Leitsatz

Die Aktenversendungspauschale nach der Nr. 9003 GKG-KostVerz. fällt auch dann an, wenn zwar die Akten in das Gerichtsfach Anwalts eingelegt werden, die Versendung zu diesem Gericht jedoch durch einen externen Postdienstleister erfolgt.

OLG Bamberg, Beschl. v. 5.3.2015 – 1 Ws 87/15 

1 Sachverhalt

Der Anwalt hatte in einem Ermittlungsverfahren Akteneinsicht durch Facheinlage bei dem für seinen Kanzleisitz örtlich zuständigen AG G beantragt. Die Akten wurden mit Verfügung der Staatsanwaltschaft an den Anwalt durch einen externen Postdienstleister versandt und beim AG G in das Gerichtsfach des Rechtsanwalts eingelegt. Zugleich wurde der Rechtsanwalt zur Zahlung der Versendungspauschale in Höhe von 12,00 EUR (Nr. 9003 GKG-KostVerz) an die Landesjustizkasse aufgefordert. Hiergegen hat der Rechtsanwalt Erinnerung eingelegt. Das AG hat die Erinnerung als unbegründet zurückgewiesen und die Beschwerde zugelassen. Auf die Beschwerde des Rechtsanwalts, der das AG nicht abgeholfen hat, hat das LG den Beschluss des AG aufgehoben und der Erinnerung des Rechtsanwalts gegen den Kostenansatz abgeholfen und die weitere Beschwerde zugelassen. Der Beschluss des LG wurde allein der Staatsanwaltschaft mitgeteilt. Mit Verfügung vom gleichen Tag hat die Staatsanwaltschaft gegen die Beschwerdeentscheidung des LG weitere Beschwerde eingelegt und beantragt, den Beschluss des LG aufzuheben und die Erinnerung des Rechtsanwalts als unbegründet zurückzuverweisen. Die Akten wurden durch den Senat dem Bezirksrevisor bei dem LG vorgelegt, der namens der Staatskasse beantragt hat, der weiteren Beschwerde der Staatsanwaltschaft stattzugeben, den Beschluss des LG aufzuheben und die Erinnerung des Rechtsanwalts B gegen den Kostenansatz als unbegründet zurückzuweisen.

2 Aus den Gründen

Die weitere Beschwerde der Staatskasse ist gem. § 66 Abs. 4 S. 1 GKG zulässig, weil das LG sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen hat.

1. Zwar wird nach den §§ 1 Nr. 1d i.V.m. 4 Abs. 1 Nr. 7b der Verordnung über die gerichtliche Vertretung des Freistaates Bayern in der Fassung der Bekanntmachung v. 4.10.1995 (BayVertrV; BayGVBl. 1995, 733) der Freistaat Bayern vor den ordentlichen Gerichten auch in Verfahren, welche die der Staatskasse gebührenden oder zur Last fallenden Kosten sowie kostenrechtlichen Vergütungen und Entschädigungen aller Art vor den Amts- und Landgerichten und bei der Anfechtung ihrer Entscheidungen auch vor den höheren Gerichten durch den Bezirksrevisor bei dem LG vertreten, weshalb die Mitteilung der Entscheidung des LG an die Staatsanwaltschaft unwirksam war.

2. Der Bezirksrevisor bei dem LG hat jedoch die Rechtsmitteleinlegung durch die Staatsanwaltschaft genehmigt und damit – konkludent – auf jegliche Rügen verzichtet. Durch diese Stellungnahme des zur Vertretung berufenen Bezirksrevisors ist die Einlegung der weiteren Beschwerde durch die Staatsanwaltschaft nachträglich geheilt und als solche ex tunc wirksam. Sie gilt damit als weitere Beschwerde der Staatskasse.

Die weitere Beschwerde der Staatskasse hat in der Sache auch Erfolg.

Im Rahmen des dem Senat gem. §§ 66 Abs. 4 S. 2 GKG, 546, 547 ZPO obliegenden Prüfungsumfangs hält die angefochtene Entscheidung dieser Überprüfung nicht stand, weil sie nicht im Einklang mit der Neufassung der Nr. 9003 GKG-KostVerz. durch das am 1.8.2013 in Kraft getretene 2. KostRModG v. 23.7.2013 (BGBl I, S. 2586) steht.

a) Nach diesem Auslagentatbestand wird eine "Pauschale für die bei der Versendung von Akten auf Antrag anfallenden Auslagen an Transport- und Verpackungskosten je Sendung" in Höhe von 12,00 EUR erhoben. Insoweit hat das LG im angefochtenen Beschluss ausgeführt, dass nach der Neufassung von Nr. 9003 GKG-KostVerz. davon auszugehen sei, dass die Aktenversendungspauschale bei Gewährung von Akteneinsicht über ein Gerichtsfach eines Rechtsanwalts nicht mehr erhoben werden könne, wobei es unerheblich sei, ob sich das Gerichtsfach in einem anderen Gebäude bzw. an einem anderen Ort als die aktenführende Stelle befinde. Es stützt sich insoweit auf die Rechtsauffassung des OLG Köln (Beschl. v. 16.10.2014 – 2 Ws 601/14 = StraFo 2015, 40 = AGS 2014, 513) und des OLG Koblenz (Beschl. v. 20.3.2014 – 2 Ws 134/14 = JurBüro 2014, 379 = AnwBl 2014, 657).

aa) Die von den genannten Oberlandesgerichten (a.a.O.) getroffenen Entscheidungen sind jedoch mit der vorliegenden Fallgestaltung nicht vergleichbar: Im Fall des OLG Koblenz (a.a.O.) wurden die Akten zur Einsicht an den Verteidiger durch Justizbedienstete vom Bürogebäude der Staatsanwaltschaft mit dem Dienstwagen zum Landgerichtsgebäude verbracht und dort in das Gerichtsfach des Verteidigers eingelegt. Wie genau die Akten im Fall des vom OLG Köln entschiedenen Verfahrens zur Akteneinsicht an den Verteidiger transportiert wurden, erschließt sich aus der Entscheidung nicht eindeutig. Es wird jedoch dort ausgeführt, dass die Akte nicht mittels Einzeltransport, sondern im Rahmen von Sammeltransporten zwischen verschiedenen Justizgebäuden befördert wurden und in...

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