I. Überblick

Solange einer Partei Prozesskostenhilfe (PKH)[1] bewilligt ist, kann ein Zweitschuldner für die auf diese Partei entfallenden Gerichtskosten nicht in Anspruch genommen werden (§ 31 Abs. 3 S. 1 GKG). Das gilt aufgrund vorstehender Regelung jedoch nur, wenn die PKH-Partei aufgrund einer Entscheidung für die Gerichtskosten haftet. Für die Anwendung von § 31 Abs. 3 S. 1 GKG ist es dabei unerheblich, ob PKH mit oder ohne Zahlungsbestimmungen bewilligt wurde.[2] In den Fällen einer Übernahmehaftung gilt das Verbot der Inanspruchnahme des Zweitschuldners nur in den Fällen des § 31 Abs. 4 GKG, ansonsten kann eine Inanspruchnahme des Zweitschuldners erfolgen.

[1] Die Ausführungen gelten für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe wegen § 26 Abs. 3, 4 FamGKG und § 33 Abs. 2, 3 GNotKG entsprechend; jedoch soll nachfolgend nur auf die PKH eingegangen werden.
[2] OLG Dresden MDR 2001, 1073; OLG Stuttgart, Beschl. v. 7.2.2011 – 8 WF 7/11, juris.

II. Rückzahlung eingezahlter Gerichtskosten

Wird die PKH-Partei in die Kosten verurteilt, hat das Verbot der Inanspruchnahme eines Zweitschuldners zur Folge, dass von diesem bereits gezahlte Gerichtskosten durch die Staatskasse an ihn zurückzuzahlen sind. Eine Festsetzung im Kostenfestsetzungsverfahren gegen die PKH-Partei ist unstatthaft.

 

Beispiel

Es wird Zivilsache wegen Zahlung von 5.000,00 EUR erhoben. Der Kläger leistet eine Vorauszahlung (§ 12 Abs. 1 GKG, Nr. 1210 GKG-KostVerz.) von 438,00 EUR. Dem Beklagten wird ratenfreie PKH bewilligt. Das Verfahren wird durch streitiges Urteil beendet. Die Kosten werden dem Beklagten auferlegt.

Die 438,00 EUR sind an den Kläger zurückzuzahlen, da dieser wegen § 31 Abs. 3 S. 1 GKG nicht als Zweitschuldner für den Beklagten in Anspruch genommen werden kann, da diesem PKH bewilligt ist und er als Entscheidungsschuldner haftet.

Im Falle einer quotenmäßigen Verurteilung in die Kosten sind die Kosten gem. § 31 Abs. 3 S. 1 GKG nur insoweit zurückzuzahlen, wie die PKH-Partei in die Kosten verurteilt wurde.

 

Beispiel

Es wird eine Klage vor dem Zivilgericht auf Zahlung von 3.000,00 EUR erhoben. Der Kläger leistet eine Vorauszahlung (§ 12 Abs. 1 GKG, Nr. 1210 GKG-KostVerz.) von 324,00 EUR. Dem Beklagten wird ratenfreie PKH bewilligt. Das Verfahren wird durch streitiges Urteil beendet. Die Kosten werden beiden Parteien hälftig auferlegt.

Kläger und Beklagter haften jeweils für 162,00 EUR (324,00 EUR : 2) als Entscheidungsschuldner. Eine Verrechnung der geleisteten Vorauszahlung auf die Kosten des Beklagten ist wegen § 31 Abs. 3 S. 1 GKG nicht zulässig. Von der Staatskasse sind an den Kläger folglich 162,00 EUR (324,00 EUR – 162,00 EUR) zurückzuzahlen.

III. Aufhebung der PKH-Bewilligung und Inanspruchnahme des Zweitschuldners

Wird die PKH-Bewilligung aufgehoben, sind die Gerichtskosten und gegebenenfalls die nach § 59 RVG übergegangenen Ansprüche von der ehemaligen PKH-Partei einzuziehen, denn mit der Aufhebung der PKH-Bewilligung entfallen die Vergünstigungen des § 122 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, Nr. 3 ZPO. Der Kostenbeamte hat deshalb die Kosten (Gerichtskosten und übergegangene Ansprüche nach § 59 RVG) zunächst gegen die ehemalige PKH-Partei zum Soll zu stellen. Der Gegner der PKH-Partei, der seine gezahlten Vorschüsse wegen § 31 Abs. 1 S. 1 GKG von der Staatskasse bereits zurückerhalten hat, ist zunächst nicht in Anspruch zu nehmen. Er ist nur Zweitschuldner, dessen Inanspruchnahme sich nach § 31 Abs. 2 S. 1 GKG richtet. Erscheint die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen des Erstschuldners jedoch aussichtslos, kann der Zweitschuldner gleich in Anspruch genommen werden.

Bezahlt die ehemalige PKH-Partei die Sollstellung nicht, wird die Gerichtskasse eine Zweitschuldneranfrage an das Gericht übersenden. Der Kostenbeamte prüft dann, ob ein Zweitschuldner vorhanden ist. Da der Kläger gem. § 22 Abs. 1 GKG weiterhin als Antragsteller haftet, kann er als Zweitschuldner in Anspruch genommen werden (§ 31 Abs. 2 GKG). Die Schutzwirkung des § 31 Abs. 3 S. 1 GKG gilt nicht mehr.[3]

Im Fall einer Zweitschuldneranfrage sind deshalb die Kosten, die nicht von dem Erstschuldner (der ehemaligen PKH-Partei) eingezogen werden können, gegen den Kläger zum Soll zu stellen (§ 22 Abs. 1, § 31 Abs. 2 GKG, § 29 KostVfg). Der Kläger hat sodann nur die Möglichkeit, die bezahlten Gerichtskosten im Wege der Kostenfestsetzung (§§ 103 ff. ZPO) gegen die ehemalige PKH-Partei festsetzen zu lassen.

 

Beispiel

Es wird eine Klage vor dem Zivilgericht auf Zahlung von 6.000,00 EUR erhoben. Der Kläger leistet eine Vorauszahlung (§ 12 Abs. 1 GKG, Nr. 1210 GKG-KostVerz.) von 495,00 EUR. Dem Beklagten wird ratenfreie PKH bewilligt. Das Verfahren wird durch streitiges Urteil beendet und die Kosten werden dem Beklagten auferlegt. Der PKH-Anwalt erhält aus der Landeskasse 818,13 EUR. Später wird die PKH-Bewilligung für den Beklagten aufgehoben.

Die 438,00 EUR sind zunächst an den Kläger zurückzuzahlen, da dieser wegen § 31 Abs. 3 S. 1 GKG nicht als Zweitschuldner für den Beklagten in Anspruch genommen werden kann.

Aufgrund der Aufhebung der PKH sind die folgenden Kosten zunächst gegen den Beklagten zum Soll zu stelle...

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