin ausgelegt werden, dass sie auch die notwendigen Auslagen des Angeklagten umfasst (Meyer-Goßner, a.a.O.). Kosten des Verfahrens sind gem. § 464a Abs. 1 S. 1 StPO (nur) die Gebühren und Auslagen der Staatskasse. Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts, die von der Verteidigerin geltend gemacht werden, gehören, wie sich aus § 464a Abs. 2 Nr. 2 StPO ergibt, hingegen nicht zu den Verfahrenskosten, sondern zu den notwendigen Auslagen des Angeklagten.

Die Kostenentscheidung des AG lässt sich auch nicht unter Rückgriff auf den mutmaßlichen Willen der erkennenden Jugendrichterin in eine Auslagenüberbürdung auf die Landeskasse umdeuten.

Zwar erscheint es denkbar, dass die Jugendrichterin, die sich bei ihrer "Auslagenentscheidung" weitestgehend vom Wortlaut des § 74 JGG hat leiten lassen, den Angeklagten nicht nur von seinen notwendigen Auslagen freistellen, sondern diese – in Ermangelung eines anderen erstattungspflichtigen Beteiligten – der Landeskasse auferlegen wollte. Allerdings hat sie ihrer Kostenentscheidung zunächst die Vorschrift des § 467 Abs. 4 StPO zugrunde gelegt, wonach gerade davon abgesehen werden kann, die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse aufzuerlegen. Schon vor dem Hintergrund dieses Widerspruchs zwischen Formulierung und angegebener materieller Kostennorm wäre eine Umdeutung in eine Auslagenüberbürdungsentscheidung problematisch. Dies gilt umso mehr, als der von der Jugendrichterin als zweite angewendete Norm benannte § 74 JGG dem Jugendgericht nach der in der höchstrichterlichen Rspr. herrschenden und auch von der Kammer geteilten Meinung nicht die Möglichkeit einräumt, der Landeskasse die notwendigen Ausla...

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